Apple verschärft den Ideenklau-Streit mit Samsung massiv und fordert 2,5 Milliarden Dollar Schadenersatz. Der Konflikt steuert mit einem Prozess in Kalifornien auf seinen bisherigen Höhepunkt zu. Millionen Verbraucher könnten die Folgen spüren.

Düsseldorf/Berlin. Apple schätzt den finanziellen Schaden durch den Patentkampf mit Samsung Electronics um die Rechte an Technologien in Smartphones und Tablets auf eine Milliardensumme. Wie aus einem am Dienstag veröffentlichten Gerichtsdokument hervorgeht, veranschlagt der iPhone- und iPad-Anbieter einschließlich der Schäden durch fehlende Lizenzzahlungen für Schutzrechte „zusammen 2,525 Milliarden Dollar“.

+++ Apple und die Schuldenkrise +++

+++ Urteil bringt Teilerfolge für beide Konfliktpartner +++

Apple kündigte an, eine dauerhafte Verfügung erwirken zu wollen, um spätere Verstöße gegen das Patentrecht zu verhindern. Die Amerikaner werfen dem südkoreanischen Samsung-Konzern vor, sich dafür entschieden zu haben, mit Apple zu konkurrieren, indem man den Wettbewerber einfach kopiere. Dadurch sei es Samsung gelungen, Apple als weltgrößten Smartphone-Hersteller zu überholen und Milliarden an Gewinnen einzufahren, während Apple deswegen 500 Millionen Dollar Überschuss verloren gegangen sei.

Die Südkoreaner reagierten umgehend auf die Mitteilung und warfen ihrerseits Apple vor, den Wettbewerb zu behindern und die Wahlmöglichkeiten des Konsumenten zu beschneiden. Ohne Samsung wäre es Apple niemals möglich gewesen, so erfolgreich in der Mobilfunkwelt zu werden. Samsung ist nicht nur einer größten Konkurrenten von Apple sondern auch Zulieferer.

In San Jose streiten die beiden Konzerne nicht nur um eine Milliardenforderung, die sich schnell in Luft auflösen kann. Letztlich geht es in dem Verfahren um die Vormachtstellung in der Branche. Apple und Samsung sind in den vergangenen Jahren zu Königen des Smartphone-Geschäfts geworden. Keiner verkaufte zuletzt so viele Computer-Handys wie die Südkoreaner. Und niemand kann mit den Milliardengewinnen von Apple mithalten – die teuren iPhones sind lukrativer als die Produktpalette von Samsung, die neben Spitzenmodellen wie dem Galaxy S3 auch Günstig-Smartphones umfasst.

Der erbittert geführte Patentstreit betrifft nicht nur die Vorstandsetagen der beiden Konzerne, sondern viele Millionen Nutzer der umstrittenen Produkte. In Deutschland bekamen Kunden bereits die Ausläufer des Konflikts durch Verkaufsverbote und fehlende Funktionen zu spüren. Sollten die gewaltigen Lizenz- und Schadenersatzforderungen erfüllt werden, würde dies zu höheren Preisen für Smartphones und Tablet-Computer beitragen. Und neben Samsung hat Apple auch andere Hersteller von Smartphones mit dem erfolgreichen Google-Betriebssystem Android im Visier.

In ihren „Trial Briefs“, einer Zusammenfassung der Positionen zum Prozess in Kalifornien, zeigten sich Apple und Samsung unnachgiebig. Der Kern von Apples Vorwürfen lautet, Samsung habe sich bewusst entschieden, das iPhone und das iPad-Tablet zu kopieren. Als Beleg präsentieren die Anwälte Bilder der Samsung-Produktpalette vor und nach der Vorstellung des iPhone 2007.

Daraus ergibt sich auch die monumentale Milliarden-Forderung. 500 Millionen davon hat Apple als entgangene Gewinne durch unlautere Konkurrenz veranschlagt. Samsung kontert, Apple habe bei iPhone und iPad massenhaft auf fremde Ideen zurückgegriffen. Zudem hätten sich die Kalifornier ohne zu bezahlen bei von Samsung erfundenen Technologien bedient, etwa beim Funkstandard UMTS.

Das Säbelrasseln auf beiden Seiten ist laut, Tatsache bleibt allerdings auch, dass sie sich in mehr als 50 weltweiten Klagen bisher nur vereinzelte – auch wenn zum Teil schmerzhafte - Nadelstiche zufügen konnten. Und vor allem die amerikanischen Gerichtsmühlen können nicht mit der Dynamik der schnelllebigen IT-Branche mithalten.

So stoppte die Richterin Lucy Koh, die den Vorsitz beim am Montag beginnen Prozess hat, vor wenigen Wochen den Verkauf des Samsung-Tablets Galaxy Tab 10.1 in den USA. In Deutschland hatte das Landgericht Düsseldorf das Gerät schon im Sommer vergangenen Jahres aus den Regalen verbannt, am Dienstag winkte bereits das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz das von Samsung angepasste Modell 10.1N als unbedenklich durch.

Der kleinere Bruder Galaxy Tab 7.7 – über ein Jahr alt und damit eigentlich schon veraltet – wurde hingegen europaweit gestoppt. Und der Tempo-Unterschied zwischen Deutschland und den USA erklärt wieder einmal, warum so viele Klagen zunächst in Düsseldorf, München und Mannheim ausgefochten werden.

„Auch der anstehende US-Prozess wird nicht dazu führen, dass Samsung aus dem Markt gedrängt oder in seinen Marktchancen erheblich beeinträchtigt wird“, prognostiziert der deutsche Patentexperte Florian Müller. Er hatte als erster die Milliardenforderung in den Gerichtsunterlagen entdeckt.

Apple könne aber einen Durchbruch in seinen Bemühungen erzielen, Samsung absichtliches Kopieren nachzuweisen. „Eine Stigmatisierung von Samsung als grobem Rechtsverletzer hätte auch Folgen für sämtliche weiteren Ansprüche, die Apple anmeldet.“ Schließlich läuft in Kalifornien noch ein zweiter Rechtsstreit, in dem Apple Patente einklagt, die Müller für noch stärker hält. (rtr/dpa)