Statt des erhofften iPhone 5 gibt es von Apple vorerst nur das iPhone 4S. Samsung nutzt das neue iPhone für eine Attacke im weltweiten Patentkrieg.

Cupertino/Seoul. Apple hat mit seinem neuen iPhone die hochgesteckten Erwartungen vieler Fans und Anleger enttäuscht. Statt eines radikal neuen iPhone 5 wurde am Dienstag das iPhone 4S vorgestellt, eine Weiterentwicklung des aktuellen Modells. Das neue Telefon hat einen schnelleren Prozessor, eine verbesserte Kamera mit einer Auflösung von 8 Megapixel und eine runderneuerte Antennen-Technik. Es kommt am 14. Oktober auf den Markt.

Samsung nutzte die Vorstellung des neuen Geräts sogleich für eine Attacke im weltweiten Patentkrieg der beiden Unternehmen. Die Südkoreaner wollen den Verkauf des iPhone 4S in Frankreich und Italien blockieren. Man werde bei Gerichten in Paris und Mailand eine Einstweilige Verfügung beantragen, teilte der Elektronikhersteller am Mittwoch in Seoul mit. In dem Konflikt hatte Apple zuletzt ein Verkaufsverbot des Samsung-Tablets Galaxy Tab 10.1 in Deutschland erwirkt. Demnächst steht zudem in Kalifornien ein großer Prozess mit gegenseitigen Ideenklau-Vorwürfen an.

Nachdem sich Apple mehr als ein Jahr Zeit für eine neue iPhone-Generation gelassen hatte, hatten viele von der ersten Produkt-Präsentation des neuen Apple-Chefs Tim Cook den ganz großen Wurf erwartet, zum Beispiel ein noch dünneres Telefon mit größerem Bildschirm und einem NFC-Chip für mobile Bezahldienste.

Im Fokus stand am Dienstag stattdessen vor allem die Software. Eine neue Schlüsselfunktion des neuen Smartphones ist der intelligente „persönliche Assistent“ Siri, der mit Stimmbefehlen gesteuert wird.

Apple-Manager Phil Schiller demonstrierte die Funktion auf der Bühne des Apple-Hauptquartiers in Cupertino. Auf die Frage nach der aktuellen Wettervorhersage zeigte das Telefon das Wetter für San Francisco an. Und auf die Frage nach der Uhrzeit in Paris eine Uhr mit der richtigen Zeit. Sagt man dem Telefon „Wecke mich um 6.00 Uhr morgens“, stellt es automatisch einen Wecker. Ebenso sucht der Assistent etwa nach Restaurants oder Routen zum vorgegebenen Ziel. Siri versteht zunächst Englisch, Deutsch und Französisch. Apple nutzt dabei eine Entwicklung der übernommenen Startup-Firma Siri zur Sprachsteuerung.

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Zum Start des nächsten iPhone bringt das neue Betriebssystem iOS 5 zahlreiche zusätzliche Funktionen und Verbesserungen. Es kommt am 12. Oktober heraus, ebenso wie der Online-Speicherdienst iCloud, mit dem Apple den Datenfluss zwischen verschiedenen Geräten radikal vereinfachen will. Der Musik-Dienst iTunes Match, der die Musik-Kollektion eines Nutzers aus dem Netz abrufbar macht, startet in den USA Ende Oktober.

Apple verstärkt sich auch bei ortsbezogenen Diensten: Mit der App Find My Friends kann man den aktuellen Aufenthaltsort seiner Freunde sehen, die sich dazu bereiterklärt haben. Der Dienst habe einfache und präzise Einstellungen zur Privatsphäre, betont Apple.

Von einem iPhone 5 war keine Rede. Zuvor war spekuliert worden, dass Apple erstmals zwei neue iPhone-Modelle starten könnte – ein günstigeres einfaches und ein hochgerüstetes. Die Anleger zeigten sich enttäuscht. Die Aktie, die kurz vor Beginn der Präsentation noch bei 380 Dollar stand, fiel zum Ende der Veranstaltung bis auf rund 355 Dollar. Danach langten Optimisten jedoch wieder zu, so dass es am Ende im Vergleich zum Schlusskurs von Montag nur ein Minus von 0,56 Prozent auf 372,50 Dollar gab.

Der Auftritt war die erste große Feuerprobe für den neuen Apple-Chef Tim Cook, seit er im August die Zügel von Gründer Steve Jobs übernommen hat. Die Vorstellung einzelner Neuerungen überließ er anderen Managern. Die Hoffnung, dass Jobs zumindest kurz bei der Präsentation auftauchen könnte, erfüllte sich nicht.

Mit iCloud will Apple das lästige Synchronisieren von Daten überflüssig machen. So können Fotos, die man mit dem iPhone gemacht hat, automatisch in dem Speicher der Software iPhoto auftauchen, gekaufte Apps oder Magazine können leicht aus dem Netz nachgeladen werden.

Das iPhone ist Apples Geldmaschine und das meistverkaufte Smartphone eines einzelnen Herstellers. Experten sehen Apple auf Kurs, in diesem Jahr mehr als 80 Millionen iPhones zu verkaufen – und mehr als 100 Millionen 2012. Von den bisher verkauften iPhones ist jedes zweite ein iPhone 4.

Apple hatte mit dem ersten iPhone vor vier Jahren die aktuelle Smartphone-Revolution in Schwung gebracht – zur führenden Plattform stieg allerdings inzwischen das Google-Betriebssystem Android auf, das von verschienen Herstellern verwendet wird. Zusammen machen iOS und Android Rivalen wie Nokia oder den Blackberrys von Research in Motion das Leben schwer.