„German Traces“ gibt es in New York viele, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Eine Technik macht diese auf dem Smartphone wieder lebendig.

New York. Die Brooklyn Bridge hat der Architekt Johann August Röbling entworfen. Der New Yorker Klavierbauer Henry Steinway stammte aus dem niedersächsischen Seesen. Und das Manhattan-Viertel Astor Place ist nach dem Pfälzer Johann Jakob Astor benannt, der es als John Jacob Astor zum reichsten Mann der USA brachte. Solche deutschen Spuren kann man nun auch auf dem Smartphone verfolgen.

Viele solcher Geschichten, die sich in New York abspielten und auf deutsche Einwanderer zurückzuführen sind, steckten lange Zeit in Büchern und privaten Aufzeichnungen und gelangten kaum an die Öffentlichkeit. Brigitte Doellgast, Bibliothekarin des Goethe-Institutes in New York, hat nun all diese Erinnerungen zusammengetragen und für das 21. Jahrhundert aufbereitet. Sie entwickelte zusammen mit dem Pratt Institute die Website „German Traces“.

„Die Vergangenheit wird zum Leben erweckt, die Welt kann mit anderen Augen gesehen werden“, sagt Doellgast. Denn dank Augmented Reality werden beim Stadtrundgang auf dem Handy-Bildschirm genau an der Stelle Bilder eingeblendet, wo einst ein Zeugnis deutscher Vergangenheit stand: Der Interessierte schaut gewissermaßen durch sein Telefon hindurch, auf dem Display werden die Bauten von damals dazu projiziert. Da gibt es etwa das Gebäude der „Germania Bank„“ an der Bowery – heute baufällig und voller Graffitti. Der Blick über das Handy in die Vergangenheit zeigt: dieses Gebäude beherbergte einst eine angesehene deutsche Bankfiliale.

+++Unfertig, aber bereits höchstes Gebäude in New York+++

+++Lieder zwischen New York und Hamburg+++

„German Traces“ bietet 36 solcher Orte. Viel zu entdecken gibt es vor allem im East Village und an der Lower East Side in Manhattan. Ende des 19. Jahrhunderts hieß diese Gegend „Kleindeutschland“. Zu dieser Zeit hatte jeder dritte Bewohner New Yorks, rund 400 000 Menschen, einen deutschen Ursprung. Anfang des 20. Jahrhunderts begann sich diese Volksgruppe dann, auf andere Stadtgebiete zu verteilen. Sie gründeten deutsche Enklaven in Yorkville an der Upper East Side, in Ridgewood in Queens und in Bushwick in Brooklyn. Informationen darüber sind ebenfalls mit einem Tastendruck schnell gefunden. Text, Video und Fotos machen die Vergangenheit ganz neu erlebbar.

Darüber hinaus gibt es zu jeder Station ein kleines Quiz. „Mit welcher Idee lockten im Jahr 1872 die Bloomingdale-Brüder ihre Kunden an?“ Die Antwort lautet: Mit großen Schaufenstern, in denen die Ware präsentiert wurde. Der Vater der beiden stammte aus Deutschland.

„Auf einfache Weise den Menschen die Beziehung zwischen New York und Deutschland zu veranschaulichen und ihnen damit neues Wissen mit auf den Weg zu geben, das ist unser Ziel“, sagt Doellgast. Ansprechen will sie mit der Website nicht vorrangig deutsche Touristen. Es sind hauptsächlich New Yorker, unter ihnen Historiker, Geschichtslehrer und interessierte Privatpersonen, die „German Traces“ bereits verwenden. „Das Interesse der Menschen ist groß und die Technik ist endlich soweit, dass diese Art der Zeitreise in die Vergangenheit möglich geworden ist“, sagt die Bibliothekarin und bestand daher auch darauf, dass das Webangebot sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache konzipiert wurde.

Das Goethe-Institut entwickelte darüber hinaus die Plattform geostoryteller.org. Dort kann nun jeder überall Orte eintragen, die eine deutsche Vergangenheit aufweisen. Die „German Traces“-Entwickler des Goethe-Institues übernehmen diese Hinweise gern. Denn die Kollegen in Washington, Chicago und San Francisco haben bereits Interesse bekundet, eine Smartphone-Stadtführung auch bei ihnen anbieten zu können.