Hamburg. Genussexperte Rindchen speist heute bei Henrik Anklam in Rotherbaum. Anklams Küche setzt auf Edelprodukte und hochwertige Zutaten.

Zu den bei Hanseaten geschätzten gediegenen Stätten der Einkehr zählt das gleichermaßen schön wie zentral gelegene, majestätisch auf die Moorweide blickende Restaurant Henriks. Namensgeber und Chefkoch des Hauses ist Class-Henrik Anklam, der sich seine ersten Meriten als Küchenchef im Landhaus Scherrer erkochte, bevor er mit zwei Partnern das Tarantella in der Spielbank Hamburg eröffnete.

2013 verwirklichte Henrik Anklam dann quasi schräg gegenüber seine Vision von der Soloselbstständigkeit und eröffnete seinen eigenen Gourmettempel. Das Interieur ist hochwertig und edel gestaltet, schon im Eingangsbereich sind Champagnerflaschen der einschlägigen Nobelmarken dekorativ in Kühlern drapiert. Und vor der Türe lockt, so denn Petrus, die gute Seele, mitspielt, eine der schönsten Gastterrassen Hamburgs. Ganz zentral und doch mitten im Grünen – das hat schon was.

Das Henriks: Hier darf sich der Normalo-Gast glücklich schätzen

Die in martialisches Schwarz gewandete Restaurantleitung tritt sehr selbstbewusst auf und gibt dem Normalo-Gast das Gefühl, dass er sich glücklich schätzen kann, hier einkehren zu dürfen. Das Pendant dazu war bei unserem Besuch ein ausnehmend freundlicher, weiß gewandeter Kellner mit guter Weinahnung, der sehr aufmerksam und zugewandt maßgeblich dazu beitrug, dass man sich unterm Strich doch so weit wohlfühlte.

Gerd Rindchen besucht für das Hamburger Abendblatt Restaurants in der Stadt und schreibt darüber.
Gerd Rindchen besucht für das Hamburger Abendblatt Restaurants in der Stadt und schreibt darüber. © Bertold Fabricius

Anklams Küche setzt auf Edelprodukte und hochwertige Zutaten, er macht dabei offenkundig keine Kompromisse. Ich kann nur jedem Gast, den es hierher verschlägt, raten, sich als Vorspeise „Zweierlei von Henriks Tatar“ (180 Gramm für 27 Euro) zu bestellen, und zwar explizit mit den Varianten ­„Boeuf Tatar vom Friesisch Ochs mit Cognac Hennessy X.O“ und „Pikantes Tuna Tatar mit Yuzu, Sesam, Avocado und Shichimi“. Beide waren überragend und setzen Maßstäbe auf dem Tatar-Sektor – in Hamburg habe ich noch keine besseren bekommen.

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Das Gros der Henriks-Gäste schwört auf Fleischgerichte

Die Produktverliebtheit der Küche manifestierte sich auch sehr deutlich beim Halben Hummer Thermidor (49 Euro, als ganzer Hummer 95 Euro) mit Hollandaise, Spinat und Cognac, bei dem mit erstklassigen, hauchfein geriebenen Trüffelscheiben alles andere als gegeizt wurde. Auch bei der Seezunge mit Traditionsbeilagen (Kartoffelpüree und Gurkensalat) war die Produktqualität gut, sie überraschte jedoch mit einem recht offensiv interpretierten Garzeitpunkt (62 Euro).

Das Gros der Gäste im Henriks schwört aber ohnehin auf die Fleischgerichte, allen voran das 300 Gramm schwere Dry Aged Entrecôte vom Pommerschen Rind (45 Euro), das seine fünfwöchige Reifung am Knochen mit Würze und Zartheit belohnt. Kleiner Tipp: Fragen Sie mal schüchtern beim Service, ob Sie statt der obligatorisch offerierten „Henriks Pommes“ auch die Süßkartoffelpommes bestellen können – die sind hier nämlich ganz ausgezeichnet.

Und dazu passt dann auch großartig aus der Liste der aufpreispflichtigen Extras die Trüffel-Mayonnaise (7 Euro), bei der man sich ganz offenkundig die Mühe gemacht hat, sie subtil und hintergründig mit echtem Trüffel und nicht mit vulgärem Trüffelöl zu aromatisieren. Ein sehr feines Geschmackserlebnis. Klassisch interpretiert kommt das beliebte Wiener Bio-Kalbsschnitzel mit Bratkartoffeln und Gurkensalat auf den Tisch (28 Euro).

Henriks stillt auch den Hunger nach Glanz und Glamour

Einige erfreulich fair kalkulierten Überraschungen hält die Weinkarte bereit: In einem Laden dieser Kategorie geht man nicht ohne Weiteres davon aus, einen famosen Wehlener Sonnenuhr Riesling Großes Gewächs von Wegeler für 49 Euro anzutreffen – so was kostet im Laden immerhin auch schon rund 30 Euro. Und ein Riesling Großes Gewächs vom Weltklasseweingut Dönnhoff an der Nahe, seit Langem einer der international höchst bewerteten deutschen Erzeuger, haut einen mit 58 Euro für einen Wein dieser Klasse auch nicht gerade aus den Pantinen.

Insgesamt bedient die Lokalität sehr geschickt ein zum Kummer mancher Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Hansestadt nicht immer ganz einfach zu stillendes Bedürfnis: das nach Glanz und Glamour, sehen und gesehen werden und sich in ausgesuchten Designertextilien und rahmengenähtem Schuhwerk der kritischen Würdigung der anderen, strukturell bedingt meist ebenfalls recht betuchten Gäste zu stellen. Und so zaubert das Hendriks einen Hauch Kampener Whiskymeile, Düsseldorfer Königsallee oder Münchner Maximilianstraße in unsere eher spröde Hansestadt. Für den, der’s mag: echt schick.