Hamburg. Der beliebte Wurzelstock wurde 2018 zur „Heilpflanze des Jahres“ gekürt. Nun bringt eine Hamburgerin einen neuen Shot auf den Markt.

Es soll ein Wundermittel bei Infekten sein, und in der leicht gezuckerten Variante schmeckt Ingwer auch viel besser als Ibuprofen. Cool ist außerdem eine neue, schockgefrorene Variante. Klar, Kaffee ginge auch. Aber diese Pflanze gibt nicht nur Energie, sondern wärmt auch in Form von Tee und ersetzt morgens den Wecker.

„Sie wirkt wie eine kalte Dusche“, sagt Liberta Haxhikadriu. Die Hamburgerin hat gemeinsam mit dem Start-up Every. einen Shot mit dem Namen „Straight Forward“ entwickelt. Frischer Ingwer und frische Zitrone werden dafür kaltgepresst, mit Ahornsirup, Kurkuma, Schwarzem Pfeffer und Rapsöl verfeinert und direkt schockgefroren. Das Produkt hat ein paar Besonderheiten. Zum einen kann man es nicht im Geschäft kaufen. Es kommt ausschließlich in kleinen Portionen in einem Versandkarton aus kompostierbarem Hanf mit Trockeneis ins Haus und muss dann im Gefrierfach gelagert werden. Und dann ist es eigentlich nicht nur ein Produkt – sondern mehrere gleichzeitig.

Liberta Haxhikadriu wollte etwas Neues entwickeln

„Ich wollte etwas Neues entwickeln, etwas, das auf verschiedene Weisen konsumiert werden kann“, sagt Liberta Haxhikadriu. Man stellt den Shot am Abend in den Kühlschrank, über Nacht wird er flüssig und man trinkt ihn am nächsten Morgen auf nüchternen Magen als Energiebooster. Wer das Auftauen verkürzen will, benutzt die Mikrowelle. Oder man übergießt die gefrorene Portion mit heißem Wasser und genießt sie als Tee. Als Drittes gibt „Straight Forward“ einen außergewöhnlich scharfen Eiswürfel ab, der zu bestimmten Drinks gut passt (super etwa mit Prosecco, Soda und Minze), oder man gibt ihn als spicy Zusatz in den Mixer, um einen Smoothie zu mixen.

Liberta Haxhikadriu und ihr neuer Ingwer-Shot.
Liberta Haxhikadriu und ihr neuer Ingwer-Shot. © Marcelo Hernandez

Der Vorteil: „Man spart sich das Schnippeln. Und bei unserem Produkt mit Kurkuma auch die Sauerei in der Küche“, erklärt Haxhikadriu. Wer schon mal Kurkuma geschnitten hat, der weiß, dass die Hände danach gerne mal tagelang verfärbt sind. Wie Raucher-Hände! Dabei wollte man nur was Gesundes zu sich nehmen. Liberta Haxhikadriu kommt eigentlich gar nicht aus der Food-Branche, die 30-Jährige arbeitet als Influencerin. Auf ihrem Instagram-Kanal folgen ihr 50.000 Menschen, sie postet viele Fotos aus dem Bereich Mode, Fashion und Entertainment.

Fotos auf Instagram

Es ist eine Bilderwelt voller Glamour und hochpreisiger Marken, doch Liberta hat einen ganz anderen Hintergrund. Als Kind musste sie mit ihren Eltern und dem Bruder aus dem ehemaligen Jugoslawien fliehen. Ihr Vater war politisch aktiv, in der Heimat wurde es zu gefährlich, und so landete die Zweijährige in einem Flüchtlingsheim in der Nähe von Itzehoe. Die Wohnung in Haby, die die Familie beziehen durfte, hatte anfangs kaum Möbel, die Nachbarn halfen, auch mit Spielsachen, denn sich auf dem nackten Boden ohne alles zu beschäftigen, das war für die Kinder hart. Libertas Eltern leben noch heute in dem Ort, doch nach dem Abitur zog es die Tochter sofort nach Hamburg. Sie machte eine Ausbildung als Marketingkauffrau, studierte an der HAW und bekam anschließend einen Job in einer E-Commerce Agentur.

Nebenbei hatte Liberta bereits damit begonnen, Fotos auf Instagram zu stellen, ihre Fangemeinde wuchs schnell, irgendwann kam die erste Anfrage für eine Kooperation vom Jeanslabel Closed: „Das war riesig für mich. Ich trug für die Kampagne eine 500 Euro teure Jacke, die ich mir niemals hätte leisten können, und bekam sogar Geld dafür.“ Inzwischen kümmert sich die 30-Jährige hauptberuflich um ihren Instagram-Kanal, sie arbeitet mit vielen großen Marken wie H&M, Adidas oder Mont Blanc zusammen, und ihren Podcast „Lena & Liberta“ haben mehr als 600.000 Leute gehört.

Ingwer hilft, den Stoffwechsel anzukurbeln

Die Idee zu dem Ingwer-Shot entstand, weil Liberta in Supermärkten immer nur ihrer Ansicht nach zu wässrige Produkte bekam, und in bestimmten Juice-Läden brannten die frisch zubereiteten Shots stets in der Kehle. „Ich komme vom Balkan, ich liebe Schärfe“, erklärt die Influencerin, „doch schmecken soll es auch.“ Das Start-up Every. gefiel ihr aufgrund seiner gesunden Produkte und weil es weder Lebensmittel verschwenden noch Verpackungsmüll produzieren will.

„Gerade jetzt für die kommende Erkältungszeit und vor dem Corona-Hintergrund würde ich eine Kur mit den Shots empfehlen“, sagt Haxhikadriu, die nie Tabletten nimmt, nicht einmal Ibuprofen. „Ich versuche lieber, mich selbst zu heilen.“ Tatsächlich gilt Ingwer als eine Knolle – botanisch ist Ingwer genaugenommen ein Rhizom, also ein Wurzelstock – mit Heilwirkung. Er hilft, den Stoffwechsel anzukurbeln und damit den Körper zu entgiften, beugt Gefäßerkrankungen vor, lindert Übelkeit und Schmerzen bei Arthrose, stärkt die Bauchspeicheldrüse und hilft angeblich auch beim Abnehmen.

Lühders weiß alles über die exotische Wurzel

Vielleicht nicht in der schokolierten Form, doch die ist dafür eine wirklich köstliche! Der europaweit führende Hersteller für Ingwer-Produkte kommt aus Norddeutschland. Fast 50 verschiedene Ingwer-Spezialitäten hat der Familienbetrieb Lühders im Angebot; Bestseller dort sind die mit Bitterschokolade überzogenen Ingwer-Spitzen und ein Ingwersirup. „Der süßlich-scharfe Geschmack passt gut zu Nudel- oder Kartoffelsalaten, eignet sich als Zutat in Grillmarinaden und Longdrinks“, erklärt Johannes Lühders, der das Confiserie-Unternehmen in dritter Generation führt. Lühders weiß alles über die exotische Wurzel, er besucht regelmäßig die Produzenten in Australien, China und auf den Fidschi-Inseln. Die Anbaufelder sehen so hügelig aus wie Spargelfelder, die Wurzeln benötigt zum Wachsen viel Licht und Wasser, und nicht jede Knolle ist dazu geeignet, eine Süßigkeit zu werden.

Ingwer-Limo

  • Man kann Ingwergetränke nicht nur heiß genießen, sondern auch kalt – wie jeder weiß, der schon einmal ein Gingerbeer getrunken hat. Für selbst gemachte Ingwer-Limonade gibt es verschiedene Rezepte, dieses hier kommt vom Ingwerspezialisten Lühders aus Hamburg und enthält eines seiner Produkte (den Ingwersirup):
  • Die Zutaten: Frischer Ingwer, geschnitten und geschält; Ingwersirup; Saft einer Zitrone; 1 Liter Wasser; 2 bis 3 Zweige Rosmarin. Die Zubereitung: Die Ingwerstücke in einen Filter füllen. Alle Zutaten zusammen in eine große Glaskaraffe füllen, gut verrühren und für eine Stunde in den Kühlschrank stellen. Ingwerstücke entfernen und die Limonade mit den Rosmarin-Zweigen garnieren.
  • Wer den Ingwersirup selber machen will: Man braucht dafür 200 g frischen Bio-Ingwer, 1 Bio-Zitrone, 250 g Rohrohrzucker und 800 ml Wasser. Zuerst wird der Ingwer geschnitten und ein Zitronenabrieb erzeugt. Dann Zitronensaft, Abrieb und Ingwer mit dem Wasser 25 Minuten köcheln lassen, anschließend durch Sieb abgießen, Zucker hinzugeben und alles noch einmal 25 Minuten köcheln lassen. Fertigen Sirup heiß in kleine Gläser abfüllen.

„Wir brauchen den Baby Ginger“, sagt Lühders, also eine Knolle, die relativ jung ist, nur vier, fünf Monate gereift. Ältere Ingwer sind zu faserig, haben zu viele ätherische Öle und schmecken zu scharf. Nach der Ernte werden die Wurzeln geschält und in Salzlake eingelegt. Als Aufbewahrungsort dienen dabei ganz normale Swimmingpools. Auch deshalb gilt der Inselstaat Fidschi wohl als jener mit der höchsten Swimmingpool-Dichte der Welt ...

Ingwer gilt inzwischen als Trend-Produkt

Bevor der Ingwer in 100-Liter-Fässern seine Seereise nach Hamburg antritt, wird er in sogenannten Schnitzereien noch per Hand in Stäbchen, Blüten oder Würfel geschnitten. „Wir haben es mit Pommes-Schneidemaschinen versucht, doch es funktioniert einfach nur per Hand. Jede Knolle wächst ganz anders“, erklärt der Unternehmens-Chef.

Während es die Wurzel vor ein paar Jahren nur in wenigen Supermärkten zu kaufen gab, gilt sie inzwischen als Trend-Produkt. Besonders Engländer und Norddeutsche mögen Ingwer, seltsamerweise nimmt der Konsum mit jedem Meter Richtung Süden weiter ab. „In Hessen ist dann Schluss“, sagt Lühders, der Parallelen zum Bierkonsum sieht. Der Süddeutsche mag es auch nicht gerne so herb und bitter wie die Leute hier im Norden.

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Regional unabhängig ist allerdings das Alter, ab dem man Ingwer mag. Je älter, desto lieber. Jüngere Menschen hätten noch nicht die nötigen Geschmacksnerven, erklärt Johannes Lühders. Als er seiner damals erst vierjährigen Tochter einmal ein Schokoladen-Ingwerstäbchen zum Probieren gab, spuckte die Kleine es wieder aus und schimpfte nur: „Scharfelade­!“