Berlin. Muscheln sind vielseitige Meeresfrüchte. Sie lassen sich ganz einfach selbst zubereiten. Köche geben Tipps für Einkauf und Verwertung.

Ein einziger Buchstabe macht den Unterschied: das r. Und zwar das r am Ende des Wortes. Zumindest, wenn man dem Volksmund glaubt. Der nämlich besagt, dass Muscheln nur in den Wintermonaten, die mit einem r enden, verzehrt werden dürfen. Nun kann man darüber diskutieren, ob der September zu den Wintermonaten zählt – zumal, wenn es, wie in diesen Tagen, hochsommerlich warm ist. Doch einst war es eine Vorsichtsmaßnahme, Muscheln in der kühleren Jahreszeit zu essen, da die Weichtiere bei Wärme schnell verderben. Inzwischen ist es möglich, die Muscheln permanent unter sechs Grad Celsius zu lagern, sagt Sandra Kess vom Fisch-Informationszentrum in Hamburg. Dennoch: Für die Deutschen beginnt die Muschelsaison im September.

Am ehesten lässt man sich Muscheln im Restaurant schmecken, wo in diesen Tagen wieder Miesmuscheln angeboten werden. Doch Muscheln kann man ebenso gut selbst zubereiten – woran sich viele Menschen allerdings nicht recht herantrauen. Denn Muscheln müssen frisch sein, und manch einer ist nicht sicher, wie man Frische erkennt.

Mit einigen Handgriffen lässt sich die Frische prüfen

„Wenn eine Muschel schon vor dem Kochen offen ist, sollte man sie nicht mehr essen. Das Gleiche gilt für die Exem­plare, die sich beim Kochen nicht öffnen“, sagt Tillmann Hahn. Er ist Autor und betreibt ein Feinkostbistro in Kühlungsborn. Kess rät: „Wer sich nicht sicher ist, klopft vorsichtig an die Schale der Muschel, sie sollte sich dann schließen.“

Auf Nummer sicher geht man bei tiefgekühlten Meeresfrüchten. Die Grünschalmuschel – eine pazifische Seeschalenmuschel mit hohem Fleischanteil – sei hierzulande sowieso nur tiefgefroren erhältlich, sagt Kess. Dafür, findet Hahn, muss man Abstriche beim Geschmack machen.

Muscheln nur kurz erhitzen

Bei der Zubereitung geht es schnell. Muscheln sollten nur kurz erhitzt werden, so dass sie in der Mitte noch glasig sind, rät Markus Kebschull, Küchenchef im „Hotel Seesteg“ auf der Nordseeinsel Norderney.

Glasig – eine Konsistenz, die nicht jeder als Genuss empfindet. Doch glasig ist das eine, lebendig das andere: Austern sind lebendig, wenn man die Schale aufbricht und den Inhalt hinausschlürft. Genau wie Austern werden zum Beispiel auch Miesmuscheln noch lebend gekauft – aber nicht lebend gegessen.

Sparsam würzen, um den Eigengeschmack zu erhalten

Grundsätzlich empfiehlt Kebschull, bei Muscheln sparsam zu würzen, um den Eigengeschmack zu belassen. Trotzdem funktionieren auch kräftigere Kombinationen, etwa mit Gänseleber mit Apfel und Sellerie. Für Muscheleinsteiger eignen sich Miesmuscheln gut. Sie passen zu Pasta mit Knoblauch und Fenchel.

Miesmuscheln – der mittelhochdeutsche Name Mies bedeutet Moos, da die Weichtiere den Meeresgrund ähnlich wie Moos überziehen – leben in den Gezeitenzonen des Nordatlantiks und der Nordsee. Spätestens mit vier Jahren haben Miesmuscheln eine Größe von fünf bis acht Zentimetern erreicht und sind ideal für die Zubereitung.

Einfach und schnell gemacht sind Muscheln mit Weißwein und Gemüsestreifen. Die Briten werden kreativer – und deftiger. Miesmuscheln führen sie mit Käse, Bacon und Sahnesoße zusammen. Hahn mag es thailändisch: Muscheln mit Thaibasilikum, Chili und schwarzer Sojasoße.

Spitzenköche entdecken die Jacobsmuschel

Vor einigen Jahren entdeckten Spitzenköche mehr und mehr eine andere Muschel, die elegant und gleichzeitig vielfältig zu verwenden ist: die Jakobsmuschel. Bei ihr wird der große Schließmuskel gegessen. Der Sylter Gastwirt Jürgen Gosch empfiehlt sie im Buch „Schick in Schale“ angeschwitzt zu Pasta, am Spieß gegrillt oder auf gedünstetem Spinat mit Käse überbacken.

Charakteristisch ist die Schale, ähnlich einem Fächer. Dies läuft für viele Menschen generell unter „Jakobsmuschel“. Diese Schale aber haben alle Kammmuscheln, in unterschiedlicher Größe oder Farbschattierung. Die Jakobsmuschel ist eine Art Kammmuschel – eine edlere. Echte Jakobsmuscheln stammen aus Irland, Schottland und Norwegen, erklärt Kess. Beim Einkauf sollte man darauf achten, dass einem nicht eine andere, weniger edle Art Kammmuschel untergejubelt wird – als Jakobsmuschel angepriesen und zu deren hohem Preis.

Venusmuscheln müssen meist vorbestellt werden

Die Italiener halten es einfacher – sie verarbeiten gern Venusmuscheln. Wer diese in Deutschland kaufen möchte, sollte vorausplanen: Sie müssen in Geschäften oft einige Tage vorher bestellt werden. Was kein Problem ist – die Muschelsaison hat ja gerade erst begonnen.