In Polen, Nordirland und der Ukraine, Deutschlands Gruppengegnern bei der Fußball-EM, kommt viel Deftiges auf den Tisch.

Anatolij Tymoschtschuk, Robert Lewandowski und Steven Davis sind nicht nur Fußball-Nationalspieler. Sie führen auch bei der Europameisterschaft vom 10. Juni bis zum 10. Juli 2016 in Frankreich ihre Mannschaften aus der Ukraine, aus Polen und Nordirland an. Und alle drei müssen in der Vorrunde gegen Weltmeister Deutschland antreten.

Wie sich die Spieler während des Turniers, vor allem vor den Partien stärken, werden ihnen ihre Mannschaftsbetreuer sagen. Vermutlich gehören die jeweiligen Nationalgerichte nicht dazu. Obwohl alle drei – Ware­niki, Bigos, Ulster Fry – schmackhaft, kalorienreich und etwas für echte Männer sind. Zum Nachkochen zu Hause eignen sie sich allemal, und wer weiß, vielleicht kommt man den deutschen EM-Gegnern ein wenig näher.

Teigtaschen aus der Ukraine

Anatolij Tymoschtschuk spielte vier Jahre bei Bayern München und liebt die Küche seiner ukrainischen Heimat. Und dazu gehören auch Wareniki, die gefüllten, halbmondförmigen Teigtaschen, die in Salzwasser gekocht werden.

Zwei Eier, 0,1 Liter kaltes Wasser und ½ Teelöffel Salz werden miteinander verrührt. Nach und nach werden 380 Gramm Mehl zugegeben. Der Teig darf nicht zu fest, aber auch nicht zu weich sein und muss dann 30 Minuten ruhen. Danach zu einer etwa 1,5 Millimeter dicken Platte ausrollen. Mit einem dünnwandigen Glas Kreise ausstechen. Jeweils einen Teelöffel Füllung in die Mitte der Teigplätzchen legen, diese zu Halbkreisen zusammenklappen und die Ränder fest zusammendrücken, damit die Wareniki beim Kochen geschlossen bleiben. Die Teigtaschen in leicht gesalzenem und siedenden Wasser ziehen lassen, bis sie an der Oberfläche schwimmen.

 Wareniki
Wareniki © Getty Images/iStockphoto | Getty Images/iStockphoto

Als Füllungen kommen infrage: gestampfte Kartoffeln, gegarter Weißkohl oder Sauerkraut, Frischkäse oder Quark, Pilze und Fleisch, Obst oder Beeren. Wareniki werden traditionell mit Butter und Schmand, aber auch mit Honig oder Konfitüre gegessen. Als deftige Variante gilt gebratener Bauchspeck mit Zwiebeln.

Im ukrainischen Dorf Synky gibt es ein Denkmal für die Teigtaschen, und Nikolaj Gogol (1809–1852), russischer Schriftsteller ukrainischer Herkunft, hat sie in der Erzählung „Die Nacht vor Weihnachten“ literarisch verewigt: Wareniki sind durch Zauberei von ganz allein aus der Schüssel gesprungen, in den Schmand eingetaucht und in den Mund des Hexenmeisters Patzjuk Schmerbauch geflogen. So wurden in den Mund springende Wareniki zum Symbol der Völlerei und Faulheit im russischen und ukrainischen Sprachraum.

Schmoreintopf aus Polen

Ob Robert Lewandowski Bigos essen darf, ist nicht überliefert. Jedenfalls ist die Ehefrau des Bayern-Stürmers Fitness-Trainerin und hat ihrem Mann zumindest zum Frühstück einen Mix aus Beeren, Kokosflocken und Pinienkernen empfohlen.

Der Schmoreintopf aus Sauerkraut und Weißkohl wird mit Fleisch und Wurst, Waldpilzen und Karotten, Pfeffer, Piment, Lorbeer und Tomatenmark zubereitet. Das Gericht ist jahrhundertealt und wird wegen seiner Haltbarkeit geschätzt. 400 Gramm Sauerkraut werden in einem Topf gegart. 400 Gramm Weißkohl waschen, hobeln, mit etwas kochendem Wasser übergießen und zusammen mit fünf Gramm fein geschnittenen Trockenpilzen 30–40 Minuten garen.

Je 200 Gramm Schweine- und Kalbfleisch salzen, in erhitztem Fett von allen Seiten anbräunen. Zusammen mit 100 Gramm Räucherspeck zum Sauerkraut geben und 40 Minuten dünsten. 50 Gramm fetten Speck auslassen, die Grieben zum Bigos geben, im flüssigen Fett 50 Gramm Zwiebelwürfel dünsten. 20 Gramm Mehl dazugeben und die Mehlschwitze zubereiten.

Fleisch und Räucherspeck aus dem Sauerkraut herausnehmen. Den Weißkohl mit dem Sauerkraut vermengen und mit der Mehlschwitze binden. 250 Gramm Kohlwurst, Fleisch und Räucherspeck in Würfel schneiden und zum Kraut geben. Mit Tomatenmark, Salz, Pfeffer, Zucker und Majoran abschmecken. Alles aufkochen lassen. Je mehr verschiedene Fleischsorten verwendet werden, desto besser schmeckt der Bigos, den man mit Brot serviert. Nach ein, zwei Tagen im Topf entfaltet das Gericht seinen vollen Geschmack und kann aufgewärmt werden.

Auch dieses Gericht hat es in die Literatur geschafft. Der polnische Nationaldichter Adam Mickiewicz schreibt in seinem Epos „Pan Tadeusz“: „Im Kessel wurde Bigos gekocht. Es ist schwer in Worte zu fassen. Der Geschmack so merkwürdig, die Farbe und der Geruch so wunderbar. Worte sind nur ein Summen und die Reime Zufall; aber den Inhalt wird nur der Magen verstehen.“

Frühstück aus Nordirland

Britisches Frühstück
Britisches Frühstück © Getty Images/iStockphoto | Getty Images/iStockphoto

In der britischen Küche spielt das Frühstück eine große Rolle. Fettig und nichts für Menschen mit hohem Cholesterinspiegel ist die nordirische Variante Ulster Fry. Ulster ist der historische Name für Nordirland, und fry heißt braten, denn viele Zutaten dieses Morgenmahls kommen aus der Pfanne oder vom Grill. Als Leistungssportler wird Steven Davis, Mittelfeldspieler beim FC Southampton in Südengland, sich dieses Frühstück wohl höchstens mal an einem Urlaubs-Sonntag gönnen.

Pro Person braucht man zwei kleine Bratwürste, zwei Scheiben gebratenen Bacon, ein Spiegel- oder Rührei, eine gegrillte Tomate, Baked Beans (weiße Bohnen in Tomatensauce) sowie gebratene Champignons, Kartoffeln und Zwiebeln nach Belieben. In Nordirland gehören außerdem Kartoffelbrot sowie „Soda Bread“ (Rezept siehe Text oben) dazu.

In der EM-Vorrunde kommen übrigens die besten zwei Mannschaften aus jeder Gruppe sicher weiter. Ob’s dann auch an der Ernährung liegt? Von Adi Preißler, viele Jahre Kapitän von Borussia Dortmund und 1951 zweimal in der Nationalmannschaft eingesetzt, stammt die Erkenntnis: „Grau ist alle Theorie – entscheidend is auf’m Platz.“