Dr. med. Georg Poppele, 58, ist Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf.

Hamburger Abendblatt: Welche Organe werden vom Alkohol geschädigt?

Dr. med. Georg Poppele: Übermäßiger Alkoholkonsum schädigt nahezu alle Organsysteme des Körpers. Neben der sehr häufigen Leberzirrhose kann sich die Bauchspeicheldrüse entzünden, oft kommt es auch zu einer Schädigung der Nervenstränge mit Missempfindungen an den Beinen und Gangstörungen. Außerdem können Unfruchtbarkeit und Potenzstörungen sowie Magengeschwüre auftreten.

Für welche Krebsarten steigt das Risiko?

Poppele: Jeder zehnte alkoholkranke Mensch entwickelt ein Leberkarzinom. Außerdem steigen die Tumorrisiken von Mund- und Rachen-, Speicheldrüsen-, Dickdarm- sowie Brustkrebs. Die Gefahr von Speiseröhrenkrebs bei Konsum hochprozentiger Alkoholika und gleichzeitigem Nikotinkonsum erhöht sich sogar um das 44-Fache.

Welche Risiken birgt eine alkoholbedingte Bauchspeicheldrüsen-Entzündung?

Poppele: Eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse wird in einem Drittel der Fälle durch Alkohol hervorgerufen, weitaus häufiger ist bei Alkoholabhängigen die chronische Verlaufsform. Durch die Entzündung können die in der Bauchspeicheldrüse gebildeten Verdauungsenzyme nicht mehr an den Darm abgegeben werden. Die Verdauungsenzyme können somit in der Bauchspeicheldrüse zu einer sogenannten "Selbstverdauung" des Organs führen, die lebensbedrohlich werden kann.

Welche Störungen des Herz-Kreislauf-Systems treten auf?

Poppele: Weit verbreitet - auch schon im Anfangsstadium der Erkrankung - sind Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck. Bei langjährigem Alkoholmissbrauch besteht zudem die Gefahr einer chronischen Herzmuskelstörung. Aber: Der Körper hat erfreuliche Regenerationsfähigkeiten, das sollte Patienten Mut dazu machen, völlig abstinent zu werden - und auch zu bleiben. Denn es lohnt sich.