DAK-Gesundheitsreport zeigt unter anderem eine hohe Akzeptanz für das Rauschtrinken bei jungen Erwachsenen

Hamburg. Psychische Erkrankungen nehmen in Hamburg weiter zu. Laut DAK-Gesundheitsreport für die Hansestadt ist die Zahl der Krankheitstage wegen seelischer Störungen im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent gestiegen. Mittlerweile stehen seelische Probleme nach Erkrankungen des Bewegungsapparats und der Atemwege an dritter Stelle der Ursachen für eine Arbeitsunfähigkeit. Zusammen machen diese drei Erkrankungen 53 Prozent aller Krankheitstage der erwerbstätigen DAK-Mitglieder aus.

Insgesamt lag der Krankenstand mit 3,2 Prozent genauso hoch wie im Vorjahr und geringfügig unter dem Bundesdurchschnitt von 3,4 Prozent. Das ergab die Analyse der Daten von erwerbstätigen DAK-Mitgliedern durch das Berliner IGES-Institut.

Etwa neun Prozent der jungen Erwerbstätigen hatten eine Depression

Auch bei jungen Berufstätigen bis zum Alter von 29 Jahren spielen psychische Probleme eine zunehmende Rolle. Schon mehr als jeder zehnte junge Hamburger Arbeitnehmer leidet an sogenannten somatoformen Störungen. Das sind körperliche Beschwerden, wie zum Beispiel Schmerzen oder Herzbeschwerden, für die keine organische Ursache gefunden wird. Bei rund neun Prozent wurde die Diagnose Depression gestellt. Unter Anpassungsstörungen als Reaktionen auf schwere Belastungen litten sieben Prozent der jungen Menschen.

"Dabei sind die Ursachen für solche Erkrankungen immer eine Kombination aus mehreren Faktoren. Die Arbeitswelt ist nur ein Mitverursacher", sagte Dr. Katrin Krämer, die stellvertretende Bereichsleiterin Arbeit und Gesundheit am IGES-Institut. So spielten auch die Stabilität von sozialen Beziehungen, das Elternhaus und das emotionale Grundgerüst eines Menschen eine Rolle dafür, wie anfällig er für eine psychische Störung sei. Die Hamburger DAK-Chefin Regina Schulz sagte: "Seelische Krankheiten werden heute besser und früher erkannt." Auch das erkläre womöglich den festgestellten Anstieg von psychischen Erkrankungen.

Die häufigsten Gründe für eine Krankmeldung waren bei jungen Arbeitnehmern kurzzeitige Erkrankungen wie Infektionen, Erkältungen und Verdauungsbeschwerden. Die häufigste Diagnose bei jungen Erwerbstätigen, die einen Arzt aufsuchten, war der Rückenschmerz. Weitere häufig gestellte Diagnosen waren Heuschnupfen (14 Prozent), Asthma (zehn Prozent), Kopfschmerzen (acht Prozent) und Migräne (sechs Prozent).

Zusätzlich zu der Analyse der Daten von DAK-Mitgliedern stützt sich der Gesundheitsreport auf eine repräsentative Umfrage, die bundesweit bei 3000 jungen Beschäftigten im Alter zwischen 18 und 29 Jahren durchgeführt wurde.

Besorgt zeigten sich die Experten über die hohe Akzeptanz, die der hohe Alkoholkonsum bei jungen Menschen hat. In der Befragung wurde das Rauschtrinken definiert als Konsum von mindestens fünf alkoholischen Getränken innerhalb von zwei bis drei Stunden. Ein solches Trinkverhalten praktiziert jeder vierte junge Hamburger Erwerbstätige mindestens einmal im Monat. Jeder fünfte Befragte sieht seine berufliche Leistungsfähigkeit auch dann nicht beeinträchtigt, wenn er sich am Vorabend betrinkt. 40 Prozent der jungen Arbeitnehmer in der Hansestadt trinken mindestens einmal in der Woche Alkohol.

Beim Rauschtrinken sind junge Männer deutlich häufiger betroffen als junge Frauen. "Die Gründe dafür sind, dass für viele der Alkoholkonsum auf Partys dazugehört, häufig auch die Eltern Rauschtrinken praktizieren und Alkohol für junge Menschen leicht zu beziehen ist", sagte Prof. Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE).

Doch nicht jeder "Rauschtrinker" wird später auch alkoholabhängig. "Für eine spätere Abhängigkeit spielen zusätzliche Risikofaktoren eine wichtige Rolle. So steigt das Risiko, wenn Jugendliche bereits vor dem 14. Lebensjahr mit dem Alkoholkonsum begonnen haben oder die Eltern alkoholabhängig sind. Stärker gefährdet sind auch Jugendliche, die bereits im Alter von zehn bis zwölf Jahren Verhaltensauffälligkeiten zeigen", sagte Rainer Thomasius. Bei Jungen seien das am häufigsten aggressives Verhalten und Störungen der Impulskontrolle. Bei Mädchen handele es sich meistens um Depressivität, Ängstlichkeit und Essstörungen.

Zur Prävention des Rauschtrinkens helfen gesetzliche Vorgaben am besten

"Zur Prävention sind gesetzliche Maßnahmen am wirksamsten, etwa die Jugendschutzbestimmungen sowie Besteuerungs- und Abgabeverordnungen", sagte Thomasius. Sehr wichtig seien auch Verkehrskontrollen. Sie hätten sich als sehr effektiv erwiesen.