DAK-Studie: 68 Prozent im Job unzufrieden. Psycho-Störungen können die Folge sein

Hamburg. Sie können mehr, aber sie dürfen nicht: Viele junge Hamburger fühlen sich in ihrem Beruf unterfordert. Rund 68 Prozent der 18- bis 29-Jährigen meinen, dass sie gerne mehr leisten würden, als von ihnen verlangt wird; nur sechs Prozent empfinden die fachlichen Anforderungen ihrer Tätigkeit als zu hoch.

Das hat der Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) für Hamburg ergeben, der gestern vorgestellt wurde. Im Mittelpunkt der Studie des Berliner Iges-Instituts stand dabei die Gesundheit von Berufseinsteigern und jungen Berufstätigen - und diese hängt auch mit Zufriedenheit im Job zusammen. "Die jungen Menschen wollen ihr Potenzial ausschöpfen", sagte die Hamburger DAK-Landeschefin Regina Schulz. "Nicht nur Überforderung, sondern auch lang anhaltende Unterforderung kann Stress erzeugen." Und Stress ist ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen.

Jeder zehnte junge Hamburger Arbeitnehmer leidet dem DAK-Report zufolge an sogenannten somatoformen Störungen. Das sind körperliche Störungen wie Herzbeschwerden, für die keine organische Ursache gefunden wird. Ob Unterforderung im Beruf und ein hierdurch hervorgerufener Stress dafür verantwortlich sind, hat die DAK nicht im Einzelnen untersucht.

Elf Prozent der Befragten beurteilten ihren Gesundheitszustand als sehr gut, 58 Prozent als gut. Ihren Arbeitsalltag empfinden 20 Prozent der Befragten als "sehr belastend" und stressig, 51 Prozent als "etwas belastend". 28 Prozent beurteilen ihre Arbeitsbelastung als "eher locker".

Dass viele junge Hamburger Jobs haben, in denen sie sich unterfordert fühlen, hat etwas mit der Struktur des Arbeitsmarkts in der Hansestadt zu tun. Eigentlich gibt es keinen Mangel an freien Stellen - im Gegenteil: "Der Arbeitsmarkt ist zurzeit sehr dynamisch, jeden Monat werden bis zu 4500 neue Jobs ausgeschrieben", sagte Knut Böhrnsen, Sprecher der Agentur für Arbeit Hamburg, dem Abendblatt. Viele Firmen suchten händeringend nach Fachkräften.

In einigen Branchen, etwa im Flugzeugbau, seien allerdings sehr spezielle Qualifikationen gefragt, für die es nur wenige passende Bewerber gebe. Auf der anderen Seite lebten in Hamburg sehr qualifizierte junge Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung oder Hochschulabschluss, die fachlich stark spezialisiert seien, aber keine Stelle fänden, die genau zu ihren Qualifikationen passe. Böhrnsen: "Diese Bewerber müssen dann Kompromisse machen - und das kann dazu führen, dass sie sich fachlich unterfordert fühlen." Möglicherweise versuchten auch einige Bewerber, nach ihrem Abschluss möglichst schnell eine Stelle zu finden, um sich nicht arbeitslos melden zu müssen und Berufserfahrung zu sammeln. Dafür nähmen sie womöglich auch Jobs an, für die sie eigentlich überqualifiziert seien.

"Es ist gut möglich, dass mehr Potenzial in den jungen Arbeitnehmern steckt, als angenommen wird", sagte Dr. Jan Dettmers vom Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg. "Grundsätzlich geht die Arbeitspsychologie davon aus, dass die Anforderungen mindestens so hoch sein sollten wie die Qualifikation."

Insgesamt liegt in Hamburg die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Probleme weit über dem Bundesschnitt. Jeder sechste Fehltag hat eine Psycho-Störung als Ursache - im Bund ist es jeder achte.