Eine neue Therapie gegen das Vorhofflimmern erproben Ärzte in Bad Bevensen

Bad Bevensen. Wenn das Herz aus dem Takt gerät, ist eine der häufigsten Ursachen ein sogenanntes Vorhofflimmern. Dabei wird der eigentliche elektrische Taktgeber des Herzens außer Kraft gesetzt. Kreisende Erregungen vor allem im linken Herzvorhof führen zu einem unregelmäßigen und viel zu schnellen Herzschlag. Das Vorhofflimmern gilt als die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung. Nach Schätzungen sind rund 800 000 Menschen in Deutschland davon betroffen.

Eine neue Methode, die das Herz wieder in den richtigen Takt bringen soll, erproben jetzt Ärzte im Herz- und Gefäßzentrum (HGZ) in Bad Bevensen. Dabei handelt es sich um eine Variante der sogenannten Ablation. Das ist ein Verfahren, das seit einigen Jahren eingesetzt wird. Dabei werden Punkte im Vorhof, von denen die kreisenden Erregungen ausgehen, mithilfe von Radiofrequenzmethoden, Ultraschall oder Vereisung durch Verödung des Muskelgewebes isoliert. Die Herzspezialisten in Bad Bevensen verwenden jetzt dafür eine Hybridtechnik: Eine Operation wird mit einem kathetergestützten Eingriff kombiniert.

"Durch einen zwei Zentimeter großen Schnitt im Bauchraum wird ein Katheter mit dem Ablationsgerät durch das Zwerchfell an die Hinterseite des Herzens geführt. Mit dem Gerät kann man dort 80 Prozent des infrage kommenden Gewebes veröden, indem man durchgehende Ablationslinien von 30 Millimetern Länge zieht", erklärt Prof. Gerhard Wimmer-Greinecker, Chefarzt der Herzchirurgie im HGZ. Weil das Gerät über diesen Zugang nicht das gesamte zu verödende Gewebe erreichen kann, wird zusätzlich ein Eingriff an der Innenseite des Herzvorhofs vorgenommen, bei dem der Kardiologe nach der OP verbliebene Lücken mithilfe eines Katheters schließt, den er von der Leiste bis ins Herz vorschiebt. "Die Operation dauert zwei Stunden und der Eingriff mit dem Katheter nochmals zwei. Damit dauert die Behandlung etwa so lange wie die Verödung nur mit dem Katheter", sagt Dr. Dirk Müller, Kardiologe und Leiter des Elektrophysiologischen Zentrums am HGZ.

Die Verödung von innen mithilfe des Katheters hat sich bei der Behandlung des anfallsweisen Vorhofflimmerns bereits etabliert. "Dabei muss man relativ lange Ablationslinien in den Vorhöfen ziehen, in dem man das Gewebe Punkt für Punkt verödet. Je länger die Ablationslinie ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Linie eine Lücke aufweist. Und das kann bedeuten, dass die ganze Ablation erfolglos war", sagt Müller. Trotzdem sei die Kathetertechnik effizient für die Behandlung des anfallsweisen Vorhofflimmerns, mit Erfolgsquoten von 70 bis 80 Prozent. Aber bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern, die schon deutliche Veränderungen im Vorhof haben, sinke die Erfolgsquote dieser Methode auf 50 Prozent. Ihnen soll die neue Hybridtechnik zugute kommen. "Wir erwarten deutlich höhere Erfolgsquoten, weil wir die Ablationslinien vollständiger ziehen können und damit der Erfolg nachhaltiger und durchgreifender ist."

Bisher wurden im HGZ zwei Patienten mit der neuen Technik behandelt, weitere vier stehen auf der Liste. "Wir werden die Methode jetzt als Routineverfahren für die Behandlung des chronischen Vorhofflimmerns anbieten", sagt Wimmer-Greinecker. Die Therapie erfolgt im Rahmen einer europäischen Studie, an der neben dem HGZ in Deutschland Zentren in Frankreich, Italien und Slowenien beteiligt sind. An der Studie teilnehmen können Patienten mit chronischem Vorhofflimmern, das Beschwerden verursacht. Sie dürfen aber nicht am Herzen voroperiert sein und auch keine Voroperationen im oberen Bauchraum wie z. B. Gallenblasen- oder Magenoperationen hinter sich haben. Ebenfalls nicht teilnehmen können Patienten, die Blutgerinnsel im Herzvorhof haben.

Die Bildung solcher Blutgerinnsel ist eine der Hauptgefahren beim Vorhofflimmern, weil sie in die Blutbahn geraten und Schlaganfälle auslösen können. Deswegen ist das Ziel der Therapie nicht nur Beschwerdefreiheit des Patienten, sondern auch, solche Blutgerinnsel zu verhindern. "Wenn das Herz wieder in einem normalen Rhythmus schlägt, der durch das Zentrum der Erregungsbildung, den Sinusknoten, bestimmt wird, ist diese Gefahr beseitigt", sagt Wimmer-Greinecker. Aber man wisse vorher nie, ob der Sinusknoten noch richtig funktioniert. "Deswegen kann es sein, dass der Patient nach der Behandlung noch einen Herzschrittmacher braucht", sagt der Herzchirurg. Ziel ist auch, dass der Patient Medikamente zur Stabilisierung des Rhythmus reduzieren kann oder auf besser verträgliche Medikamente umgestellt werden kann. Deswegen wird die Herztätigkeit des Patienten für ein halbes Jahr nach dem Eingriff mit einem "Eventrecorder" ständig überwacht. "Wenn dann das Vorhofflimmern komplett verschwunden ist, könnten sogar die Medikamente zur Blutverdünnung, die die Bildung von Blutgerinnseln verhindern sollen, abgesetzt werden."