Ein spezielles Computerprogramm berechnet die optimalen Schnitte des Chirurgen und zeigt, wie der Tumor am besten entfernt werden kann.

Hamburg. Mit einer neuen Technik können Leberchirurgen in Hamburg-Barmbek jetzt die operative Entfernung von Lebermetastasen besser planen. "Grundlage dafür ist ein Bildverarbeitungssystem, das von dem Mathematiker Prof. Heinz-Otto Peitgen im Institut für medizinische Visualisierung an der Universität Bremen entwickelt wurde", sagt Prof. Karl Oldhafer, seit Beginn des Jahres Chefarzt der Allgemein- und Bauchchirurgie an der Asklepios-Klinik (AK) Barmbek.

Mithilfe dieser speziellen Bildverarbeitung wird die Leber des Patienten in einer Grafik auf dem Monitor dargestellt und es kann vor der Operation am Computer simuliert werden, wie der Tumor am besten entfernt wird.

Das Ziel ist es, den Tumor mit einem Sicherheitsabstand von circa einem Zentimeter aus dem gesunden Gewebe herauszutrennen. "Man kann jetzt dem Rechner sagen: blende bitte die Punkte ein, die einen Zentimeter von diesem Tumor entfernt sind, somit den optimalen Schnittrand darstellen sowie ein Bild von der Leber, wie sie nach der Operation aussieht", erklärt der Chirurg, der zusammen mit Peitgen diese Technik für die Leberchirurgie entwickelt hat.

Wichtig ist, dass der Teil der Leber, der übrig bleibt, noch groß genug ist, um seine Aufgaben im Stoffwechsel und in der Entgiftung des Körpers erfüllen zu können. Sonst besteht das Risiko eines Leberversagens, das tödlich enden kann. "Aber mit dem neuen System kann ich jetzt wie ein Pilot, der auf einem sehr schwierigen Flugplatz landen muss, eine Operation im Vorfeld simulieren, und wir können genau vorhersagen, wie viel Lebergewebe übrig bleibt und ob es ausreichen wird", sagt Oldhafer.

Der nächste und schwierigste Schritt in der Entwicklung dieser Technologie war der Einzug dieses Systems in den Operationssaal. Denn die Idee von Peitgen und Oldhafer war, das Verfahren für eine Navigation bei der Operation zu nutzen. Um das zu erreichen, muss die Position der Leber im Bauch des Patienten auf dem Operationstisch mit der Grafik auf dem Monitor in Übereinstimmung gebracht werden. "Dafür werden mit dem Ultraschall markante Punkte in der Leber aufgesucht. Auf dem Ultraschallkopf befinden sich Sensoren, deren Signal von einer Infrarot-Kamera aufgenommen und an den Rechner übertragen werden. Sind drei solcher Punkte auf dem Monitor registriert, haben wir eine exakte dreidimensionale und übereinstimmende Darstellung.

Im nächsten Schritt wird der Ultraschallkopf gegen ein Schneideinstrument ausgetauscht. Durch die Sensoren, die auch dort angebracht sind, lässt sich die Position des Instruments ebenfalls auf den Monitor übertragen, sodass der Operateur jederzeit auf dem Bildschirm verfolgen kann, ob er sich mit seinem Instrument noch auf der geplanten Schnittlinie befindet", erklärt Oldhafer. Er wendet die Navigationstechnik jetzt seit zwei Jahren an.

Diese kann auch dazu dienen, Lebermetastasen aufzuspüren. "80 Prozent der Patienten, die Lebermetastasen haben, sind nicht operabel, weil die Tumoren zu groß sind oder ungünstig liegen. Deswegen erhalten viele vorher eine Chemotherapie. Diese Chemotherapie ist aber bei einigen Patienten mittlerweile so wirksam, dass anschließend in der Computertomografie viele kleine Lebermetastasen nicht mehr zu sehen sind. Wir wissen aber, dass in über 80 Prozent solcher Fälle in diesem Bereich dort ein neuer Tumor auftritt, weil sich dort noch Krebszellen befinden", sagt der Chirurg.

Um auch diese kleinen Metastasen operieren zu können, greift Oldhafer zu einem Trick: Ein Computertomogramm, das vor der Chemotherapie aufgenommen wurde und den Tumor noch zeigt, wird mit dem nach der Therapie verbunden und wieder mithilfe der Bildverarbeitung in eine Grafik umgesetzt. "Dann errechnen wir mit dem Computer die optimalen Schnittlinien und das Gewebe mit einem Sicherheitsabstand von einem Zentimeter Entfernung. In solchen Fällen finden wir darin dann winzige Tumoren, die nur wenige Millimeter groß sind", sagt Chefarzt Oldhafer.

Sein Fazit: "Heutzutage kann man viele Lebermetastasen entfernen, die man früher nicht operiert hat, und damit Patienten helfen, die man früher aufgegeben hat."