Auch wenn die Tendenz fallend ist, sind wir noch lange nicht auf skandinavischem Niveau

Berlin. Ein Vergleich von 20 europäischen Staaten zeigt: Beim Rauchen liegt Deutschland im Mittelfeld. Fast jeder vierte Deutsche konsumiert täglich Tabak, wobei es zehn Prozent mehr männliche als weibliche Raucher gibt. Dies ist ein Ergebnis einer von der Pharmafirma Pfizer initiierten Studie.

Griechenland belegt mit 35 Prozent Rauchern den europäischen Spitzenplatz, dicht gefolgt von Österreich. Beide Länder haben erst 2010 Maßnahmen zum Nichtraucherschutz ergriffen. Als einer der Hauptproduzenten von Tabak in Europa hat Griechenland sehr niedrige Preise für Zigaretten. Österreich dagegen erlaubt nach wie vor den Verkauf von Tabakprodukten bereits an 16-Jährige.

Polen und Ungarn - Platz drei und vier in der Liste der stärksten Raucherländer - haben die niedrigsten Tabakpreise Europas. Zigaretten kosten dort nur halb so viel wie im EU-Durchschnitt. In Ungarn gehen 40 Prozent der Todesfälle von Männern auf das Konto des Rauchens. In Deutschland sind es 29 Prozent.

Den geringsten Anteil an Rauchern in der Bevölkerung gibt es in Schweden und Finnland: Nicht einmal jeder Fünfte greift hier täglich zur Zigarette. Die schwedischen Zahlen sind dabei jedoch ein wenig geschönt: Viele Schweden nehmen Nikotin rauchfrei zu sich. Sie stecken sich sogenannten Snus in den Mund, einen mit Salzen versetzten Tabak. Aus diesem gelangt indes weniger Nikotin in den Körper als aus einer Zigarette. Die Finnen greifen dagegen nicht zu alternativen Produkten. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 tabakfrei zu sein. Rauchen ist in der Öffentlichkeit verboten, ebenso Tabakwerbung und Zigarettenautomaten. Ein Teil der Tabaksteuer geht in das Gesundheitswesen.

110 000 Deutsche sterben jährlich an den Folgen des Rauchens

In Europa sterben jährlich 650 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Allein in Deutschland sind es 110 000. Durchschnittlich alle fünf Minuten stirbt also hierzulande ein Mensch an einer durch Tabakgenuss bedingten Erkrankung. Auch für Nichtraucher kann der Tabakkonsum anderer gefährlich sein: Jährlich sterben 3300 an den Folgen des Passivrauchens. Beachtlich sind die durch das Rauchen verursachten Kosten für das Gesundheitssystem: 8,66 Milliarden Euro fallen jährlich zur Behandlung tabakbedingter Erkrankungen an. Dem stehen nur 500 000 Euro für die Prävention gegenüber.

Die Studie beurteilte auch die Anstrengungen und Erfolge der 20 betrachteten Länder beim Nichtraucherschutz sowie der Bekämpfung der Nikotinabhängigkeit. Deutschland hat dabei erstaunlich schlecht abgeschnitten. Im Gegensatz zu Großbritannien übernehmen die Krankenkassen hierzulande keine Kosten für Medikamente zur Nikotinentwöhnung - sie fallen in die gleiche Kategorie wie Potenz- oder Haarwuchsmittel.

Und auch die Ärzte werden nicht belohnt: Wenn sie einem Patienten bei der Tabakentwöhnung helfen, tun sie dies meist kostenlos, denn eine solche Behandlung ist über den Leistungskatalog nicht abzurechnen. "Eine Umfrage unter Medizinstudenten hat zudem ergeben, dass sich nur jeder Vierte kompetent genug für die Beratung von Rauchern fühlt", sagt Christa Rustler vom Deutschen Netz Rauchfreier Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen.

Hier kann Deutschland etwas von Großbritannien lernen: Das Medizinstudium legt dort mehr Gewicht auf die Behandlung von Rauchern. Jeder dritte Student im ersten Ausbildungsabschnitt und fast jeder zweite der fortgeschrittenen Studenten gab an, einen Raucher bei der Entwöhnung fachgerecht unterstützen zu können. "Viele Raucher machen sich Sorgen um ihre Gesundheit und erwarten Hilfe in Kliniken und Arztpraxen. Diese Leistung muss finanziert werden, Beratungskompetenz muss zum selbstverständlichen Repertoire von Gesundheitsberufen gehören", sagt Rustler.

Weltweit gibt es in keinem anderen Land so viele Zigarettenautomaten wie in Deutschland. Außerdem ist die Rechtslage zum Nichtraucherschutz unübersichtlich: Bisher erfolgt die Regelung auf Landesebene und ist somit bundesweit uneinheitlich. Bayern hat bisher als einziges Bundesland aufgrund eines Volksentscheids im letzten Jahr ein generelles Rauchverbot eingeführt. In allen anderen Bundesländern gibt es dagegen noch zahlreiche Ausnahmeregelungen. Erwartungsgemäß weisen Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg den niedrigsten Anteil an Rauchern auf. Mecklenburg-Vorpommern und Berlin führen dagegen die Statistik mit den meisten Rauchern an. Bundesweit hat die Zahl der Raucher in den vergangenen Jahren abgenommen - ein Trend, der auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten ist.

Besonders die Einführung des Rauchverbotes in öffentlichen Gebäuden, Gaststätten und Diskotheken konnte die Zahl der Raucher hierzulande verringern. Aus den Daten des Statistischen Bundesamtes lässt sich ableiten, dass für diese Abnahme bislang vor allem die Männer verantwortlich sind: Während die Quote der Raucherinnen vorübergehend sogar anstieg, griffen immer weniger Männer zur Zigarette. Auch unter Jugendlichen ist der Tabakkonsum in den vergangenen fünf Jahren deutlich gesunken. Hier hat die Erhöhung der Tabaksteuer und die erschwerte Verfügbarkeit von Tabakprodukten offenbar erste Erfolge gebracht.