Reinheim (dpa/lhe). Sie geben keinen Laut von sich und trotz ihrer großen Zahl sind sie eher unauffällig. Dutzende Regenwürmer pro Quadratmeter pflügen die Erde um und reichern die sie mit natürlichem Dünger an. Und man kann mit den Tieren auch Geschäfte machen.

In einem Lagerschuppen rotieren die Trommeln eines rund vier Meter langen, selbstgebauten Siebes. Hier wird keine Spreu vom Weizen getrennt, sondern Regenwürmer vom Humus. In einem immer hellen und stets belüfteten Lagerraum stehen reihenweise weiße Plastikwannen.

Fährt man durch die mit Pferdemist angereicherte Erde in den Behältern, hat man mit einem Schlag Dutzende der blinden, tauben, stummen und für die Natur so wichtigen Tiere auf der Hand. Ihre Exkremente sind hochwertiger Naturdünger. «Wir haben zwei verschiedene Würmer», sagt Benjamin Fröse in seiner kleinen Wurmzucht Bestworm im südhessischen Reinheim. Einen für die Angelhaken, die sind deutlich größer. Einen anderen als Kompostwurm.

Regenwurm ist das zweitwichtigeste Tier der Welt

«Für die beschleunigte Kompostierung von organischem Abfall und die Erzeugung hochwertiger Erde, zum Beispiel für den eigenen grünen Garten oder den heimischen Gemüseanbau, spricht nichts gegen die Verwendung von Regenwürmern aus Wurmfarmen», sagt der Referent für Artenschutz beim Naturschutzbund Nabu, Sebastian Kolberg.

«Der Regenwurm ist das zweitwichtigste Tier der Welt nach den Bienen», sagt Fröse. Sie düngten die Böden und machten sie dazu bereit, mehr Wasser aufzunehmen. Sein Interesse an den Tieren wurde aber eher zufällig geweckt. «Die Würmer sind ein Nebenerwerb», sagt der 49-Jährige, der die Anlage zusammen mit seiner Familie betreibt.

Die Fröses haben einen Betrieb für Innenausbau und ein Kollege auf einer Baustelle habe ihm von seinen Plänen einer Wurmzucht erzählt. «Da habe ich angefangen, mich dafür zu interessieren.» Im Winter 2016/2017 habe er in seinem Keller das rund vier Meter lange Sieb gebaut. Aber erst 2019 habe der Verkauf begonnen. Schon am ersten Tag nach der Freischaltung der Homepage habe er zwei Bestellungen gehabt. Ihm sei dann der erste Lockdown in der Corona-Pandemie eher zugutegekommen. «Viele Leute waren zu Hause und wollten was in ihren Gärten machen. Das war unser Sprungbrett.»

Große Vielfalt unter heimischen Regenwurmarten

Konkurrenz gibt es in dem Geschäft reichlich. Gartenerde und auch Würmer werden auch im Fachhandel angeboten und andere Wurmzüchter betreiben das Geschäft in einem viel größeren Maßstab. So hat die Firma Superwurm im nordrhein-westfälischen Düren, die das Geschäft nach eigenen Angaben schon mehr als 20 Jahre betreibt, ein viel umfassendere Angebot als die Fröses. Und Wurmzuchten kann sich jeder Gartenbesitzer auch selber bauen.

Benjamin Fröse bietet bislang zwei Arten Würmer und zwei verschiedene Erden an. Doch die Familie möchte mit dem Geschäft noch ein wenig expandieren. Derzeit ist eine 200-Quadratmeter-Halle im Bau. In vier Monaten soll die Wurmzucht aus dem kleinen Lagerschuppen in Reinheim umziehen in den dann viel größeren Produktionsraum. Hier gibt es dann auch mehr Schutz vor den zahlreichen Fressfeinden der Würmer. Nach Angaben des 49-Jährigen wurden im vergangenen Jahr 30 Prozent der Tiere Opfer ihrer natürlichen Feinde.

Kolberg zufolge sollte bei einer Wurmzucht auf die Verwendung heimischer Arten geachtet werden. In Deutschland gebe es 47 Regenwurmarten, die Hälfte befinde sich mittlerweile auf der roten Liste für bedrohte Arten. Auch bei einem Export müsse darauf geachtet werden, wohin die Würmer geschickt werden. «Europäische Regenwürmer werden zum Beispiel in Kanada gern als Angelköder verwandt», sagt Kolberg. Übrig gebliebene Köder würden achtlos weggeworfen. «Regenwürmer sind dort aber seit knapp 200.000 Jahren nicht mehr heimisch.» Der Mensch habe sie eingeschleppt und jetzt seien sie zu einem Problem für dortige Ökosysteme geworden.