Berlin. “Werde Baumpate und rette das Klima! Erhalte blühende Wiesen und damit die Insekten!“ So oder so ähnlich werben derzeit eine Vielzahl von Projekten um Spenden. Was steckt dahinter?

Wer keinen Garten hat, kann trotzdem etwas pflanzen und für den Natur- und Umweltschutz eintreten: über Blühpatenschaften.

Doch die Vielzahl an Projekten im Netz überfordert - von groß angelegten Pflanzungen in Entwicklungsländern bis hin zum lokalen Bauern, der seinen Acker aus der Bewirtschaftung nehmen und zur natürlichen Wiese umgestalten möchte.

Wie man das richtige Projekt für sich findet, erklärt Christian Hönig, Fachreferent für Baumschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), im Interview mit dem dpa-Themendienst:

Die angebotenen Blühpatenschaften sind sehr unterschiedlich angelegt. Gibt es Kriterien, auf die ich bei der Auswahl meiner Beteiligung achten sollte?

Hönig: Ich würde beachten, dass man nicht nur eine Wiese hat, sondern dass früher oder später auch eine Vernetzung vom Flächen geschieht. Denn nicht nur die einzelnen Lebensräume werden knapp, viele Insekten können auch nicht mehr von ihren begrenzten Refugien abwandern. Das gilt auch für die Pflanzen, die sich so fortpflanzen müssen. Es ist also nur begrenzt hilfreich, wenn ich zwar eine schöne Wiese für die Insekten und Pflanzen habe, die aber nicht so leben können, wie sie es gewohnt sind.

Dann ist darauf zu achten, dass die Blühangebote auf die lokale Populationen abgestimmt ist - also die lokalen Insekten genau das bekommen, was sie brauchen. Leider wird auf den Seiten der Projekte in den seltensten Fällen herausgestellt, dass darauf geachtet wird. Das sind daher Fragen, die man den Verantwortlichen stellen sollte.

Es besteht leider die Gefahr, dass solche Projekte falsch angegangen werden und fürs schnelle Geld genutzt werden. Denn so mancher Acker, den ich aus der Bewirtschaftung nehme, kann finanziert über Patenschaften bessere Preise erzielen. Da kann es natürlich sein, dass einfach nur irgendeine Saatgutmischung genutzt wird, ohne dass sich da jemand Gedanken darum macht. Das gilt übrigens auch für die Zeitpunkte der Mahden.

Randstreifen von Feldern zu Blühstreifen zu machen, ist derzeit ebenfalls beliebt. Wenn man ihre Kriterien anlegt, sind aber auch sie problematisch, oder?

Hönig: Hier hat sich leider außerdem noch gezeigt, dass die blühenden Randstreifen für Insekten sogar gefährlich sein können. Das hatte man anfangs im Naturschutz nicht auf dem Schirm. Denn werden Randstreifen von Feldern als Blühstreifen angelegt und damit Insekten angelockt, und dann im Feld daneben wie üblich weiter Pestizide und Herbizide gesprüht, sind die Randstreifen Todesfallen.

Daher: Randstreifen neben konventionellen Feldern gehen gar nicht, nur Randstreifen neben einem biologisch betriebenen Acker sind wirklich cool. Das zeigt, es ist schwer für diejenigen, die sich nicht viel damit beschäftigen, das richtige für sich zu finden.

Gibt es keine einheitlichen Standards für die Projekte, an denen man sich orientieren kann?

Hönig: Es gibt bei den Blühpatenschaften noch kaum Standards und keine Zertifikate, denn das Ganze entwickelt sich gerade erst. Fragen zu stellen ist daher wichtig. Das ist natürlich ein schmaler Grad zu "ich nerve meinen Bauern mit blöden Ökofragen", und das kann schon mal anstrengend sein.

Aber man sollte die Beteiligung nicht einfach nur als eine Art Ablasshandel sehen, sondern den Kontakt suchen und Verantwortung übernehmen. Man sollte schauen, was genau da passiert und wie gut das Projekt mit der Zeit läuft. Ziel muss auch sein, dass die Flächen lange erhalten bleiben.