Beinahe alterslos wirkt Thabo Pholwana, 48, in seiner eleganten blauen Museumsuniform. In der BallinStadt Auswandererwelt sei er „Mädchen für alles“, sagt der Museumsmitarbeiter und entblößt eine Reihe blitzend weißer Zähne. Sachkundig, mit viel Humor und Lebenserfahrung führt er seit 2007 Besucher durch die Hallen, von Hamburger Schulklassen bis zu kanadischen Reisegruppen, mal auf Deutsch, mal auf Englisch. Mit einigen sucht er auch gemeinsam nach ihren Ahnen im angeschlossenen Bereich Familienforschung. Manchmal steht er auch im Shop hinterm Tresen. Was eben so anfällt. Die Vielfalt, die er hier findet, schätzt er sehr. Pädagogische Erfahrung hat er reichlich. Unter anderem hat er zuvor die Kinder der Slomanstieg-Schule auf der Veddel in Kunst, Malerei, Musik unterrichtet. Zum Thema Auswanderung hat er einen sehr persönlichen Bezug. Pholwana wuchs in Südafrika auf. Weil er sich politisch in der Studentenbewegung gegen die Apartheid engagierte, war er 1976 gezwungen zu fliehen. Zunächst landete er in einem Flüchtlingscamp in Botsuana, schließlich bot die Otto Benecke Stiftung ihm 1979 an, mit einem Stipendium nach Deutschland zu kommen.

In Botsuana hatte er Literatur- und Theaterwissenschaften studiert, in Deutschland hängte er noch eine Ausbildung zum technischen Zeichner dran. Kurz vor seiner Abreise aus Botsuana kam ihm sein Gepäck abhanden. Nur mit einer Notausrüstung flog er Richtung Frankfurt. Doch sein Koffer kam dort nie an. Diese Gedanken bewegen ihn, wenn er im Haus 1 der BallinStadt die vielen aufeinandergeschichteten historischen Koffer betrachtet. So oft es geht, besucht der zweifache Familienvater heute seine Verwandten in Südafrika. „Aber nach Hamburg muss ich immer wieder zurück.“ Pholwana wohnte lange im Schanzenviertel, engagierte sich in der Bewegung der Roten Flora und später der Hafenstraße. Heute lebt er in Wilhelmsburg, schon immer macht er auch Musik, schreibt politische Lyrik. „Da wo ich lebe, muss ich immer auch etwas bewegen“, sagt er. Er bezeichnet es als Aufklärungsarbeit. „Wenn ich mir die Geschichten der Auswanderer im Museum anschaue, dann merke ich, dass meine Beweggründe mit denen vieler historischer Auswanderer übereinstimmen. Wir haben hier in Hamburg gerade das ungeklärte Thema der Lampedusa-Flüchtlinge. Das wird uns auf jeden Fall weiter verfolgen.“

Auch wenn Hamburg sein Zuhause ist, für die Zukunft trägt er sich mit dem Gedanken, eines Tages nach Südafrika zurückzukehren. „Ich kann mit meiner Erfahrung dort einiges bewegen.“ Albert Ballins Motto, das hoch im Eingangsbereich von Haus 1 der BallinStadt prangt, ist auch ein wenig sein eigenes Lebensmotto: „Mein Feld ist die Welt.“

BallinStadt Auswanderermuseum dauerhaft, Veddeler Bogen 2, T. 31 97 91 60, www.ballinstadt.de