Eine Nilkreuzfahrt trotz politischer Unruhen? Was Passagiere an Sehenswertem erwartet.

Die Buchungszahlen für Ägypten sind deutlich zurückgegangen, was auch die Nilkreuzfahrten betrifft. Das Auswärtige Amt rät bei Reisen nach Ägypten generell zur Vorsicht. Demonstrationen und Menschenansammlungen, insbesondere vor religiösen Stätten, Universitäten und staatlichen Einrichtungen, sollten unbedingt gemieden werden. „Luxor und Assuan wie auch der dazwischenliegende Nilabschnitt sind bisher ruhig geblieben“, heißt es jedoch auf der Website des Auswärtigen Amtes. Wen die andauernde politische Krise in Ägypten nicht schreckt, der findet jetzt viel Platz auf den Flusskreuzern und an den vor der Krise noch völlig überlaufenen historischen Stätten.

Eine Reise auf dem Nil ist der Klassiker unter den Flusskreuzfahrten schlechthin. Komfortabler kann man die Weltwunder aus der Zeit der Pharaonen nicht erleben. Doch was erwartet einen auf so einem Schiff? Zunächst einmal ein gewaltiges Panorama. Afrikas größter Strom ist die Lebensader Ägyptens. An seinen Ufern ist das Land fruchtbar und grün. Dahinter: endlose Wüste. An Bord zieht die Nillandschaft wie im Film vorbei. Kinder winken am Ufer. Frauen in bunten Gewändern transportieren Tonbehälter auf dem Kopf. In einem Palmenhain führt ein Mann seinen Esel spazieren. Szenen wie aus der Bibel.

Rund 600 Hotelschiffe verkehren normalerweise auf dem Nil, die meisten zwischen Assuan und Luxor. Eines davon ist die „Prince Abbas“, ausgestattet mit allem Komfort. 65 geräumige Kabinen, fünf Decks mit hübschen Außenpromenaden. Ein wenig nostalgisch schaut das alles aus. Wie auf einem Mississippi-Dampfer, nur ohne Schaufelrad. Im Restaurant wechseln sich allabendlich Büfett und Tischservice ab. Es gibt Salate, Pasta, Pizza, Kalbfleisch, Wolfsbarsch. Dazu Köstlichkeiten aus der ägyptischen Küche: Bohnensalat, frittierte Gemüsebällchen, Kichererbsenpüree, knusprige Lammspieße. In der Bord-Bar ist auch mal Tanzen angesagt. Der Raum ist allerdings derart tiefgekühlt, dass selbst ein Pinguin frösteln würde. Gemütlicher sind die Sonnendecks. Mit Pool, Whirlpool und Pool-Bar. Die Sofas am Schiffsheck sind eine Art ägyptische Lümmelecke mit vielen Kissen. Perfekt, um abends bei einem Gin Tonic die Sonne zu verabschieden.

80 gute Geister sind für das Wohl der Passagiere zuständig. Allesamt Männer, wir befinden uns schließlich in einem muslimischen Land. Schiffskapitän El Rais Sady hockt wie ein orientalischer Märchenerzähler auf einem Teppich, den er über seinen erhöhten Sitz am Steuerpult drapiert hat. Neben dem Radargerät liegt griffbereit der Koran. Mit Allahs Beistand befährt Herr Sady seit mehr als 20 Jahren unfallfrei den Nil und den Nassersee.

Tempel, Mumien und Pharaonengräber – jeden Tag stehen neue Landausflüge auf dem Programm. Ins Tal der Könige, zu den Tempeln von Luxor und Karnak, nach Kom Ombo, zum Philae-Tempel, zum Assuan-Staudamm. Der Reichtum an Altertümern ist schlicht überwältigend.

Das Tal der Könige, die sagenumwobene Totenstadt der Ägypter, ist das Highlight überhaupt. In versteckten Schluchten liegen die Grabhöhlen der Pharaonen, für das Leben nach dem Tod aufwendig dekoriert. So zieren das Grab von Pharao Amenophis II. atemberaubende Zeichnungen aus dem „Buch der Unterwelt“. Die berühmteste Totenstätte ist das Grab des Tutenchamun. Wichtig zu wissen: Bei fast allen Altertümern wird in Ägypten kräftig abkassiert. Darum schon bei der Buchung der Kreuzfahrt darauf achten, dass bei den Ausflügen auch die Eintrittspreise enthalten sind.

In Luxor sind der riesige Tempelkomplex von Karnak mit seinen Säulengängen, der Luxortempel und das Museum für altägyptische Kunst ein Muss. Wunderschön auch die Corniche – die Uferpromenade mit vielen Geschäften und bunten Pferdekutschen. Zur alten Pharaonen-Hauptstadt Theben gehört wie Luxor auch der imposante Terrassentempel von Königin Hatschepsut.

Endpunkt der meisten Nilkreuzfahrten ist Assuan. Denn nur wenige Kilometer weiter südlich wird der Fluss zum Nassersee, dem zweitgrößten Stausee der Welt. Nicht verpassen: einen Ausflug zur Insel Elephantine. Mit einer Feluke, dem klassischen ägyptischen Segelboot. Umwerfend romantisch. Gönnen sollte man sich auch einen Drink auf der Terrasse des Hotels Old Cataract. Hier ersann Agatha Christie einst ihren Roman „Tod auf dem Nil“. Geradezu märchenhaft ist der Ausblick auf Elephantine und das Aga-Khan-Mausoleum. Vor allem bei Sonnenuntergang.

Nur ganz wenige Passagierschiffe kreuzen auf dem Nassersee, auch „Nubisches Meer“ genannt. Von Assuan nach Abu Simbel. Fast 500 Kilometer Traumreise mit Indiana-Jones-Feeling. Denn die phänomenalen Tempelanlagen an den Ufern sind meist nur vom Wasser aus zu erreichen. Wie der geheimnisvolle Tempel Wadi el Sebua. Eine Kultstätte mitten im Nirgendwo. Wer von dort aus den zehnminütigen Fußweg durch den Wüstensand zu den Tempeln von Dakka, Aamada und Kasr Ibrim scheut, kann das Kameltaxi nehmen. Die Besitzer, Beduinen, sind gegen ein Bakschisch gern behilflich. Aber Achtung: Ein Kamel geht in der Wüste ab wie Schmidts Katze. Nach dem Ritt ist der eine oder andere doch etwas bleich um die Nase. Und was ist mit einem erfrischenden Bad? Keine Chance: Im bis zu 1000 Meter tiefen Nassersee tummeln sich jede Menge Krokodile. Von Bord aus sieht man sie auf Sandbänken in der Sonne dösen.

Beeindruckender als mit dem Schiff kann man sich den weltberühmten Felsentempeln von Abu Simbel nicht nähern. Man steht staunend an der Reling – und die vier 20 Meter hohen Kolossalstatuen von Ramses II. scheinen einem entgegenzuwachsen. Da kann man sie fast körperlich spüren, die unglaubliche Macht der Pharaonen.

Ramses II. war der letzte große Herrscher im alten Ägypten. Er regierte fast 67 Jahre – für antike Verhältnisse ungeheuer lange. In seinen 90 Lebensjahren soll er mehr als 100 Kinder gezeugt haben ...