An der Hochschule studieren 2150 Vollzeitstudierende aus anderen Ländern. Sie loben vor allem den Praxisbezug in ihren Studienfächern

Internationale Flaggen über den Tischen, darum junge Studenten aus der ganzen Welt, darauf Leckereien aus aller Herren Ländern: Es ist Welcome Dinner in der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) – das bringt Vielfalt ins Büfett. Von würzigen Teigtaschen aus Indien, Spicy Samosas, wie eine beiliegende Karteikarte verrät, bis zu buttrig-britischen Afternoon Tea Scones oder französischem Käse mit Baguette ist alles vertreten.

„Ich habe Sirniki gemacht“, verrät Daryna Andreieva. „Das ist eine Süßspeise aus Mehl und Quark, die in der Pfanne gebacken und mit Schmand und Honig serviert wird.“ Eine Spezialität aus der Ukraine, die es in sich hat. Aber es geht nicht um Kalorien, wenn Hunderte Studierende aus der ganzen Welt zusammensitzen, speisen und sprechen. Es geht um Kultur und Kulinarik, Hamburg und die HAW.

Die Hochschule vermittelt Praxis, Training und Fertigkeiten für den Job

„Über das Essen kriegt man sie alle“, sagt Ralf Behrens, Leiter des International Office, das die Veranstaltung organisiert hat. Als das International Office noch Akademisches Auslandsamt hieß, gab es längst nicht so viele ausländische Studierende an der HAW. Inzwischen sind es rund 2150 Vollzeitstudierende. Daryna Andreieva ist eine von ihnen. In der Südukraine hat sie zunächst den Studiengang Fremdsprachen und Weltliteratur belegt. Dann wollte sie ihre Deutschkenntnisse verbessern und übernahm eine Au-pair-Stelle in Hamburg. Inzwischen studiert die 23-Jährige an der HAW European Computer Science, ein Bachelor-Studiengang, der für internationale IT-Projekte ausbildet.

„Ich wollte mich weiterentwickeln“, erklärt Andreieva ihren Wechsel in die Informatik. Ein Bereich, der Zukunft habe, ihr Spaß mache, aber auch viel Disziplin verlange. „Einmal war ich kurz davor aufzugeben“, gesteht sie. Aber dann waren da die netten Jungs aus dem Studiengang, die ihr alle weiterhalfen. „Ich habe die ganze Zeit gelernt und viel gefragt. Irgendwann hat es dann auch geklappt.“ Nicht nur mit guten Ergebnissen, sondern auch mit einem Stipendium, das der jungen Ukrainerin und ihren Eltern den Druck nimmt. „Ich kann nicht nebenbei arbeiten, das Studium ist wichtiger.“

Dabei sind es nicht nur die Inhalte, die Hamburg von Krywyj Rih unterscheiden, wo Andreieva an der pädagogischen Hochschule studierte. „Die Studenten können hier ganz locker mit den Profs reden und ihre Meinung äußern – sogar wenn diese mit der Meinung des Professors nicht übereinstimmt. In der Ukraine sind die Studenten nicht so befreit.“ Zudem biete die HAW besonders viel Praxiswissen, lobt die angehende Programmiererin.

Damit ist sie nicht allein: „Verglichen mit meinem vorangehenden Studium, vermittelt die HAW mehr Praxis, mehr Training und die Fertigkeiten, die ich später in meinen Job als Biotechnologe benötigen werde“, sagt auch Vignesh Rajamanickam. Nach seinem Bachelorstudium in Chennai, in Südostindien suchte der Inder einen Masterstudiengang, der seine Karriere in der Forschung begründen sollte. Er wählte den internationalen Masterstudiengang Pharmaceutical Biotechnology am Bergedorfer Standort der HAW. „Die Labore sind hoch entwickelt, die Vorlesungen interessant, und es gibt hier keine Studiengebühren“, sagt Rajamanickam.

190 Kooperationen hat die HAW mit anderen Hochschulen weltweit

Dennoch war es für den 23-Jährigen nicht immer leicht, sich hier einzuleben. Das Leben sei in Hamburg nicht nur viel teurer als in Indien, das Studium sei auch ganz anders, gerade die Prüfungen. „In Indien hatte ich nie Prüfungsaufgaben, bei denen mehrere Lösungen möglich waren. Die Fragen waren direkter und ohne Fallstudien.“ Geholfen haben Freunde und sogenannte „Buddys“. Das sind höhere Semester, die den ausländischen Studienanfängern erklären, wie das Studium und die Stadt funktionieren. „Ich lernte, wo ich ein Telefon, Kleidung und indische Lebensmittel kaufen konnte“, sagt Rajamanickam. Schon in seinem zweiten Semester meldete er sich selbst als Buddy und half einem russischen Studenten, in Hamburg heimisch zu werden.

Nehmen und zurückgeben, das ist die Idee hinter dem Buddy-Programm, sagt Ralf Behrens. Wobei die Betreuung ausländischer Studierender nur eine Säule im International Office darstellt. Die zweite ist die Betreuung der HAW-Studierenden, die für Praktika oder Studiensemester ins Ausland gehen, die dritte Säule ist der Ausbau der internationalen Kooperationen. „Die HAW Hamburg hat Kooperationen mit 190 Hochschulen weltweit“, sagt Behrens. Darunter so etablierte wie die mit der University of Shanghai for Science and Technology (USST), die bald 30 Jahre besteht und das Shanghai-Hamburg College hervorgebracht hat. Chinesische Studierende erhalten dort einen deutsch-chinesischen Bachelorabschluss in den Studienrichtungen Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaft.

Vor einem Jahr reiste Helmut Laberenz, Vizepräsident der HAW, nach Shanghai, um internationales Marketing zu unterrichten. Im Gegenzug nahm der Professor für Betriebswirtschaftslehre neue Erfahrungen über eine andere Kultur und den chinesischen Markt mit zurück. „Die chinesischen Studierenden sind sehr engagiert, was ihr Studium betrifft, aber zurückhaltend mit ihrer Meinung. Es war schon eine große Herausforderung, Diskussionen zu planen“, sagt der Professor. Die Auslandstätigkeit sei eine besondere Erfahrung, von der auch die Studierenden in Hamburg profitieren können.

„Alle Absolventen der HAW werden in internationalen Zusammenhängen arbeiten. Entweder in Hamburg oder im Ausland“, sagt Laberenz. Der Austausch nehme zu. „Allerdings kriegen wir keine zusätzlichen Mittel.“