Die Schau “Besser scheitern“ widmet sich der Produktivität des künstlerischen Neuversuchs

"Scheitern als Chance" proklamierte im Jahr 2000 Christoph Schlingensief. Das war nicht nur ironisch, sondern durchaus produktiv gemeint. Denn im Scheitern verbirgt sich stets auch ein Gewinn von Erkenntnis. Vor allem in der zeitgenössischen Kunst zeigt sich das Scheitern als attraktives Motiv, thematisiert es doch gleichzeitig den Schaffensprozess des modernen Künstlers.

Die Hamburger Kunsthalle geht diesem Phänomen jetzt nach und präsentiert unter dem Titel "Besser scheitern" Filme und Videos aus den letzten fünf Jahrzehnten. Mit 17 Positionen von Bruce Nauman über Vito Acconci und Tacita Dean bis Rineke Dijkstra.

Dem künstlerischen Scheitern in der Kunsthalle nachzuspüren ist nicht ohne Hintersinn. Hier hatte sich bekanntlich gerne und oft Samuel Beckett aufgehalten, der mit seinem Credo "Wieder versuchen/Wieder scheitern/ Besser scheitern" nicht nur Namensgeber des Ausstellungs-Titels, sondern auch prominenter Verfechter eines modern-produktiven Scheiterns ist. Die Auswahl zeigt nun bekannte wie weniger bekannte Exemplare dieses modernen Unternehmens. Bas Jan Ader erfuhr das Scheitern am eigenen Leib, als er 1975 für die Vollendung seiner Arbeit "In Search of the Miraculous" in See stach und nicht wiederkehrte. Von ihm stammen die Filme "Fall 1" und "Fall 2". Fallen (falling) und Scheitern (failing) hatte Ader mehrfach in Verbindung gesetzt. Bekannt auch Francis Alÿs "Rehearsal I" (1999-2004), in dem analog zur Sisyphos-Erzählung ein VW-Käfer beim Erklimmen eines Hügels mehrfach scheitert. In guter Erinnerung dürfte vielen Peter Fischli & David Weiss' "Der Lauf der Dinge" (1986-1987) sein. Die absurde Kettenreaktion aus etlichen Experimentalvorrichtungen klappt zwar reibungslos. Doch offenbart sie sich als Abfolge eines ziellosen Vorankommens.

Gillian Wearings "Prelude" (1999) umkreist das Thema der Trunkenheit, geht dem Leben einer Alkoholikerin vor und nach ihrem Tod nach. Christoph Schlingensief zeigt anhand seines Loops "Siegfrieds Sturz" (1999), dass auch das "Wissen um den Verlust" bereichernd sein kann. Und Marina Abramovic erfährt in ihrem Video "Art must be beautiful, Artist must be beautiful" (1975) am eigenen Leib, dass die Verfolgung von Schönheitsidealen zu konsequenter Selbstzerstörung führt.

"Besser scheitern. Film + Video" 1.3. bis 11.8., Hamburger Kunsthalle, Galerie der Gegenwart, Sockelgeschoss, Glockengießerwall, Di-So 10.00-18.00, Do 10.00-21.00