Eine klingende Spurensuche in zwei Programmen

Im Zeitalter der weltweiten Vernetzung scheinen die Grenzen zwischen Ländern und deren kulturellen Traditionen immer mehr zu verschwimmen. Und doch haben manche nationalen Eigenheiten Bestand. Unsere französischen Nachbarn gelten, zum Beispiel, noch immer als Volk der Genießer.

Der französische "goût" lässt sich natürlich beim Essen und in der Qualität des Weines nachschmecken, er spiegelt sich aber auch in der Musik: in deren klanglicher Raffinesse, in einer Vorliebe für kunstvolle Verzierungen und nicht zuletzt in einem funkelnden Farbreichtum, der viele Werke ganz unterschiedlicher Komponisten prägt. Das NDR Sinfonieorchester beleuchtet diesen Farbzauber mit zwei verschiedenen Programmen und Dirigenten.

Im Februar unternimmt Lawrence Foster eine Entdeckungsreise zu - hierzulande - eher selten gespielten Werken des französischen Repertoires. Das Konzert beginnt mit Gabriel Faurés Suite zu "Pelléas et Mélisande", zu der den Komponisten das gleichnamige Drama des Belgiers Maurice Maeterlinck inspirierte.

Mit gedeckten Tönen und sanft schimmernden Harmonien schafft der Komponist eine melancholische Stimmung und entführt den Hörer in jenen Wald, in dem sich Mélisande verirrt hat. Dagegen bildet die "Sicilienne" einen starken Kontrast, mit hellen Farben und elfenhaftem Charme. Kein Wunder, dass es dieser Satz als Einzelstück bis in die Klassik-Charts geschafft hat.

Eine ähnlich schwebende Atmosphäre verströmt das Adagio des G-Dur-Klavierkonzerts von Ravel. Er ist der Ruhepol zwischen zwei Rahmensätzen, die impressionistische Farben mit Elementen des Jazz vermischen und vor Virtuosität förmlich überschäumen. Ein gefundenes Fressen für den tausendfingrigen Tastenwirbler Arcadi Volodos. Der russische Pianist lebt in Paris, vielleicht hat er deshalb ein besonderes Faible für französische Klangfarben.

Mit denen malte auch Paul Dukas, der Lehrer von Claude Debussy. Dukas' Sinfonie C-Dur betört den Hörer mit ihrem Wechsel von weichen Pastelltönen und festlich glitzerndem Glanz. Sie bildet den Abschluss des Konzerts unter Leitung von Lawrence Foster.

Knapp zwei Monate später tritt der schottische Maestro Donald Runnicles ans Pult des NDR Sinfonieorchesters - und auch er hat einige weniger bekannte Werke französischer Komponisten im Gepäck (5.4., 20.00, Laeiszhalle).

Runnicles beginnt sein Programm mit "Les Offrandes oubliées" ("Die vergessenen Opfergaben"), dem ersten Orchesterwerk von Olivier Messiaen. Es offenbart bereits zwei Wesensmerkmale seines Schaffens: die tiefe Verwurzelung im katholischen Glauben und eine gewaltige Klangfarbenpracht.

Wie Messiaen schätzte auch sein Landsmann Ernest Chausson satte Harmonien, in denen bei ihm allerdings manchmal unverkennbar eine Liebe zu Wagner nachglühte. So auch in seinem "Poème de l'amour et de la mer" auf Texte des symbolistischen Dichters und Chausson-Freundes Maurice Boucher. Solistin dieses spätromantischen Stücks aus dem Jahr 1890 ist die Mezzosopranistin Angela Brower.

Sie gestaltet auch den Liedzyklus "Shéhérazade" von Maurice Ravel. Der baskische Komponist fungiert als Schnittstelle zwischen den beiden Programmen und verbindet die französische Farbfreude immer wieder mit anderen Einflüssen. In seinen Orchesterstücken "Alborada del gracioso" und "Rapsodie espagnole" blickt er ins Nachbarland Spanien, wo seine Mutter ihre Jugend verbracht hat. Auch dort haben manche nationale Eigenheiten Bestand, zumindest in der Musik. Und das ist auch gut so.

"Symphonie française" 14.2., 20.00, 17.2., 11.00, Laeiszhalle

"Rapsodie espagnole" 5.4., 20.00, Laeiszhalle

Karten zu 10,- bis 46,- unter T. 0180/178 79 80 oder www.ndrticketshop.de