Auf einem Megaliner mit mehr als 4000 Passagieren lebt es sich wie in einer Kleinstadt - nur wesentlich entspannter

Mein Schiff sah selbst aus einiger Entfernung noch riesig aus. Ich stand auf dem Montjuïc und betrachtete mit einem leicht mulmigen Gefühl die "Norwegian Epic", die für die nächsten drei Tage mein Zuhause werden sollte. Wie es sich für einen Megaliner gehört, überragte er alles, was sonst noch im Hafen von Barcelona lag.

4100 Passagiere kann die "Epic" aufnehmen, dazu kommen noch 1753 Crewmitglieder. Damit tummeln sich in der Regel mehr als 5800 Menschen an Bord dieses Schiffes. Zum Vergleich: Die Mosel-Kreisstadt Cochem zählt knapp 5000 Einwohner.

Bislang hatte ich mich nur auf kleinere Kreuzfahrtschiffe getraut und war gespannt, wie die Logistik auf einer schwimmenden Kleinstadt funktioniert. Wie läuft das Einchecken bei einer solchen Menschenmenge ab? Wie werden Ausflüge umgesetzt? Stapeln sich die Gäste vor den Restaurants, und kämpfen sie um Sonnenliegen? Fühlen sich Alleinreisende verloren?

Das Einchecken dauerte inklusive Ausweiskontrolle und Ausstellen des Bordausweises keine zehn Minuten. Davon träumt man bei der Flughafen-Abfertigung nur. Zur Begrüßung gab es schnell noch einen Sprühstoß aus der Desinfektionsflasche.

An Bord des voll besetzten Schiffes kam nicht das Gefühl auf, mit Tausenden von Menschen unterwegs zu sein. Auf wundersame Weise verteilten sich die Passagiere auf alle Etagen, immer war irgendwo eine Liege frei. Selbst bei der Sailaway Party im Pool-Bereich oder zur obligatorischen Rettungsübung trat man sich nicht auf die Füße.

Die Schiffe der Norwegian Cruise Line fahren unter dem Motto "Freestyle Cruising". Der Gast soll selbstbestimmt entscheiden, welche Aktivitäten er wahrnimmt. Eine Kleiderordnung gibt es dabei nicht wirklich, nur die Bitte, nach 17 Uhr keine Flipflops und Basecaps in den Restaurants zu tragen.

Einen guten Überblick geben halbstündige Bordführungen, die in vielen Sprachen angeboten werden. Ich folgte mit circa 20 anderen Deutschen unserer Gästebetreuerin, die das Theater, in dem die Blue Man Group auftritt, das Casino und die wichtigsten Restaurants (insgesamt 20) und Bars vorstellte, unter anderem auch eine Eis-Bar, in der bei minus acht Grad Celsius in Pelzmänteln Cocktails geschlürft werden.

Ganz anders an Deck. Hier liegt es sich auch Ende Oktober gut - bei lauschigen 26 Grad und Sonnenschein. Kinder quietschen glücklich im Aqua Park und fahren auf drei unterschiedlichen Wasserrutschen (die längste misst 61 Meter) in die Pools. Ein Highlight ist die zehn Meter hohe und 20 Meter breite Kletterwand. Ruhig geht es im gut 2800 Quadratmeter großen Spa-Bereich zu. Der Besuch ist nicht im Reisepreis enthalten, kann aber tage- oder wochenweise dazugebucht werden.

Verführung pur war das gastronomische Angebot. In den vier Hauptrestaurants, je zwei mit Buffet, zwei mit Platzierung und Speisekarte, gab es von Hummer bis Hotdogs für jeden Geschmack etwas. Zusätzlich gab es auch einige Restaurants mit Zuzahlung (zehn bis 25 Dollar), darunter ein Steakhaus und ein französisches Restaurant.

Buchungen für Spezialitätenrestaurants, Theatervorstellungen oder Ausflüge kann der Gast auf der "Norwegian Epic" beim Personal vornehmen, aber auch mit seiner Bordkarte an Automaten, die über das Schiff verteilt sind, oder über den Kabinen-Fernseher. Hier kann er sich auch über seinen Kontostand informieren. So spart er sich das Auschecken, nicht aber das allerletzte "Zisch" aus der Desinfektionsflasche, mit der emsige Crewmitglieder stets und ständig Hände ansprühen.

"Norwegian Epic", Norwegian Cruise Line (USA), BJ 2010, 155 873 RRZ, 329 Meter Länge, 40 Meter Breite.

Routenbeispiel 2012: Sieben Nächte westliches Mittelmeer: Civitaveccia (Rom) - Livorno (Florenz), Villefranche (Nizza), Marseille (Aix en Provence), Barcelona, Neapel, Civitaveccia. Mai bis Oktober. Innenkabine 649 Euro, Balkonkabine 889 Euro.

Die beschriebene Reise wurde unterstützt von Norwegian Cruise Line.