Tonja Zeller machte 2005 ihren Abschluss an der HAW und wurde seitdem mehrfach ausgezeichnet. Die Designerin steht für Klarheit.

Kühl könnte sie wirken mit den zurückgekämmten Haaren, dem schwarzen Look und der strengen Brille. Aber in Wirklichkeit ist es Klarheit, die Tonja Zeller mit jeder Faser ausdrückt: "Es ist wichtig, eine eigene Designsprache zu finden und ihr treu zu bleiben." Die 40-Jährige hat ihre Sprache gefunden. Leise scheint sie zu sein, wertig und stilvoll ebenso. "Meine Modelle zeichnen sich durch Zurückgenommenheit aus. Sie sind puristisch, aber im Detail sehr ausgearbeitet. Durch die Schnittführung wirken sie auf subtile Art eher auf den zweiten Blick", beschreibt die Designerin ihren Stil, für den sie bereits mehrfach ausgezeichnet wurde.

Das Preisgeld vom "Innovationspreis Textil + Mode 2008" brachte ihr das Startkapital ein, um ihren Showroom an der Elbchaussee zu eröffnen. Inzwischen hat sie sich hier einen treuen und wachsenden Kundenstamm aufgebaut. "Wer versucht, Trends hinterherzulaufen und auf jeder Hochzeit zu tanzen, läuft Gefahr, sich zu verzetteln." Sich auf einen einzigen Stil zu konzentrieren schaffe dagegen den nötigen Wiedererkennungswert, erfordere aber auch manchmal Nerven, räumt sie ein. "Natürlich fragen wir uns gerade am Anfang oft: Mache ich das Richtige?"

Den Grundstein zu ihrer Karriere legte die gebürtig aus Kassel stammende Zeller mit einer einjährigen Ausbildung zur Schnittdirektrice an der Akademie Mode & Design. Darauf folgte der Studiengang Modedesign an der HAW Hamburg. 2005 machte sie hier ihren Abschluss und blieb der Hochschule noch als Gastdozentin verbunden.

"Der Umgang mit den Studenten hat viel Spaß gemacht, vor allem ihre Hingabe und Begeisterung zu erleben." Eigenschaften, die später im Beruf wichtig seien, meint Zeller. Besonders für diejenigen, die sich als Designer einen Namen machen wollen. "Selbstständigkeit ist immer eine Herausforderung, die viel Idealismus und Enthusiasmus erfordert", sagt Zeller. Dafür erlaube ihr das Dasein als selbstständige Designerin, in der Entwicklung ihrer Mode allein ihren eigenen Vorstellungen und Ansprüchen zu folgen. Und auf höchste Qualität zu setzen. "Darin liegt für mich der Luxus meiner Selbstständigkeit: mit schönen Materialien wie edlen Wollstoffen oder Seide umgehen zu dürfen und diesen enormen Facettenreichtum genießen zu können."

Die Designerin liebt es, auf Stoffmessen zu gehen. Zurück im heimischen Atelier ist die Schneiderpuppe ihr wichtigstes Werkzeug, weniger der Zeichentisch. "Der erste Ansatz ist immer das Material, der zweite die Entwicklung der Linie an der Puppe. Das Ziel ist immer Harmonie zwischen Material und Puppe. So entstehen meine Modelle." Eine Kollektion pro Jahr entsteht auf diese Weise, denn obwohl sie sich inzwischen einen Namen gemacht hat, ist "Tonja Zeller" noch ein kleines Label. "Natürlich möchte ich wachsen, schon um mehr Spielraum bei der Verwirklichung meiner Kollektionen zu haben. Um nicht mehr so eng kalkulieren zu müssen und flexibler in der Kooperation mit Partnern zu sein", sagt sie. Und betont, wie fantastisch es wäre, ein bekannter internationaler Name zu sein. "Aber Mode ist ein sensibles Geschäft, und mein nächstes Ziel ist es erst einmal, konjunkturunabhängig bestehen zu können."

Das klingt realistisch. Zeller sieht sich jedoch vor allem als optimistischen Typ. "Das ist auch nötig, denn in unserem Metier brauchen wir einen langen Atem und eine ordentliche Portion Beharrlichkeit. Man darf nicht gleich hinter jedem Problem das endgültige Scheitern vermuten." Arbeitet sie dafür rund um die Uhr? Keineswegs, winkt sie ab. "Ich lasse meinen Tag ruhig angehen, genieße mein Frühstück und arbeite lieber in den Abend hinein. Das ist ein weiterer Luxus der Selbstständigkeit: sich die Zeit einigermaßen autonom einteilen zu können und kreativ zu sein, wenn die Stimmung danach ist."

Stimmen muss für sie auch die Balance zwischen Arbeit und Privatleben. "Dafür schaffe ich mir den nötigen Freiraum. Ich entspanne gern bei einem guten Hörbuch." Auch Filme faszinieren Tonja Zeller. Besonders schätzt sie Werke mit Claude Chabrol. Die Ästhetik des Nouvelle Vague oder auch des Film Noir versetzen sie in eine Zeit, die sie inspirierend findet und ein Stück weit in ihren Stil einfließen lässt: "Es ist gerade dieses Gutgekleidete der 40er-Jahre, das auch meine Kundinnen suchen: ein schönes Kleid zu tragen, ohne gleich die große Geste damit auszudrücken. Eben alltagstaugliche Eleganz."