Eine sechsfache Mutter und Hartz IV-Empfängerin über die ständige Angst vor Ablehnung

Gudrun Toporan-Schmidt (47) wohnt mit ihren jüngsten Töchtern Anchali (6) und Alina (14) in Neuenfelde. Insgesamt hat die alleinerziehende Mutter sechs Kinder; vier sind erwachsen. Seit drei Jahren ist die gelernte Lebensmittelfachverkäuferin arbeitslos gemeldet, seit ihrer Scheidung 1993 bekommt sie Sozialleistungen vom Staat, derzeit Hartz IV. Bei der Wilhelmsburger Tafel arbeitet sie als "Ein-Euro-Jobberin":"Ich empfinde meine ganze Lebenssituation als beschämend, vor allem, weil ich keine richtige Arbeitsstelle habe. Immer fürchte ich, dass jemand mich fragt, was ich mache und dann auf mich runter schaut. Mir graut auch schon davor, wenn meine Kleine in der Schule erzählen soll, welchen Beruf ich habe. Ich meide den Kontakt zu den anderen Eltern. Bald steht eine Klassenreise an, die kann Anchali nur mitmachen, wenn ich ein Kreuz bei Hartz IV mache, das schmerzt. Ebenso, dass sie keinen Schulranzen von Scout hat, wir haben einen gespendeten. Als sie mich fragte, ob ich traurig sei, dass ich ihr keinen kaufen konnte, wollte ich vor Scham im Boden versinken.

Anchali merkt langsam, dass wir arm sind, denn ich muss oft sagen, dass wir uns Sachen nicht leisten können. Aber ich kann ihr nun mal nichts bieten, außer Liebe, aber das ist auch was, oder?

Meine große Tochter hatte nur einen Wunsch: Sie wollte einmal in Urlaub fahren, nicht immer nur zuhause sein. Ich habe bei der Bank wegen 300 Euro Kredit nachgefragt - per E-Mail. Hat nicht geklappt, aber ich habe mich nicht getraut, persönlich vorbei zu gehen. Ich wollte einfach keine Absage kassieren. Das ist für mich das Schlimmste, ein Nein. Deswegen zögere ich Bewerbungen um einen Job auch raus, ich habe einfach Angst, abgelehnt zu werden. Jeder Gang zum Amt ist beschämend, das Betteln um Geld, die vielen Fragen, die tun gerade so, als müssten sie persönlich für mich bezahlen. Mein größter Wunsch? Endlich Teil der Gesellschaft zu werden. Aber wer will mich mit 47 noch haben?"