Die Metropole Paris steht im Zentrum einer Fotoausstellung mit 400 Werken

Schimmerndes Kopfsteinpflaster in der Dunkelheit, Lichter im Nebel über der Seine, ein über und über mit Schmuck behängter Transvestit in einer Bar, Liebespaare, Laternenanzünder - in Brassais Aufnahmen des nächtlichen Paris aus den späten 1920er-Jahren verdichtet sich die Atmosphäre der Stadt. Sein Freund Henry Miller, mit dem der gebürtige Ungar gern durch die nächtliche Metropole streifte, nannte ihn in einem Aufsatz "The eyes of Paris".

An Millers Formulierung knüpft der Titel einer großen Ausstellung im Haus der Photographie an. Die Schau "Eyes on Paris. Paris im Fotobuch 1890 bis heute" unternimmt mit 400 Werken bedeutender Fotografen einen Spaziergang durch die Stadt und durch die Kunst- und Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Neben Brassais berühmter Serie "Paris de nuit" sind Werke von Klassikern wie Eugène Atget, René Burri, Henri Cartier Bresson, André Kertész, El Lissitzky oder William Klein und zeitgenössischen Künstlern wie Andreas Gursky, Candida Höfer und Bettina Rheims zu sehen. Einen zentralen Platz in der Schau nehmen 150 Fotobücher und Mappenwerke ein. Viele davon selten und sehr wertvoll.

Wohl kaum eine andere Stadt ist so häufig fotografiert worden wie Paris. Unzählige Fotobände beleuchten sie. Der Münchner Kurator Hans-Michael Koetzle hat die wichtigsten Bilder und schönsten Bücher für die Ausstellung zusammengetragen und aus seiner eigenen Sammlung beigesteuert. Die Schau erzählt, wie Künstler - Franzosen oder Immigranten - die Stadt gesehen und erlebt haben. Und natürlich weitet sich der Blick weit über weithin Vertrautes wie Eiffelturm, Clochards oder Seine-Angler hinaus.

Als Kunstwerk von ganz eigener Natur hat zweifellos Eugène Atget (1857-1927) die Stadt aufgefasst. Der Ahnherr der Fotografie dokumentierte in Bildern von hoher Intensität Zeugnisse der kulturellen Vergangenheit aber auch Kuriositäten. Die Fotografin Germaine Krull (1897-1985) nimmt in ihrem Bildband "100 x Paris" aus dem Jahr 1929 auf neue, kühne Art die Errungenschaften des Fortschritts ins Visier. Brassai (1899-1984), mit bürgerlichem Namen Gyala Halász, bewerkstelligte als einer der Ersten die damals schwierige Technik der Fotografie bei Nacht. In den 1950er-Jahren schließlich gelangt der Niederländer Ed van der Elsken (1925-1990) mit seinem Fotobuch "Liebe in St. Germain des Près" zu internationalen Ruhm.

Israelis Bidermanas (1911-1980), genannt Izis, dagegen gilt als Beispiel für einen Künstler, der bis heute nicht den ihm gebührenden Platz einnimmt. Er gilt als Träumer und stiller Poet. Zu den Vorzügen der Schau gehört, dass sie auch Werke weniger berühmter Künstler zeigt, die zu entdecken sich lohnt. Für die Gegenwart ist das etwa Andréas Lang (geb. 1965), der einen Zigeunerzirkus in Paris porträtierte. Seine Arbeiten stehen neben jenen von Bettina Rheims oder Andreas Gursky.

Eyes on Paris. Paris im Fotobuch 1890 bis heute 16.9.2011 bis 8.1.2012, Haus der Photographie/Deichtorhallen, Deichtorstraße 1-2, Di-So 11.00-18.00, jeden ersten Do 11.00-21.00, Katalog 49,90