Die Kunsthalle Bremen präsentiert sich neu

Zwei Jahre lang musste das traditionsreiche Museum geschlossen bleiben, doch nach einer tief greifenden Sanierung, Modernisierung und Erweiterung präsentiert sich die Kunsthalle Bremen ihren Besuchern jetzt so großzügig, modern und anspruchsvoll wie nie zuvor. "Aufgeschlossen!" heißt das Motto der Eröffnungsphase, in der die Kunstliebhaber eingeladen sind, ihr Haus neu in Besitz zu nehmen und alte und neue Bereiche zu erkunden.

Am Anfang steht die Wirkung der Architektur im Mittelpunkt, der Zusammenklang von historischer Substanz und neuen Räumen, von vertrauten Situationen und neuen Sichtachsen, seit Langem vorhandenen Interieurs wie etwa dem Kupferstichkabinett und jenen Räumen, die völlig neu entstanden sind und nun mit dem historischen Bestand des 1849 von dem Bremer Architekten Lüder Rutenberg errichteten Gründungsbaus korrespondieren.

Jetzt, wo die Kunsthalle noch weitgehend leer steht und erst nach und nach wieder mit etwa 2000 Gemälden und Skulpturen, 200 000 Werken auf Papier und mehr als 100 000 Büchern gefüllt werden wird, ist sie auf einzigartige Weise als Raumkunstwerk zu erleben. Dabei wird deutlich, wie respektvoll, behutsam und zugleich selbstbewusst das Berliner Büro Hufnagel Pütz Rafaelian Architekten den Altbau saniert und mit zwei neuen Gebäudeflügeln verbunden hat. 30 Millionen Euro hat das Projekt gekostet, das im Sommer 2009 begann.

Dass von diesem Zeitpunkt an der Kunst in Bremen eine große Bühne bereitet wurde, teilte das Museum dem Rest des Landes mit einem genialen Schachzug mit, der zugleich eine generöse Geste war: Etwa 200 Meisterwerke aus dem Bremer Bestand verschwanden während der Umbauzeit nicht im Depot, sondern wanderten als eine Art Kulturbotschafter zu 20 deutschen Kunstmuseen, wo sie als "noble Gäste" begrüßt und von einem großen Publikum bewundert wurden. Die Hamburger Kunsthalle, die ihrem Bremer Schwestermuseum schon immer eng verbunden ist, erhielt fünf impressionistische Spitzenwerke für die Dauer von zwei Jahren als Leihgabe, darunter Vincent van Goghs 1889/90 entstandenes "Mohnfeld" und das "Junge Mädchen im Atelier" von Henri de Toulouse-Lautrec.

Bis diese "noblen Gäste" mit all den anderen Werken in ihre erneuerte Heimat zurückgekehrt sind, werden noch einige Wochen vergehen, doch schon jetzt haben die Besucher die Chance, herausragenden Kunstwerken zu begegnen. Spektakulär ist die von dem amerikanischen Lichtkünstler James Turrell eigens für die Kunsthalle konzipierte Installation "Above, Between, Below". Sie erstreckt sich auf drei direkt übereinander liegende Lichträume, die eigens für dieses dauerhaft angelegte Projekt geschaffen wurde. "Der Besucher erlebt in diesen Lichträumen eine neue Dimension der Kunst und zugleich die Ewigkeit des Universums", schwärmt Bremens Museumschef Wulf Herzogenrath über das Werk von Turrell. Es stellt eine Verbindung zwischen dem Sternenhimmel der Antipoden und dem realen Bremer Himmel her, der sich durch eine ovale Dachöffnung beobachten lässt.

Ebenfalls in die neue Architektur integriert sind zwei Werke von Wolfgang Hainke und Joachim Manz sowie ein Licht- und Klangraum von John Cage. Die erste temporäre Ausstellung bestreitet die 1962 in St. Gallen geborene Medienkünstlerin Pipilotti Rist. "Ruhig durch die Wände" heißt die Schau mit neuen Arbeiten, in denen sie sich mit inneren und äußeren Räumen auseinandersetzt.

In den ersten Wochen dürften die Besucher viel Aufbruchsstimmung zu spüren bekommen. Unübersehbar ist die Melange von Alt und Neu, die auch im recht coolen Museumsrestaurant zum Ausdruck kommt. Es heißt Canova nach dem Bildhauer Antonio Canova (1757-1822), dessen Marmorskulptur "Psyche" zu den populärsten Werken der Kunsthalle zählt. Wenn am 15. Oktober mit "Edward Munch - Rätsel hinter der Leinwand" die erste Großausstellung startet, dürfte das kreative Chaos vorüber sein und jedes Werk seinen Platz gefunden haben.

Kunsthalle Bremen Am Wall 207, Mi-So 10.00-18.00, Di 10.00-21.00