Einst war die Deponie Georgswerder dioxinverseucht. Im Rahmen der Bauausstellung (IBA) wird der Hügel zum neuen Ausflugsziel in Hamburg

Wandel ist möglich. Das zeigt kaum ein Projekt in Hamburg so deutlich wie der Deponiehügel Georgswerder. Wo einst giftige Altlasten lagerten, entsteht nun der Gipfel erneuerbarer Energien. Durch Windkraft und Sonnenenergie sollen künftig fast 3000 Haushalte der Elbinsel von hier aus mit Strom versorgt werden. Am Fuß des 40 Meter hohen Hügels entsteht zurzeit das Betriebs- und Informationsgebäude. Ziel der Stadt ist es, den einst "hoch problematischen Standort zu einem Ort des Lernens und Erlebens" zu machen. Und damit beginnt die Stadt schon sehr bald: Am 20. August wird das Ausstellungszentrum mit einem Tag der offenen Tür und einem "Bergfest" für die Bevölkerung eröffnet.

Rückblick: Zwischen 1948 und 1979 wurde auf der Elbinsel Wilhelmsburg zunächst Trümmerschutt, dann Haus- und Sperrmüll auf der Deponie Georgswerder abgelagert. Zwischen 1967 und 1974 wurden zudem rund 200 000 Tonnen hauptsächlich organische Sonderabfälle in zehn Flüssigabfallbecken und vier Fasslagern deponiert. Zwar wurde 1979 der Deponiebetrieb eingestellt, doch auf dem künstlichen Hügel traten giftige Gase aus. 1983 wurde in Sickerflüssigkeiten hochgiftiges Dioxin nachgewiesen. Die Deponie musste saniert werden.

Seitdem hat sich viel getan auf einer der wenigen Anhöhen in der ansonsten flachen Elbmarsch. Zwischen 1992 und 2004 wurden vier Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 2650 Kilowatt auf der Deponie gebaut. Dies entspricht dem Jahresverbrauch von 1400 Zweipersonenhaushalten.

Im Herbst 2009 folgte in Zusammenarbeit mit Hamburg Energie die größte freistehende Fotovoltaikanlage Hamburgs. Am Südhang der Deponie erzeugen etwa 2000 Solarmodule auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern so viel Energie, dass damit rund 170 Haushalte versorgt werden könnten (400 000 Kilowattstunden pro Jahr). Die Erweiterung der Solaranlage ist bereits beantragt worden. Der Südhang bietet Platz für eine bis zu 16 000 Quadratmeter große Fotovoltaikanlage.

Neben der Erzeugung von Wind- und Sonnenenergie wird dem Berg das innerhalb der abgedeckten Deponie entstehende Gas systematisch entzogen und an die benachbarte Kupferhütte geliefert.

Der Energieberg Georgswerder ist ein wichtiger Bestandteil im Klimaschutzkonzept Erneuerbares Wilhelmsburg der Internationalen Bauausstellung (IBA) Hamburg. Ziel ist es, die Elbinseln zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Uli Hellweg, Geschäftsführer der IBA Hamburg, hält das für möglich. Noch im Rahmen der Europäischen Umwelthauptstadt soll auf der Bergkuppe eine große Windkraftanlage mit 3,4 Megawatt gebaut werden. Dafür werden die bisherigen, weniger effektiven Windkraftanlagen abgebaut.

Mittlerweile hat sich auch die Natur den Energieberg zurückerobert. Nach der Sanierung der Deponie wurden viele Freiflächen sowie Strauch- und Baumbestände aus einheimischen Gehölzarten angelegt. Es haben sich wertvolle Biotope mit Pflanzen aus der Roten Liste gefährdeter Arten und eine reichhaltige Vogelwelt mit 140 Brutrevieren entwickelt. Aber auch Kaninchen und andere Kleintiere sind auf dem Berg wieder heimisch.

Nach den Tieren sollen nun auch die Menschen den Berg nutzen können. Zunächst das Ausstellungs- und Informationszentrum am Fuß des Hügels. Dort werden den Besuchern die Besonderheiten des Ortes erklärt - von der Deponiegeschichte bis zu den energetischen Herausforderungen der Zukunft. Der Neubau mit Ausstellung und Seminarraum schließt unmittelbar an die bestehende Halle der Grundwasseraufbereitung an, sodass die technischen Geräte von der Ausstellungshalle aus sichtbar sind. Auf diese Weise können die Besucher sehen, mit welchem technischen Aufwand die ehemalige Deponie gesichert und unterhalten wird.

Bis spätestens 2013 wird aus der Deponie Georgswerder ein multifunktionaler und dann auch öffentlich zugänglicher Energieberg. Mit dem IBA-Projekt soll eine ringförmige Aussichtsplattform, die über dem Berg zu schweben scheint, Lust darauf machen, einen ungewöhnlichen Ort zu besteigen, die Aussicht zu genießen und sich gleichzeitig an die Vergangenheit als Giftmülldeponie zu erinnern.