Unter Leitung von James Conlon entführt das NDR Sinfonieorchester seine Hörer in eine dunkle Zeit. Beide Werke des emotional sehr dichten Programms stammen aus den späten 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts und spiegeln die damalige Weltlage mit ihrer beklemmenden Atmosphäre.

Benjamin Britten war vor dem Zweiten Weltkrieg aus England in die USA geflohen. Sein Violinkonzert von 1939 ist unverkennbar von der Auseinandersetzung mit dem menschlichen Leid geprägt: Der hochsensible Komponist verknüpft Passagen von größter Virtuosität mit depressiv-düsteren Melodien, die einen bedrohlichen Sog entfalten. Dabei wirkt die Solovioline - den anspruchsvollen Part übernimmt NDR-Konzertmeister Stefan Wagner - oft wie der Protagonist einer Schicksalssinfonie, mit ausgedehnten Passagen des Orchesters.

In der zwei Jahre früher entstandenen fünften Sinfonie von Schostakowitsch ist das Orchester die Hauptperson. Welche Botschaft das Stück vermittelt, war lange Zeit umstritten. Denn oberflächlich betrachtet scheint der Komponist vor den Vorgaben der sowjetischen Kulturpolitik zu Kreuze zu kriechen: Er schreibt die Sinfonie zum 20. Jahrestag der Oktoberrevolution, kehrt - angeblich reumütig - zu "einfachen" Melodien zurück. Doch der Eindruck täuscht. Das vordergründig triumphale Finale ist laut Schostakowitsch eigentlich ein Aufschrei des geplagten Volkes: "Der Jubel ist unter Drohungen erzwungen. So, als schlage man uns mit einem Knüppel und verlange dazu: ,Jubeln sollt ihr, jubeln sollt ihr'."

Britten und Schostakowitsch 29.4. 20 Uhr, Laeiszhalle. Karten unter T. 0180/178 79 80