Muhai Tang dirigiert das 9. Symphoniekonzert

Auch wenn es nicht immer sofort "ohrenscheinlich" wird: Wie gründlich viele Komponisten ihre Klassiker studiert haben, davon legen die Symphoniker und Muhai Tang bei ihren Konzerten im Mai Zeugnis ab. Edward Elgar etwa transkribierte und arrangierte als junger Musiker viel von Mozart, Bach und Händel. Als ihm nach dem Tod seiner Frau 1920 die Kreativität verloren ging, wendete er sich diesen alten Skizzen wieder zu. Er wettete sogar mit Richard Strauss, dass er Bachs c-Moll-Orgelfuge und Strauss die entsprechende Fantasia orchestrieren sollte. Als der Brite nach einem Jahr vom Deutschen immer noch keine Anzeichen der Vollendung erhielt, orchestrierte er dessen Aufgabe für das Three Choirs Festival in Gloucester 1922 gleich mit.

Sergej Tanejews Begeisterung für Palestrina, Mozart und Händel wiederum brachte den späteren Professor für Klavier, Komposition und Formenlehre auf Konfrontationskurs mit der russischen Schule. Er wurde als "Westler" und akademischer Trockenbauer beschimpft. Tatsächlich legt auch seine 4. Sinfonie bei aller Schönheit mehr Gewicht auf sauberes Handwerk denn breit gepinselte Nationalromantik.

Der wiederum war Antonín Dvorák zugetan. Aber auch der Tscheche hatte sich systematisch von Mozart bis Wagner gearbeitet. Als ihn sein Verleger Fritz Simrock um ein Violinkonzert bat ("recht originell, kantilenen reich"), brachte er den Komponisten, wiewohl selbst Bratscher, in Verlegenheit. Der Geiger Joseph Joachim hatte zum Entwurf so viele Anmerkungen, dass Dvorák das Werk völlig umschrieb ("Nicht einen einzigen Takt habe ich behalten"). Zum Glück behielt er die revidierte Fassung - gehört das Konzert mit seiner Mischung aus klassischen Formen und slawischen Melodien doch zu den beliebtesten seiner Art.

Noch bunter wird das Programm durch den 1. Konzertmeister der Sinfoniker, Stefan Czermak, und Dirigent Muhai Tang. Der Solist aus Polen, ausgebildet am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium, und der Dirigent aus Shanghai haben ihre Klassiker für das Konzert auf jeden Fall studiert.

9. Symphoniekonzert 22.5., 19 Uhr, 24.5., 19.30 Uhr, Laeiszhalle. Karten unter T. 44 02 98