Zwei Eheberater über Glücksmomente und Problemzonen bei Paaren

Die Psychologin Susanne Zemke und Werner Strodmeyer, Theologe und Pastoralpsychologe, arbeiten in der Katholischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Eimsbüttel. Die zehn Mitarbeiter führen dort pro Jahr rund 2000 Beratungsgespräche, die Hälfte davon sind Paaranliegen. Das Angebot gilt für alle Menschen, egal welcher Konfession, und ist kostenlos. Spenden sind natürlich erwünscht. Sowohl Zemke als auch Strodmeyer sind rund 25 Jahre verheiratet und haben je drei Kinder - sie sind also sowohl privat als auch beruflich beziehungserfahren.

Hamburger Abendblatt:

Warum heiraten immer noch so viele Menschen?

Werner Strodmeyer:

Eigentlich müsste man sich fragen, wer heutzutage noch so verrückt ist, sich an jemanden zu binden, obwohl die Erfahrungswerte sagen, das scheitert so oft. Der Grund ist wohl eine Ursehnsucht, die den Menschen leitet. Die Sehnsucht nicht mehr alleine, sondern gemeinsam durch das Leben zu gehen.

Susanne Zemke:

Eine Ehe gibt Resonanz und Zuspruch ein Leben lang. Da sagt einer, ich halte zu dir und nehme dich an, so wie du bist. Die Kunst ist, dass aus der "langen Weile" Ehe keine Langeweile wird.

Was ist für Sie eine gute Ehe?

Strodmeyer:

Wenn zwei immer wieder was zu lachen haben, gemeinsame Träume haben und immer wieder durchstarten. Wenn man offen bleibt für den Wandel der Beziehung und sie lebendig hält.

Zemke:

Und wenn man gemeinsam in eine Richtung schaut.

Sind die Erwartungen, die an eine Ehe gestellt werden, oft zu hoch?

Zemke:

Wenn jemand in die Ehe geht und sagt, der andere soll mich glücklich machen und er soll mir alles bieten, was das Leben so hergibt, dann ist das eine zu hohe Erwartung. Wenn man es selber nicht schafft, aus sich heraus glücklich zu sein, kann man das nicht an seinen Partner delegieren. Damit überfordert man ihn. Das geht oft schief.

Die katholische Kirche bietet Ehevorbereitungsseminare an, die evangelische Kirche EPL (Ein Partnerschaftliches Lernprogramm). Kann man lernen, ein guter Partner zu sein?

Strodmeyer:

Unbedingt, die wenigsten sind kommunikativ so kompetent, dass das alles von alleine klappt. In intimen Beziehungen ist ganz wichtig, wie sprechfähig und wahrnehmungsfähig ich bin. In diesen Bereichen kann ich mich durch solche Seminare sensibilisieren.

Zemke:

Man lernt dort, eigene Gefühle anzusprechen, Bitten zu formulieren, Rückmeldung zu geben. Also sich auf das Gegenüber einzustellen. In vielen Köpfen ist noch die Vorstellung da, dass es schön wäre, wenn mein Partner mir von den Augen abliest, was ich möchte. Das ist sehr romantisch, aber damit kommt man selten über das erste hormongesteuerte Ehejahr hinaus.

Welche Bedeutung hat das Eheversprechen heute noch?

Strodmeyer:

Es ist eine andere Form der Wertschätzung, die da ihren Ausdruck findet. Mit dem Ehe-Ritual mache ich einen Unterschied zu einer reinen Freundschaftsbekundung.

Zemke:

Es ist ein Bekenntnis zueinander vor Zeugen. In der kirchlichen Trauung ist es ein Sakrament. Das Paar bittet um göttlichen Zuspruch, weil es glaubt, dass es nur oder zumindest besser mit Gottes Liebe geht.

Hilft der Glauben denn bei der Ehe?

Strodmeyer:

Er macht stark.

Zemke:

Gläubige Menschen erleben, von Gott getragen zu sein, gerade auch, wenn unsere menschliche Kompetenz und unser Können aufhört.

Spielt der Glauben bei Ihnen in der Beratung eine Rolle?

Zemke:

Manchmal suchen uns Menschen wegen der katholischen Zugehörigkeit aus, oft ist das auch nachrangig. Ich achte darauf, dass ich nicht missioniere, aber wenn Leute nach Sinn fragen, nach Orientierung, dann spreche ich den Glauben an.

Strodmeyer:

Ich frage im Erstkontakt nach der Religiösität des Paars. Denn das ist eine Ressource, die jemand mitbringt. Religion, Glaube und Spiritualität erkennt man als therapeutischen Wirkfaktor zunehmend an.

Wie funktioniert Ihre Ehe-Beratung?

Zemke:

Ich biete dem Paar Zeit und Raum an, gehe eine Beziehung mit ihnen ein, in der Offenheit und Vertrauen entstehen kann. Beide dürfen aussprechen, was an Gefühlen in ihnen ist, ohne dass ich das bewerte. Ich versuche, aus Vorwürfen, Ärger, Leid und Kränkungen herauszuhören und vor allem die Wünsche, die sich dahinter verbergen. Und ich schaue aktuell: Welche Ressourcen sind vorhanden? In welchen Bereichen geht es gut miteinander, wie soll es künftig werden.

Mit welchen Problemen, kommen Paare zu Ihnen?

Zemke:

Entfremdung, Langeweile in der Ehe, Angst vor Scheitern, akute Krisen wie Außenbeziehungen, Erkrankungen, familiäre Belastungen. Sie kommen her, weil sie nicht mehr weiterwissen. Da versuchen wir, Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Fällt es religiösen Paaren schwerer, sich zu trennen?

Strodmeyer:

Ja, für einen sehr gläubiger Menschen ist es oft schwerer, sich zu trennen, weil er mit dem Eheversprechen zusätzlich eine Bindung vor Gott in der Kirche ausgedrückt hat. Er unterbricht damit etwas Heiliges. Aber wenn es zur Trennung kommt, kann die Religion auch helfen, denn ich kann mir auch dann Gottes Segens gewiss sein.

Weitere Infos unter Telefon: 24 65 24