Der Freundeskreis ist sogar drei Jahre älter als das Maritime Museum, für das er sich engagiert

Ein Museum braucht nicht nur Besucher, es braucht auch Freunde. Das sind Menschen, die nicht nur mit distanziertem oder auch freundlichem Interesse ins Haus kommen, sondern sich diesem freundschaftlich verbunden fühlen. Es sind Menschen, die sich für dieses Museum engagieren, finanziell, aber auch ideell. Die Anteil nehmen an dessen Entwicklung, zu der sie auch selbst beitragen. Fast jedes Haus hat seine Unterstützer, aber einmalig dürfte wohl sein, dass der Freundeskreis sogar noch älter ist als das Museum selbst: Schon 2005, drei Jahre vor der Eröffnung des Internationalen Maritimen Museums, fanden sich einige Hamburger zum Freundeskreis der künftigen Institution zusammen.

Der Rechtsanwalt Tom Kemcke gehörte damals dazu. Er hatte Peter Tamm und dessen Stiftung steuerlich beraten und dabei entdeckt, dass ihn das Projekt des Sammlers und Stifters nicht nur beruflich, sondern auch privat interessiert. "Einerseits war es das Interesse an Geschichte, andererseits aber auch die Faszination, die sich mit der Persönlichkeit Peter Tamms verbindet", sagt Kemcke.

Auch der Rechtsanwalt Dr. Andreas Costard gehört von Anfang an dazu. Bei ihm stand gleichfalls zu Beginn die berufliche Verbindung zur Peter Tamm Senior Stiftung. "Es gibt viele Möglichkeiten, sich neben dem Beruf in der Freizeit zu engagieren. Ich hätte ehrenamtlich in die Politik gehen oder einem der klassischen Vereine beitreten können. Aber dieser Freundeskreis bietet mir die Chance, Begeisterung an Geschichte zu wecken und diese lebendig darzustellen, frei von staatlichen Einflüssen", sagt Dr. Costard.

Und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Schifffahrt? "Ich bin Segler und liebe natürlich das Meer. Ich finde die Geschichte der Schifffahrt faszinierend, und der Ansatz von Peter Tamm, der das Schiff als Ausgangspunkt und Triebkraft der Geschichte betrachtet, ist für mich durchaus plausibel", antwortet Tom Kemcke.

Für seinen Kollegen Costard geht es dagegen gar nicht in erster Linie um Schiffe. Er hält sich lieber an Land auf als auf schwankenden Schiffsplanken. Für ihn ist Peter Tamm vor allem ein bedeutender Protagonist der Aufbaugeneration, die enorme Leistungen erbracht hat und nun etwas an die Nachfolgenden weitergeben will. "Von ihm kann man Geschichte aus erster Hand erfahren, und diese Vermittlung ist mir wichtig, die will ich unterstützen." Unter den inzwischen mehr als 450 Mitgliedern des Freundeskreises gibt es natürlich auch leidenschaftliche Schifffahrtsliebhaber, Modellbaufans, Segler und Seeleute.

Ehemalige Kapitäne gehören ebenso dazu wie frühere Matrosen, aber auch Menschen, die nie zur See gefahren sind. Die enorme Vielfalt der Sammlung bietet die unterschiedlichsten thematischen Anknüpfungspunkte, von der Tiefseeforschung bis zur Geschichte der großen Entdeckungen, vom Schiffbau bis zur Handelsschifffahrt, von der Marinemalerei bis zur Geschichte der Navigation. Der Freundeskreis bietet die Möglichkeit, sich eingehender mit all diesen Themen zu beschäftigen, Wissenschaftler und Experten zu treffen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und immer wieder neue Anregungen zu finden.

Die Atmosphäre ist fast familiär, denn das gemeinsame Interesse an der Geschichte verbindet Menschen von ganz unterschiedlicher sozialer Herkunft. Das ist zum Beispiel am 6. Dezember zu spüren, wenn ab 17 Uhr auf Deck 10 zum Nikolaus-Umtrunk geladen wird. Es gibt Glühwein, Gebäck und Musik. Vor allem aber trifft man sich, um in gemütlicher Atmosphäre miteinander zu sprechen.

Museumsfreunde sind Überzeugungstäter. Sie sind von der Sammlung des Hauses begeistert und tragen diese Begeisterung nach außen. Sie sind die wichtigsten Multiplikatoren des Museums, denn wenn sie in ihrem jeweiligen Umfeld über die musealen Angebote berichten, ist das besonders glaubwürdig. Der Freundeskreis unterstützt das Internationale Maritime Museum bei Ausstellungen und Veranstaltungen und fördert zum Beispiel Ferienprogramme oder finanziert Material und Druckerzeugnisse.

Aber das Verhältnis beruht auf Gegenseitigkeit, denn auch das Museum bemüht sich um seine Freunde. So entwickelt zum Beispiel die Museumspädagogik immer wieder neue Angebote, die den Mitgliedern des Freundeskreises Perspektiven auf das Haus und seine Themen eröffnen, die normalen Besuchern verborgen bleiben. So gab es im Dezember detaillierte Führungen auf Deck 3, wo Wissenschaftler anhand von Exponaten über historischen und modernen Schiffbau sprachen. Am 16. August hatte der Freundeskreis gleich zwei Barkassen gechartert, um die "Queen Mary 2", die Kurs auf Norwegen nahm, ein Stück weit auf der Elbe zu begleiten. Und Ende Oktober stand schließlich eine Besichtigung der 375 Jahre alten Schiffswerft J.J. Sietas in Neuenfelde auf dem Programm, auf der frühe hölzerne Boote, heute jedoch Container- und Arbeitsschiffe gebaut werden.

"Wir haben mit einem ganz kleinen Kreis begonnen, hatten aber nach 14 Monaten bereits 200 Mitglieder, eine Zahl, die sich inzwischen schon mehr als verdoppelt hat", sagt Dr. Costard. Und Tom Kemcke erzählt von einem anspruchsvollen Wachstumsprojekt: "Unser Ziel ist es, jeden Tag des Jahres durchschnittlich ein neues Mitglied zu werben, das wären jedes Jahr 365 Neuzugänge." Ein ehrgeiziges Ziel, aber eines, das sich mit viel Engagement und Begeisterung erreichen lässt. Wer mit Andreas Costard, Tom Kemcke oder anderen "Freunden" spricht, spürt schnell, dass es ihnen daran nicht fehlt.