1788 wurden die ersten Reben gepflanzt - heute ist Down Under im Weinanbau ganz oben

James Cook war 1770 der Erste, der von der Ostküste Australiens berichtete, die er Neusüdwales nannte und für England in Besitz nahm. Achtzehn Jahre dauerte es, bis eine erste britische Flotte den Kontinent erreichte und Arthur Phillip als erster Gouverneur Sydney gründete. Noch im selben Jahr, 1788, wurden die ersten Reben in seinem Garten gepflanzt, in der Macquarie Street, wo heute das Intercontinental Hotel mit seiner gediegenen klassizistischen Fassade steht.

Diverse Einwanderer brachten Rebstöcke ins Land, doch der Weinbau gewann erst nach 1851 an Bedeutung, als der Goldrausch Tausende durstiger Einwanderer vor allem nach Victoria zog. In Südaustralien waren es lutherische Schlesier und Preußen, die das Barossa Valley zum bekanntesten Weinzentrum des Kontinents ausbauten. Noch heute eine der schönsten Wein-regionen mit sanften grünen Hügeln, schönen Steinhäusern, spitzen Kirchtürmen und deutschen Wurst- und Backspezialitäten.

Von Sonne und Wärme reichlich gesegnet, produzierten die australischen Winzer vorwiegend süße, verstärkte Dessertweine, "Stickies" genannt, die sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgreich nach Großbritannien exportierten. Dass Australien jetzt zu einem der führenden Weinländer der Welt zählt - mit rund 165 000 Hektar flächenmäßig auf Platz 6 und nach Italien, Frankreich und Spanien viertgrößter Weinexporteur - , hat es der Einwanderungswelle nach dem Zweiten Weltkrieg zu verdanken. Die Neuankömmlinge hatten wenig Sinn für Stickies, aber umso mehr für trockene Weine. Mit dieser steigenden Nachfrage wuchsen die Rebflächen. Pioniere wie der legendäre Kellermeister Max Schubert wiesen neue Wege. Nach einem Besuch in Bordeaux schuf er 1951 den ersten großen trockenen Roten Australiens: Penfolds Grange. Vom Unverständnis, die diese komplexe Cuvée anfangs hervorrief, ließ sich der grundsolide Weinmacher aus Barossa nicht irritieren. Ab Jahrgang 1955 eroberte sein Grange mehr Medaillen und Trophäen als jeder andere Wein und wurde zum Meilenstein der Weinentwicklung in Australien. Andere große Namen dieser entscheidenden Phase sind unter anderem Len Evans, Murray Tyrell, Max Lake, James Halliday, Jack Mann, Mike Moris, aber auch Wolf Blass, Peter Lehmann und Cyril Henschke.

Weine, die sofort gefallen

Der sensationelle Erfolg australischer Weine ist ihrem äußerst attraktiven Profil zu verdanken. Mit spektakulärer Aromen-Intensität, reifer süßer Frucht, vollem Geschmack und Mund füllender Sanftheit begeistern sie Weinfreunde in aller Welt. Sie sind bewusst darauf angelegt, sofort zu gefallen. Dahinter steht ein weit entwickeltes Know-how ihrer Winemaker und avantgardistische Kellertechnik.

In einem so heißen Land kommt dem Klima die Hauptrolle zu, nicht den Böden. Bereits in den mechanisierten, meist bewässerten Rebfeldern mit ausgeklügelten Kulturformen werden die späteren Weine genau geplant. Die Trauben bringt man mit präzise gewählter Reife schnell ein und wendet alle technischen Mittel an, um ihre aromatischen und geschmacklichen Qualitäten bis zum abgefüllten Wein zu erhalten. Bei Rotweinen vermeidet man meist lange Maischestandzeiten, um nicht zu viele Gerbstoffe zu extrahieren.

Heute gibt es exquisite Weine mit regionalem Charakter in Australien, aber sein Erfolg geht auf international vertriebene Weinmarken zurück. Vier Fünftel der Weinproduktion des Kontinents werden von zehn Gigantenbestritten. Bei ihren Bestsellern handelt es sich um Blends, für die Weinmacher auf Weine aus den verschiedensten Regionen zurückgreifen. Sie, die Winemaker, sind in Australien zu wirklichen Stars geworden.

Black Stump vom "Ende der Welt"

Der größte Teil Australiens wird von Wüsten, Steppen und Savannen eingenommen. Seine Weinregionen sind auf den Südosten und äußersten Südwesten des Kontinents begrenzt. Aber die in den letzten Jahren verschärft auftretende Dürre bereitet Winzern erhebliche Sorgen. Vor allem die ertragreichen inländischen, von den drei großen Flüssen Murray, Murrumbidgee und Darling abhängigen Gebiete mussten teils erhebliche Einbußen durch Wasserknappheit hinnehmen.

Bevorzugte man zunächst heiße und trockene Gebiete, die süße und im Alkohol kräftige Weine liefern, stehen seit Jahren kühlere Zonen im Mittelpunkt des Interesses, und regionale Unterschiede gewinnen an Bedeutung.

Als Erste gewannen die Weine von Neusüdwales Ansehen und insbesondere die des Hunter Valley mit seinem feucht-heißen Klima, das vollen Shiraz (Syrah) - Australiens herausragende Rotweinsorte - und faszinierenden Sémillon liefert. An die 70 Prozent des neusüdwalisischen Weins kommt aus Riverina, dessen Zentrum Griffith rund 450 Kilometer westlich von Sydney liegt. In Yenda wirkt der zurückhaltende John Casella, einer der erfolgreichsten Winemaker Australiens. Ende der 1950er wanderten Johns Eltern Filippo und Maria aus Sizilien ein. 1965 kauften sie in Yenda eine Farm, wo sie bald Wein zu machen begannen. Wein war einfach Bestandteil ihrer Herkunft und ihres Lebens und kam bei jedem Essen, jeder Feier auf den Tisch. So wuchsen ihre drei Söhne mit Wein auf, und der kunstliebende John wurde dann doch Weinmacher. Mit dem ehrlichen Wunsch, Weine zu machen, die anderen Freude bereiten, traf er ins Schwarze. Seit Mitte 2000 hat er immensen Erfolg. Mit seinem natürlichen Genie komponiert er aus der seltenen kraftvollen undtiefdunklen Rebsorte Durif und dem typischen fruchtig-schokoladigen Shiraz den umwerfenden und unwiderstehlichen Black Stump.

Der Rotwein verdankt seinen Namen einer australischen Redewendung, die "am Ende der Welt" bedeutet, was durchaus auf Johns Wohnort zutrifft. Übrigens: Immer wieder hat Australien neue Impulse durch Einwanderer erhalten.

Kühles Klima gefragt

Das benachbarte Victoria besitzt um Melbourne und an der Küste eine Anzahl kühlerer Gebiete, von denen das Yarra Valley für exzellenten Pinot Noir und Chardonnay berühmt ist. In Südaustralien mit der Hauptstadt Adelaide hat sich nicht nur Barossa mit großartigem Shiraz einen hervorragenden Ruf erworben, sondern auch Eden Valley und Clare Valley insbesondere mit Riesling, Mc Laren Vale mit Shiraz und das malerische Coonawarra mit seinen roten Böden und mächtigen Gummibäumen durch superben Cabernet Sauvignon. Zugleich liefert Südaustraliens Riverland ein Viertel der gesamten Traubenproduktion des Landes.

Westaustralien mit Perth liegt weit von den Hauptzentren des Landes entfernt. Doch es steht im Ruf, die beste Weinqualität zu liefern. Vor allem vom bildschönen Margret River kommen Rot- und Weißweine mit europäischer Eleganz und unverkennbarer Klasse. Dagegen brilliert die kühle Insel Tasmanien vor allem mit hervorragenden Schaumweinen. Aus welcher Region sie aber auch kommen, australische Weine überraschen. Jeder Wein besitzt "Punch", diesen besonderen Kick, der Weinfreunde aufmerken und dann freudig lächeln lässt.