Pflegeberater erarbeiten Lösungen gemeinsam mit den Familienangehörigen. Die Branche braucht künftig immer mehr dieser Fachleute

Nachdem sie morgens in ihrem Heimbüro ihre Post sondiert hat, macht sich die Pflegeberaterin Heike Duhr auf den Weg zu ihrem ersten Termin. Sie besucht eine Tagespflegestation, in der sie sich über die bestehenden Angebote und die Zahl der freien Plätze informieren möchte. Anschließend fährt sie zu einer Pflegeberatung bei einer Klientin. Die Frührentnerin ist schwer depressiv. In dem 90-minütigen Gespräch diskutieren die beiden Frauen mögliche Maßnahmen, um der Einsamkeit der Klientin, etwa im Rahmen von Selbsthilfegruppen, zu begegnen. Außerdem berät Heike Duhr die Mittfünfzigerin bezüglich der Anerkennung infrage kommender Pflegestufen.

Wieder im Büro, fertigt die 43-Jährige ein Protokoll der Beratung an. Danach ist ihr Tag noch längst nicht zu Ende. Es folgen zwei telefonische Beratungen. Ein schwer behinderter Klient will sich über Hilfsmittel für seine Wohnung informieren. Heike Duhr macht mit ihm einen Besichtigungstermin vor Ort aus. Eine andere Anruferin möchte wissen, welche Angebote zur Unterstützung pflegender Angehöriger und welche teilstationären Betreuungsangebote es für ihren Mann gibt. Auch ihr kann die Pflegeberaterin weiterhelfen.

Heike Duhr ist examinierte Krankenschwester und seit 2008 als Pflegeberaterin für die Compass Private Pflegeberatung tätig. Das Unternehmen wurde als Tochtergesellschaft des Verbandes der Privaten Krankenversicherung gegründet und bietet für alle Privatversicherten Informationen sowie eine neutrale Beratung rund um das Thema Pflege an.

Mit dem Thema Pflegebedürftigkeit sehen sich immer mehr Menschen konfrontiert. Allein in Deutschland sind rund zwei Millionen Menschen auf Betreuung und Unterstützung angewiesen, weil sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung ihren Alltag nicht mehr meistern können. Statistiker gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 auf bundesweit mehr als drei Millionen ansteigen wird. Betroffene sind daher zunehmend auf Informationen angewiesen.

Seit Beginn des letzten Jahres haben alle Personen, die Leistungen nach dem Elften Sozialgesetzbuch erhalten, einen Anspruch auf kostenfreie Beratung durch Pflegeberater. Die Beratung soll wohnortnah in Pflegestützpunkten sowie durch qualifizierte Pflegeberater stattfinden. Um dem wachsenden Bedarf zu begegnen, werden die Beratungsstrukturen derzeit ausgebaut. Pflegeberater sind somit zunehmend gesuchte Fachkräfte.

Sie beraten sowohl pflegebedürftige Personen als auch deren Angehörige mit dem Ziel, eine effiziente, ganzheitliche Versorgung sicherzustellen. Zu den Aufgaben von Heike Duhr gehört es ebenfalls, über Ansprüche an die Pflegeversicherung, über Antrags- und Einstufungsverfahren sowie über die Finanzierung von Pflege zu Hause oder in einer Einrichtung zu informieren.

Besonders wichtig ist es der Pflegeberaterin, die aktuelle Situation und den Hilfebedarf nicht über den Kopf der Klienten hinweg, sondern mit den Ratsuchenden gemeinsam zu erörtern. Die so erarbeiteten Lösungswege sollen Orientierung für anstehende Entscheidungen bieten. "Ich leiste Hilfe zur Selbsthilfe und betrachte mich als Lotsin durch den Pflege-Dschungel", sagt Heike Duhr. Allein auf die körperlichen Folgen darf Heike Duhr sich bei ihrer Beratung nicht beschränken, vielmehr muss sie den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit wahrnehmen."In diesem Job benötigt man daher viel Einfühlungsvermögen, Menschenkenntnis und Empathie", ist Duhr überzeugt. Verzweifelte, todkranke oder total entkräftete Menschen ohne Perspektive zu treffen ist etwas, das für sie trotz ihrer langen Berufserfahrung längst nicht selbstverständlich ist.

"Man wird mit extrem viel Leid konfrontiert, das muss man aushalten können", gibt die Pflegeberaterin zu. Den Rückhalt, den sie benötigt, holt sie sich bei ihren Kollegen und in ihrem privaten Umfeld.

Pflegeberater, übrigens noch kein gesetzlich geschütztes Berufbild, kommen in verschiedenen Bereichen zum Einsatz: in Behörden und Gesundheitsämtern, Krankenhäusern, ambulanten Pflegediensten, Gesundheitszentren oder in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Die Tätigkeit setzt ein ho-hes Maß an beruflicher Qualifikation voraus.

Neben einem fundierten Wissen im Gesundheits- und Sozialwesen sollten Pflegeberater über ein Studium im Gesundheitsbereich oder in der Sozialpädagogik oder über eine Berufsausbildung, etwa in der Alten- oder Krankenpflege, verfügen. Aufbauend auf die berufliche Grundqualifikation ist eine Weiterbildung nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management erforderlich. Die Weiterbildung übernehmen in der Regel die Pflegekassen. Auch das Bildungszentrum Schlump, Zentrum für Gesundheitsberufe bietet Weiterbildungen an. Mehr Informationen im Internet unter www.bildungszentrum.drk.de