Totenklagen: die Geigerin Isabelle van Keulen zu Gast beim NDR Sinfonieorchester.

Auf diese Musik müssen die Ohren sich vorbehaltlos einlassen, da hilft keine Suche nach harmonischen Haltepunkten: Die Intervalle springen kreuz und quer, die Dissonanzen reiben sich, wie sie wollen, tonale Bezüge spielen keine Rolle. Keiner der zwölf Töne einer Oktave darf sich wiederholen, bevor alle anderen erklungen sind. So einfach das Prinzip klingt, die Zwölftontechnik Arnold Schönbergs ist bis heute eine Herausforderung.

Wenige Zwölftonwerke kommen dem Hörer freilich so entgegen wie das Violinkonzert von Alban Berg, dessen Solopart beim NDR Sinfonieorchester die niederländische Ausnahmegeigerin Isabelle van Keulen übernimmt. Berg, der Romantiker unter den Neutönern der Zweiten Wiener Schule, verbindet die Strenge der Zwölftontechnik mit Grazie und persönlichem Ausdruck. Sein Violinkonzert widmete er "Dem Andenken eines Engels", nämlich Manon Gropius, der Tochter Alma Mahler-Werfels aus deren Ehe mit dem Architekten Walter Gropius, die Berg liebte wie eine eigene. Manon starb 1935 mit 18 Jahren an Kinderlähmung, der Komponist überlebte sie nur um wenige Monate.

Chefdirigent Christoph von Dohnányi setzt dieses Requiem in Beziehung zu einem weiteren klingenden Denkmal: Anton Bruckner erfuhr während der Arbeit an seiner Sinfonie Nr. 7 in E-Dur vom Tode Richard Wagners, den er als "unerreichbaren, weltberühmten und erhabenen Meister der Dicht- und Tonkunst" verehrt hatte. In seiner Siebten verwendet der Komponist erstmals die sogenannten Wagnertuben, die Wagner für seinen Opernzyklus "Der Ring des Nibelungen" hatte bauen lassen. Ihre weiche, dunkle Klangfarbe prägt den Abgesang am Ende des langsamen Satzes, erklärtermaßen Bruckners Totenklage für sein großes Vorbild. So bildet das Adagio Herzstück und Höhepunkt dieser immensen Klangkathedrale.

Abo-Konzert 7.2., 11 Uhr, 8.2., 20 Uhr, Laeiszhalle.