Als ältester Orden haben die Benediktiner den Grundstein für die Esskultur im Kloster gelegt. Welche Bedeutung das Speisen für die Mönche hat, zeigt ein Besuch im Kloster Nütschau.

Wenn die Turmglocke im Kloster Nütschau zum Gebet läutet, eilen aus allen Winkeln des Geländes die Mönche in ihren langen schwarzen Kutten zur Klosterkirche. Kein Bruder möchte zur Andacht und der anschließenden Mahlzeit zu spät kommen. Denn Unpünktliche riskieren eine der empfindlichsten Strafen im Leben der Mönche: den Ausschluss von der gemeinsamen Mahlzeit.

Kloster Nütschau, idyllisch gelegen in Travenbrück bei Bad Oldesloe, inmitten der sanft geschwungenen schleswig-holsteinischen Landschaft, wird von Mönchen des Benediktinerordens betrieben. Die 20 Brüder leben auf einem Gelände mit altem Herrenhaus und modernem Konventgebäude nach einem strikten Tagesablauf von Gebet und Arbeit. Sie folgen damit der Regel ihres Ordensgründers Benedikt von Nursia: "Ora et labora", "Bete und arbeite".

Die Strafe, einen Bruder bei zu vielen Verstößen von den Tischmahlzeiten auszuschließen, hat der Heilige Benedikt vor mehr als 1500 Jahren in seiner Ordensregel niedergelegt, sie zeigt auch heute noch, wie wichtig die gemeinsame Mahlzeit bei den Benediktinern ist. "Essen bedeutet uns mehr, als nur satt zu werden", erklärt Bruder Willibrord Böttges, der Subprior des Klosters. Eben hat er die Kapelle nach dem 15-minütigen Mittagsgebet mit den anderen Brüdern verlassen. Nun geht er vorbei am Kräutergarten und durch den Kreuzgang des Klosters herüber zum Refektorium, dem Speisesaal der Mönche - einem schlichten Raum mit hellen Holztischen und einem Kreuz an der Wand.

"Unsere Mahlzeiten empfinden wir als Fortsetzung des Gottesdienstes und das Zusammenkommen zum Essen stärkt unsere Gemeinschaft", sagt Bruder Willibrord. Doch lebhafte Gespräche, wie etwa am Familientisch, gibt es am Ordenstisch nicht. Beim Essen der Benediktiner herrscht Stille. Schweigend nehmen sie ihre Mahlzeiten ein. "Wir wollen in einer Atmosphäre der inneren Sammlung bleiben", erklärt Bruder Willibrord. Unterhaltungen sind nur an den Sonn- und Feiertagen erlaubt.

An diesem Dienstag nehmen die Mönche Platz, nachdem sie gemeinsam ein Tischgebet gesprochen haben, und schenken sich Wasser oder Apfelsaft ein.

Bruder Wolfgang macht mit dem Servierwagen die Runde. Er hat Tischdienst, füllt Suppe auf, reicht für den zweiten Gang Schüsseln mit Fleisch, Reis und Salat. Und sammelt die Teller ein, bevor es den Nachtisch, einen Obstsalat, gibt.

Die Mönche essen schweigsam und hören doch die Worte Gottes. Bruder Matthäus hat sich ans Lesepult gesetzt: Zur Vorspeise liest er ein Kapitel aus dem Alten Testament, zum Hauptgericht und zur Nachspeise die letzten Seiten des Buches "Unvollständige Erinnerungen" von Inge Jens. Die Schilderungen der Autorin über das Leben mit ihrem demenzerkrankten Mann Walter Jens wirken noch nach, während sich die Mönche zum Schluss des Mahls erheben und ein Dankesgebet sprechen. "Der heilige Benedikt hätte sich gewiss gewünscht, dass nur geistliche Schriften gelesen werden, aber gut besprochene Sachbücher bieten auch interessante Denkanstöße", sagt Bruder Willibrord. In der Gemeinschaft der Benediktiner verfolgen alle Brüder das gleiche Ziel: den Weg der Nachfolge Christi zu gehen, Gott in allem zu suchen und "schon heute etwas vom Reiche Gottes in Nütschau erfahrbar zu machen", sagt Prior Leo Overmeyer. Das zeigt sich nicht nur bei der Tischkultur, sondern auch bei der Arbeit der Mönche.

Den Tagesbetrieb bestimmen in dem recht jungen norddeutschen Kloster, das erst 1951 gegründet wurde, die Gäste. Ganze Gruppen kommen zu den zahlreichen Seminaren im Bildungshaus St. Ansgar, auch Einzelgäste werden im Kloster aufgenommen. Damit steht Nütschau in der Tradition der Benediktinerklöster, die schon im Mittelalter Gäste beherbergten.

Oftmals besaßen die Klöster Ländereien und Gärten, die sie für die eigene Versorgung bewirtschafteten. Mit eigenen Produkten unter anderem aus der Bierbrauerei und dem Weinanbau wurden manche Klöster berühmt.

In Nütschau wird lediglich der Apfelsaft selber hergestellt, der Obstgarten hängt derzeit voll mit Früchten. Das leckere Essen kommt aus der von externen Fachkräften geführten Klosterküche. In Abwandlung der Ordensregel, die den Fleischverzicht verlangt, essen die Mönche nur dreimal in der Woche kein Fleisch. Generell sind die Ordensleute zum maßvollen Essen aufgerufen, "Völlerei schickt sich nicht für Mönche, lautet die Regel", sagt Pater Willibrord.

Auch die Fastenzeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Jahres. Das eingeschränkte Essen fördert die Besinnung auf das Wesentliche. "Dazu gehört auch, Pfunde purzeln zu lassen", sagt Bruder Willibrord schmunzelnd .

Kurse im Kloster Nütschau

Ora et Labora zur Obsternte

Im klösterlichen Rhythmus von Gebet und Arbeit innere Ruhe und neue Kraft gewinnen. Mit Arbeit im Garten und Wald. Bibelteilen und Austausch in der Gruppe, eutonische Übungen. Leitung: P. Leo Overmeyer, Br. Andreas Ewert. Vom 19.10.-25.10.

Heilfasten-Exerzitien

Mit geistlichen Vorträgen, Übungen zur Körperwahrnehmung, Schweigemeditation, ärztlichen Weisungen, Arbeit im Wald. Zeiten des Schweigens, Gespräche in der Gruppe, Gelegenheit zum Einzelgespräch und Teilnahme am Stundengebet. Leitung: P. Willibrord Böttges, Br. Wolfgang Simak, Sr. Hildegard Faupel, Dr. med. Katharina Heun. Vom 09.11.-20.11.

Informationen und Anmeldung unter: 04531/500 41 40 oder www.kloster-nuetschau.de