Wasserstoff-Brennstoffzellen reduzieren den Kraftstoffverbrauch - für den Shell-Eco-Marathon konstruieren Studenten das Auto der Zukunft

"Schnell kann jeder. Mich hat die Alternative gereizt", antwortet Oliver Gerdts auf die Frage, warum er sich für das Eco- und nicht das Hawks-Team der HAW entschieden hat. In beiden studentischen Projekten geht es mehr oder weniger um die Konstruktion und den Bau von Fahrzeugen. Beide Teams nehmen damit an Wettbewerben teil. Doch während das Hawks-Team den Betrieb eines virtuellen Rennstalls simuliert, geht es beim Eco-Team um die Zukunft, genauer gesagt um eine alternative Antriebstechnik zum konventionellen Verbrennungsmotor. Herzstück des Prototypen "Pingu II" ist eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle. Die liefert die Energie für den Elektromotor, der das experimentelle Fahrzeug bewegt.

Die Begeisterung für diese Technologie ist es, was die Studenten motiviert. So geht es auch Stefan Naht, der im 6. Semester Fahrzeugbau studiert: "Verbrennungsmotoren sind altmodisch, weil sie ineffizient sind. Die Lösung, Wasserstoff in Elektroenergie umzuwandeln, die dann in einen Elektromotor fließt, fasziniert mich." Aber es ist nicht nur die Antriebstechnik, die die angehenden Ingenieure fordert.

Denn der Prototyp wurde für den Shell-Eco-Marathon entwickelt. Das bedeutet klare technische Vorgaben und letztlich ein komplett in studentischer Arbeit konstruiertes, zu großen Teilen auch selbst gebautes und optimiertes Fahrzeug. Beim Shell-Eco-Marathon geht es darum, mit einer bestimmten Menge Kraftstoff eine möglichst große Strecke zurückzulegen. Im Wettbewerb starten unterschiedliche Fahrzeugklassen. Neben solchen mit besonders sparsamen Verbrennungsmotoren gibt es auch die Gruppe der elektrisch betriebenen Autos. Die wiederum unterteilen sich in solche mit Batterie, Solarpanel oder Brennstoffzelle. In der letztgenannten Klasse ist das HAW-Eco-Team unterwegs.

Die Wurzeln des Wettbewerbes reichen bis in die 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. 1939 von Shell in den USA initiiert, kam das Sparsamkeitsrennen 1985 als Wettbewerb nach Europa. Inzwischen findet der Wettkampf für Studenten nicht nur in Europa und Amerika, sondern auch in Asien statt. Die historische Zeittafel und die Änderungen im Reglement lassen sich auch als Meilensteine der Ingenieurskunst in Sachen Kraftstoffverbrauch lesen. Den Sieg im ersten Rennen in Europa errang 1985 ein Schweizer Team. Es schaffte 680 Kilometer mit einem Liter Kraftstoff. 20 Jahre später, 2005, lag der Rekord des Teams der ETH Zürich bei 3846 Kilometern. Für unglaubliche 4896 Kilometer reichte dem Team Polytech aus Nantes beim Eco-Marathon 2010 ein Liter Kraftstoff. Dieser letzte Rekord wurde mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle aufgestellt, der gleichen Technologie also, mit der das HAW-Team aus Hamburg unterwegs ist. Angesichts der Rekorde wird klar, warum diese Technologie angehende Ingenieure so begeistert.

Wohlgemerkt, in der Prototypenklasse handelt es sich um experimentelle Fahrzeuge, eine enge stromlinienförmige Kabine mit mindestens drei Rädern. Auch wird die Siegerweite nicht ausgefahren, sondern aus dem Rundenverbrauch auf der Wettkampfstrecke ermittelt. Seit 2008 nimmt das HAW-Team regelmäßig an dem Wettbewerb teil. Ein paar Mal hat es schon für eine ansehnliche Platzierung unter den ersten zehn gereicht.

"Die Professorenschaft ist sehr davon überzeugt, dass diese studentischen Projekte unbedingt erhalten bleiben müssen, da durch sie das Studium effektiver und attraktiver wird", fasst Professor Hans-Dieter Stucke die Position der Hochschule zusammen. "Besonders die sozialen Aspekte können wir im Studium gar nicht abbilden. Die Zusammenarbeit untereinander, gegenseitige Anerkennung, aber auch handwerkliche Fähigkeiten werden hier zusätzlich zum Studium ausgebildet."

Hans-Dieter Stucke bezeichnet sich selbst als bodenständigen Typen. Aus dem Hamburger Umland stammend, begann er seine berufliche Laufbahn mit einer Lehre zum Kraftfahrzeugmechaniker in Wilhelmsburg. Seit 2006 ist er Professor an der HAW und betreut das Eco-Team. Dabei setzt er auf das Prinzip des "Selbstlernens" und kommentiert: "Die Lösung technischer Fragen muss immer das Team finden. Wenn ich dabei bin, verlassen sich die Studenten sofort darauf, dass ich das Problem löse. Ich muss mich zurücknehmen. Das zeigt die Erfahrung der letzten Jahre. Man muss die Studenten Fehler machen lassen. Dadurch dauert das Projekt viel länger. Aber die Zeit haben wir."

Zu den Kosten befragt, verweist Stucke auf die ausgezeichneten Kontakte der Hochschule in die Wirtschaft und die Verbundenheit ehemaliger Studenten mit ihrer Ausbildungsstätte. Auch was die Jobaussichten der Studenten betrifft, ist sich der Professor sicher: "Für jeden, der hier einen Abschluss macht, steht schon ein Job parat."

Davon ist auch Kai Schewe überzeugt. Er studiert Fahrzeugbau mit der Spezialisierung Karosserieentwicklung im 8. Semester und hat gerade seine Bachelor-Arbeit bei VW geschrieben. Leichtbau ist das große Thema sowohl in der Industrie als auch im Eco-Marathon-Projekt. Er sagt: "Ich konnte hier schon viel Erfahrungen im Wechselspiel von Theorie und Praxis sammeln."

Ebenso nah an der Praxis ist Timo Corßen. Der angehende Spezialist für Fahrzeugbau hat sich seiner Studienrichtung entsprechend in den letzten zwei Jahren um alles gekümmert, was mit Antrieb und Fahrwerk am Prototypen zu tun hat. Nach seinem Abschluss zieht es ihn in die Getriebeentwicklung. Zu seinem Engagement im Projekt sagt er: "Ich habe mich dafür entschieden, weil wir hier deutlich näher an der Realität sind. Da wir uns in der Zukunft wahrscheinlich vom Verbrennungsmotor verabschieden können, brauchen wir Alternativen."

Die grüne Zukunft des Autos ist also die Idee, welche die jungen Leute motiviert. Ihre künftigen Arbeitgeber wird es freuen - steht doch das Thema ganz oben auf der Prioritätenliste der deutschen Automobilwirtschaft.