Zwei neue Lancia-Modelle stammen direkt von der US-Schwester Chrysler ab. Für die Marke wurde der Technik-Transfer zum überlebenswichtigen Schritt

In der deutschen Zulassungsstatistik rangieren sie hinter Lada und Lexus, und in ganz Europa sieht es für Lancia kaum besser aus. Außerhalb von Italien habe zwar jeder mit ein bisschen Benzin im Blut die noble Fiat-Tochter noch im Gedächtnis, doch auf dem Einkaufszettel stehe sie kaum noch, klagt Saad Chehab. Der in Detroit aufgewachsene Libanese ist als neuer Chef der Marke angetreten, um das zu ändern. "Die Welt braucht Lancia", ist er überzeugt und baut darauf, dass die Marke "einmal mehr unsere Herzen stehlen und unsere Blicke fangen kann".

Dabei beschwört er zwar den italienischen Charakter Lancias, doch ruht die Hoffnung vor allem auf zwei Autos, die alles andere als italienisch sind. Denn wenn der Neustart in Deutschland am 12. November mit der Limousine Thema und dem Nachfolger des Phedra beginnt, werden diese Modelle vielen verdächtig bekannt vorkommen. Denn beides sind Modelle aus der Chrysler-Palette, die auf dem Weg über den Atlantik vor allem ein neues Gesicht und ein aufgewertetes Interieur bekommen haben.

Der Thema sieht zwar aus wie ein besseres Facelift des bisherigen Chrysler 300C, der noch auf der Mercedes E-Klasse basiert. Doch Chehab schwört, dass es kaum eine Schraube mehr von früher gibt. Das stattliche Mobil ist 5,07 Meter lang und zitiert in Details durchaus alte Lancia-Modelle: Der Kühlergrill und die rechteckigen Scheinwerfer zum Beispiel erinnern Italiener an den originalen Thema aus den 80ern, und die aufrecht stehenden Rückleuchten sollen gar die Brücke zur Flaminia schlagen.

Innen bemüht sich der Thema um eine gewisse Eleganz und versucht sich in einer leidlich liebevollen Materialauswahl. Doch sind es vor allem die amerikanischen Tugenden, mit denen dieser Wagen überzeugen kann. Es gibt viel Platz und viele elektrische Helfer für jeden noch so kleinen Handgriff, dazu eine üppige Ausstattung, die jedem Audi-Käufer die Tränen in die Augen treibt. Und das alles zu einem Preis, der in dieser Klasse konkurrenzlos ist: 41 400 Euro rufen die Italiener auf und bieten damit nach Chehabs Worten "einen Wagen im Format des Audi A8 zu einem Preis unterhalb des A6".

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In Fahrt bringt das zwei Tonnen schwere Dickschiff ein 3,0-Liter-Diesel von VM-Motori. Der Sechszylinder hat je nach Software 190 oder 239 PS. Der neue V6-Benziner mit 3,6-Liter-Motor leistet 286 PS und ist mit einem Achtstufen-Getriebe bestückt.

Auch der zweite Hoffnungsträger kommt aus einer anderen Welt. Denn geplant und gebaut wurde der neue Voyager, der den Phedra ablöst, ebenfalls als Chrysler. Als Urvater der Großraumlimousine hat der Voyager bereits 13 Millionen Familien in Fahrt gebracht, sagt Baureihenleiter Fabio di Muro. "Da wissen wir, worauf es ankommt." Natürlich reklamiert di Muro auch für den Van "eine große Portion italienischer Werte", die sein Team dem Auto mit auf den Weg gegeben hat. Doch viel mehr als einige zusätzliche Chromrahmen, ein paar Vinyl-Paneele, der Lancia-Grill und der schwungvolle Schriftzug auf Fußmatten und Heckdeckel sind von der italienischen Grandezza nicht zu sehen.

Punkte macht der Voyager mit seinem Platzangebot, dem variablen Innenleben und einer großzügigen Ausstattung: Bei 5,18 Metern Länge kann man selbst auf den Sitzen sechs und sieben noch bequem reisen kann. Dank des cleveren Stow-'n'-Go-Systems kann man nicht nur die dritte, sondern auch die zweite Sitzreihe mit drei Handgriffen im Wagenboden versenken und den Kofferraum so von 934 auf 3912 Liter erweitern - elektrisch. Schiebetüren, Heckklappe, Vordersitze, selbst Lenkrad und Pedale surren auf Knopfdruck in Position. Außerdem gehören Ledersitze und eine Klimaanlage zum Standard, und auf Wunsch DVD-Monitore.

Die Preise für den Voyager beginnen bei 39 900 Euro - bei jedem Motor. Zur Wahl stehen ein Diesel mit 2,8 Liter Hubraum und 136 PS und ein V6-Benziner mit 3,6 Liter Hubraum und 287 PS. Beide Motoren kombiniert Lancia mit einer sechsstufigen Automatik. Der Diesel schafft 193 km/h und verbraucht 7,9 Liter; der Benziner steht mit 209 km/h und 10,8 Litern in der Liste.

Beide Autos haben ihre Berechtigung: So eine große, präsente und dominante Limousine wie den Thema findet man zu diesem Preis kaum, und der Voyager ist die ideale Familienkutsche. Nur zu Lancia wollen die beiden Wagen nicht passen, weil ihnen dafür die nötige Eleganz fehlt. Lancia klingt nach Samt und Seide, nicht nach künstlichem Chrom und hartem Plastik.

Markenchef Chehad weiß, dass er für die Zukunft Modelle mit einer stärkeren Differenzierung braucht. Doch jetzt gehe es erst einmal darum, die Marke zu sichern: "Ohne Thema und Voyager hätten wir gar keine Zukunft."