Ein Rundgang auf der Frankfurter IAA macht deutlich: Mit der fortschrittlichen Lichttechnik wandelt sich auch das Frontdesign der Autos.

Die Scheinwerfer links und rechts wirken wie schmale Augenschlitze, dazwischen das firmeneigene Markenemblem wie eine Nase, und der Kühler könnte der Mund sein. Man braucht gar nicht viel Fantasie, um in der Frontpartie von modernen Autos Gesichter zu sehen. Und die verfinstern sich zusehends. Wer in diesen Tagen den aktuellen Serienmodellen und insbesondere den automobilen Visionen auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt tief in die Leuchten schaut, stellt schnell fest: Der böse Blick wird schick.

In erster Linie sei das der vergleichsweise neuen technischen Möglichkeit geschuldet, komplette Scheinwerfer mit winzigen LED-Dioden zum Leuchten zu bringen, erklärt Steffen Pietzonka vom Autozulieferer und Lichtspezialisten Hella. BMW zeigt auf der weltgrößten Automesse erste Laser-Dioden, die sogar noch 100-mal kleiner als die nur einen Millimeter großen LEDs von heute sind. Wo einst Glasbirnen in großen Scheinwerfergehäusen glühten, bleiben immer häufiger nur noch grell leuchtende LED-Schlitze. Die erinnern an zusammengekniffene Augen, wodurch der Eindruck eines grimmigen Blicks entsteht.

LED ist derzeit das technisch Anspruchsvollste in Sachen automobiler Beleuchtung. Während die Leuchtdioden in Blinkern und bei den Heckleuchten mittlerweile schon weit verbreitet sind, gibt es Voll-LED-Scheinwerfer nur selten, wie zum Beispiel beim Audi R8 oder beim BMW 6er. Doch noch bevor die Technik flächendeckend Einzug in die Welt der Pkw gefunden hat, arbeiten die Ingenieure von BMW bereits an einer Alternative: Laserlicht.

Wegen seiner hohen Leuchtintensität kann Laserlicht allerdings nicht direkt ausgestrahlt werden, sondern muss zuvor umgewandelt werden. Das Ergebnis ist ein sehr helles, weißes Licht, das nach Aussage der BMW-Ingenieure für das menschliche Auge sehr angenehm ist und keine Risiken birgt. Außerdem sinkt der Energiebedarf beim Laserlicht im Vergleich zu den bereits sparsamen LEDs nochmals um die Hälfte.

Bei der Umwandlung wird direkt im Scheinwerfer der eher blaue Laserlichtstrahl mittels Phosphor-Leuchtstoff in weißes Licht umgewandelt. Damit lassen sich alle bekannten Lichtfunktionen wie adaptives Kurvenlicht oder auch ein blendfreier Fernlichtassistent darstellen. Premiere feiert die neue Technik im BMW-Elektrosportwagen i8 Concept. Bis zur endgültigen Serienreife des Laserlichts wird es allerdings noch einige Jahre dauern.

Paradebeispiele für finstere Autogesichter sind die in Frankfurt gezeigten Fahrzeugstudien Ford Evos, BMW i8 oder Mercedes Concept A. Beim Evos sind die Scheinwerfer besonders schmal, dazwischen prangt ein riesiger Kühlergrill wie ein aufgerissenes Fischmaul. Dass die Leuchtschlitze leicht schräg in die Karosserie integriert sind und nach innen spitz zulaufen, verstärkt beim Betrachter das Gefühl, dass der Evos eher ein angriffslustiger Blechkamerad ist. In Zukunft könnte dieser Blick bei Ford sogar Standard werden: Das Konzept legt "die Kernelemente der neuen Design-Sprache für die nächsten Modellgenerationen der Marke fest", erklärt Exterieur-Chefdesigner Stefan Lamm.

Die Designer von Renault und Citroën haben sogar jenen Studien finstere Minen aufgesetzt, die von der Idee her in Zukunft als Familienautos vorstellbar wären. Wobei der Kleinbus Citroën Tubik in der Frontansicht garstiger wirkt als der Hochdachkombi Renault Frendzy, weil er die schmaleren Scheinwerfer hat - und das größere (Kühler-)Maul.

Für Peter Naumann haben Autogesichter wie diese etwas beängstigend Raubtierhaftes. Naumann ist Professor an der Hochschule München, spezialisiert auf Industrie- und Fahrzeugdesign. Und Dickschiffe auf Rädern bereiten ihm Bauchschmerzen. Denn grimmige Blechminen transportierten Aggressionen in den Straßenverkehr, sagt Naumann.

Tauchen Autos mit bösem Blick im Rückspiegel auf, könnten sich Vorausfahrende bedrängt oder sogar zum Spurwechsel genötigt fühlen, meint der Professor. Diese Aggressionen könnten auf den Fahrer überspringen, wenn der sich auf das "hohe Überholprestige" seines Wagens mit wilder Frontoptik verlasse und gnadenlos Gas gebe, so Naumann. Aggressive Autogesichter seien deshalb nicht zeitgemäß. Vielmehr komme es bei der zunehmenden Verkehrsdichte hierzulande auf die Kooperationsbereitschaft von Autofahrern an, damit am Ende alle unfallfrei ans Ziel gelangen.

Aggressiv - dieses Wort hören die meisten Autohersteller gar nicht gern. Sie sprechen mit Blick aufs Fahrzeugdesign lieber von "sportlich" oder "markant", wie etwa Ford-Designer Lamm. Und wenn Nicolas Huet aus der Design-Abteilung von BMW erklärt, warum die eigentlich kreisrunden Xenon-Linsen in den Scheinwerfern der neuen 1er-Generation an Ober- und Unterseite abgeflacht wurden, dann klingt das so: "Das Auto kneift jetzt frech die Augen zusammen."

Ob Design-Kniffe wie dieser ein Autogesicht nun frech, sportlich oder aggressiv wirken lassen, und ob man Gefallen daran findet oder nicht, ist Ansichtssache - und eine Frage der Definition. Selbst Design-Professor Peter Naumann sieht längst nicht in jeder Autofront mit Schlitzleuchten und großen Lufteinlässen eine Furcht einflößende Autofratze, meint allerdings: "Es ist extrem schwierig, Fahrzeugen mit diesen Design-Elementen eine aggressionsfreie Ästhetik zu verleihen."

Die Frankfurter IAA ist vom Sonnabend, 17. September, bis zum Sonntag, 25. September, jeweils von 9 bis 19 Uhr geöffnet. An den Wochenenden kostet die Tageskarte 15 Euro, werktags 13 Euro. Ermäßigte Tickets für 7,50 Euro gibt es für Schüler, Studenten und Azubis. Für Kinder bis zum 6. Lebensjahr ist der Eintritt frei. In der Zeit vom 19. bis 23. September gibt es jeweils ab 15 Uhr auch ein Feierabendticket zum Preis von 8 Euro. Die Eintrittskarten können online und an der Tageskasse gekauft werden. Informationen unter www.iaa.de