Wenn beim neuen Opel Ampera die Akkus leer gefahren sind, versorgt ein kleiner Benzinmotor das Elektroauto mit dem notwendigen Strom.

Sie schaffen mal 60, mal 150 und bestenfalls sogar 300 Kilometer. Zwar sagt uns die Statistik, dass diese Strecke den allermeisten Autofahrern für den Alltag mehr als ausreicht und der Umstieg aufs Elektroauto deshalb eigentlich kein Problem wäre. Doch spielt bei vielen die Psyche einfach nicht mit: Weil die Reichweite beschränkt ist und man fürs Laden der Batterie eher fünf Stunden als fünf Minuten braucht, halten viele die Stromer nicht für alltagstauglich. Deshalb geht Opel bei der Elektrifizierung des Antriebs einen anderen Weg und baut den Kunden mit vertrauter Technik eine Brücke in die Zukunft.

Wenn Ende des Jahres zu Preisen ab 42 900 Euro der Ampera an den Start geht, fährt der zwar in den allermeisten Fällen mit Strom aus der Steckdose. Aber bevor die Akkus endgültig leer gesaugt sind, startet er seinen Range Extender (Reichweiten-Verlängerer). Der kleine Benzinmotor treibt einen Generator an, der die notwendige Energie für den Elektromotor erzeugt. So schafft die 4,50 Meter lange Stufenhecklimousine eine Strecke von bis zu 500 Kilometern und nimmt Umsteigern die Angst vor zu knapper Reichweite. Und auch sonst fährt sich der Ampera wie ein ganz normales Auto. Zwar sieht das Cockpit mit den großen Monitoren und dem vom Düsenjäger entlehnten Schaltknauf ein bisschen aus wie Raumschiff Enterprise, doch findet man sich am Steuer auf Anhieb zurecht.

Wie bei jedem Elektroauto ist der Start flott und flüsterleise. Zwar wiegt der vergleichsweise kurze Ampera mit seinem riesigen Lithium-Ionen-Akku im Mitteltunnel und unter der Rückbank mehr als eine Mercedes S-Klasse. Weil aber der 150 PS starke Stromer schon bei der ersten Umdrehung sein volles Drehmoment von 370 Nm auf die Straße bringt, geht es zügig voran.

Wer vorher noch in den Sportmodus wechselt, bekommt sogar einen Kavalierstart hin und schafft den Spurt auf Tempo 100 in neun Sekunden. Und dass die Elektronik bei etwa 160 km/h die Segel streicht, stört zumindest im dichten Verkehr der Ballungsräume keinen. Erst wenn die Autobahn leer und die linke Spur frei ist, würde man sich vielleicht mehr Tempo wünschen - aber dann braucht man auch kein Öko-Auto.

Mehr Sorge als der Blick auf den Tacho bereitet bei den Testfahrten die Anzeige für die elektrische Reichweite. Die liegt zwar mit vollen Akkus bei 40 bis 80 Kilometern und reicht den meisten für ihre tägliche Fahrstrecke. Aber weil jeder Ampelsprint ein paar Kilometer kostet und auch die Klimaanlage ihren Tribut fordert, schmilzt der grüne Balken im Display wie eine Kugel Eis in der Sommersonne. Schon sind nur noch zehn Kilometer im Tank, und jede Minute werden es weniger. Bei Ladezeiten von bis zu fünf Stunden sollte man sich deshalb jetzt schleunigst eine haushaltsübliche Steckdose suchen - oder auf den Range Extender und die zusätzliche Reichweite vertrauen. Erst dann muss der Wagen endgültig an die Ladebuchse oder zumindest an die Tankstelle. Weil man ihn dort in wenigen Minuten wieder für eine halbe Deutschlandreise flottmachen kann, spricht Opel voller Stolz vom einzigen Elektroauto mit Langstrecken-Qualitäten.

Das Zuschalten des Range-Extenders geschieht für den Fahrer höchst unspektakulär. Sobald die Batterie erschöpft ist und die Reichweitencomputer eine nüchterne Null anzeigt, surrt plötzlich flüsterleise und kaum spürbar irgendwo unter dem Blech der 86 PS starke 1,4-Liter-Benziner los, und im Cockpit flammt eine ausgesprochen beruhigende Anzeige auf: Mehr als 400 Kilometer sind noch drin, bevor der Ampera an die Zapfsäule muss.

Weil der Benziner je nach Bedarf auf vier unterschiedlichen Drehzahlniveaus läuft, bleibt er stets dezent im Hintergrund. Beim Ampelstopp wird er deshalb schon ohne Radio allein vom Rauschen der Klimaanlage übertönt, und auch im Stadtverkehr trübt nichts die faszinierende Stille im Stromer. Erst wenn man an einer Autobahnauffahrt ordentlich beschleunigt und viel Leistung abruft, muss auch das Notstromaggregat so kräftig arbeiten, dass man es tatsächlich hören kann. Aber schon nach dem Einfädeln, wenn man nur noch im Verkehr mitschwimmt, herrscht wieder Ruhe an Bord, und das einzig störende Geräusch ist das Quäken einer zweiten Hupe, mit der man unachtsame Fußgänger warnen kann.

Am Akkustand ändert sich bei der Fahrt mit dem Range Extender kaum etwas. Der Benziner produziert nur so viel Strom, wie zum Fahren und für einen kleinen Energiepuffer tatsächlich benötigt werden. Aufladen soll man die Batterie bitteschön zu Hause. Denn Strom ist nicht nur sauberer als Benzin, er ist vor allem billiger: Für 100 Kilometer kostet er etwa 3,20 Euro, wohingegen ein sparsamer Diesel auf dieser Strecke für etwa 7,25 Euro tankt.

Auch wenn Opel die Alltagstauglichkeit betont, müssen Käufer ein paar Abstriche machen: Die Fond-Passagiere haben wenig Knie- und noch weniger Kopffreiheit, der Kofferraum fasst nur 310 Liter und hat eine hohe Ladekante. Die Materialauswahl ist bei allen futuristischen Formen lange nicht so liebevoll wie im Opel-Spitzenmodell Insignia. Dennoch haben europaweit schon 5000 Kunden den Ampera vorbestellt. Produktdirektor Enno Fuchs: "Damit sind wir für dieses Jahr ausverkauft."