In der dritten Auflage wird der Schwabe zum König der Knauser. Mit bestenfalls 6,0 Litern liegt er auf dem Niveau eines gehobenen Kleinwagens

Mercedes ist es leid. Ganz offenbar können die Schwaben die Kritik an den angeblich so unvernünftigen Geländewagen nicht mehr hören und setzten deshalb jetzt mit der neuen M-Klasse zu einem Befreiungsschlag an: Wenn die dritte Generation des Geländewagens kurz nach der Publikumspremiere im September auf der IAA in Frankfurt in den Handel kommt, wird der Bestseller für die Buckelpiste nicht nur schöner und sicherer, sondern vor allem sehr viel sparsamer. Der Verbrauch des auch weiterhin serienmäßig mit Allradantrieb bestückten Luxusliners sinkt um bis zu 2,9 Liter und liegt mit bestenfalls 6,0 Litern auf dem Niveau eines gehobenen Kleinwagens. "Kein anderes Auto dieser Klasse ist so sparsam", tönen die Schwaben und stempeln den ML damit zum Dauerläufer: Immerhin kommt er mit dem optionalen 93-Liter-Tank rein rechnerisch bis zu 1500 Kilometer weit.

Möglich wird das mit dem ML 250 BlueTec. Der gerade einmal 2,2 Liter große Vierzylinder-Diesel, den Mercedes sogar in der S-Klasse einbaut, ersetzt einen drei Liter großen Sechszylinder. Obwohl die Leistungsdaten mit 204 PS und 500 Nm absolut identisch sind, geht der Verbrauch mit dem Verzicht auf zwei Zylinder und fast ein Drittel Hubraum um 2,4 Liter zurück. Der alte V6-Diesel fliegt allerdings nicht vollends aus dem Programm, sondern wird gründlich überarbeitet und kommt im ML 350 BlueTec zum Einsatz. Dort steigt die Leistung gegenüber dem Vorgänger um 27 auf 258 PS, und das Drehmoment klettert von 540 auf 620 Nm. Aber auch hier geht der Verbrauch zurück: Er sinkt um 2,1 auf 6,8 Liter. Dass beide Diesel den Beinamen BlueTec tragen, liegt übrigens nicht nur am sparsamen Umgang mit Kraftstoff. Sondern serienmäßig sind sie mit einem SCR-Katalysator und einer AdBlue-Einspritzung bestückt, so dass sie alle US-Grenzwerte und die strenge EU6-Norm erfüllen.

Vorerst einziger Benziner im Programm ist der ebenfalls komplett neue V6-Benziner im ML 350. Er nutzt den BlueDirect-Motor aus E- und S-Klasse, der mit Direkteinspritzung aus 3,5 Litern Hubraum nun 306 statt 272 PS schöpft. Das reicht für einen Sprintwert von 7,6 Sekunden und ein Spitzentempo von 240 km/h – aber auch für eine Verbrauchseinsparung von gut einem Viertel und einen Normwert von 8,5 Liter.

Den Löwenanteil am Sparprogramm leisten natürlich die neuen Motoren. Doch auch in der Peripherie hat Mercedes um jedes Gramm CO 2 -Einsparung gerungen. Das beginnt bei der optimierten Siebengang-Automatik mit serienmäßiger Start-Stopp-Funktion und den bedarfsgerecht geregelten Nebenaggregaten, führt über die Leichtlaufreifen und die verstellbaren Lüfterklappen im Kühlergrill und endet beim Leichtbau. Zwar nennt Mercedes noch keine Maße und Gewichte. Doch versprechen die Schwaben, dass sie – Alublechen für Motorhaube und Kotflügel oder einem Magnesium-Träger für die Instrumente sei Dank - trotz erweiterter Ausstattung das Gewicht zumindest gehalten haben. Und selbst die Designer tragen ihren Teil zum Sparkurs bei. Denn die M-Klasse hat zwar an Kanten und Charakter gewonnen, sieht bulliger aus und reckt eine aufrechtere Nase in den Wind, ist aber tatsächlich sehr viel strömungsgünstiger: "Mit einem cw-Wert von 0,32 ist sie das windschnittigste Modell im Segment", loben sich die Entwickler selbst.

Zwar hatte der Verbrauch oberste Priorität. Doch haben die Ingenieure natürlich auch in anderen Disziplinen nachgelegt. Das Fahrverhalten zum Beispiel gewinnt, weil es für Stahl- und Luftfederung nun einen neuen Wankausgleich gibt und der Wendekreis deutlich reduziert wurde. Beim Komfort legt die M-Klasse zu, weil sie innen etwas mehr Platz bietet, ein sichtlich nobleres Ambiente bekommt und es für alle erdenklichen Handgriffe einen elektrischen Helfer gibt. Und im Gelände macht der Wagen eine bessere Figur, weil man ihn genau wie die Konkurrenten von Land Rover nun mit einem Knopfdruck auf das jeweilige Terrain Programmieren kann. Außerdem gibt es auf Wunsch ein Untersetzungegetriebe und Differentialsperren. Der elektronisch gesteuerte Allradantrieb ist allerdings immer und überall an Bord.

Zu guter letzt hat Mercedes auch bei der Sicherheit noch einmal nachgelegt. So kann man die M-Klasse nicht nur mit bis zu neun Airbags aufrüsten. Sondern mit genügend Kreuzchen auf der Preisliste hat sie fast so viele Assistenzsysteme wie die S-Klasse: Von der Nachtsichthilfe über die Verkehrszeichenerkennung bis hin zum Müdigkeitswarner.

So wichtig den Schwaben die Diät für den Dauerläufer auch gewesen ist, so ganz können sie sich der Lust an der Leistung nicht versagen. Deshalb planen sie nicht nur eine Hybridversion der M-Klasse. Sondern ganz sicher wird es nicht zuletzt für die wichtige US-Kundschaft auch wieder einen Achtzylinder geben. Und in Affalterbach läuft sich natürlich längst der nächste ML63 AMG warm. Doch auch die schnelle Schwester hat längst den Reiz des Geizes entdeckt: Eine Start-Stopp-Automatik zum Beispiel gehört deshalb auch dort bald für jedes Modell zum Standard.