Mit dem F800 Style wollen die Schwaben den Beweis antreten, dass auch Luxuslimousinen sparsam sein können. Eine Probefahrt.

Jürgen Hirsch ist ein bisschen nervös. Mehr als zwei Jahre lang haben er und seine Mannschaft über den Plänen gebrütet und mindestens sechs Monate lang jeden Tag in der Werkstatt gestanden - dann war der F800 Style fertig. Und nach gründlicher Feinabstimmung steht für die futuristische Limousine nun die Jungfernfahrt auf dem Programm. Die Mercedes-Verantwortlichen wollen damit den Beweis antreten, dass auch die Luxuslimousine eine grüne Zukunft hat. Denn sparsame Kleinwagen gibt es mittlerweile genügend, und elektrische Stadtflitzer sind zumindest auf dem Weg. Aber ein Auto mit dem Format der E-Klasse und dem Luxus der S-Klasse, das gerade einmal 2,9 Liter verbraucht - das sucht man bislang noch vergebens. Im Vergleich dazu ist sogar der Zweisitzer Smart ein Schluckspecht.

Doch der F800 zeigt, wie diese Quadratur des Kreises gelingen könnte. Dafür setzen die Schwaben nicht nur auf eine Leichtbau-Karosserie mit hohem Karbonanteil. Sie montieren unter dem handgeschneiderten Kleid der Studie ganz real einen Hybrid-Antrieb, gegen den der Teilzeitstromer der aktuellen S-Klasse fast schon steinzeitlich wirkt: Mit 109 PS greift der E-Motor im F800 dem Benziner nicht nur zaghaft unter die Arme, sondern schiebt den Wagen auch ganz alleine gehörig an. Bis zu 120 km/h erreicht er im Elektromodus und kann so im Gegensatz zur Konkurrenz auch über Land stromern.

Außerdem geht dem Elektroantrieb viel später der Saft aus. Nicht nach wenigen 100 Metern, sondern erst nach 30 Kilometern ist Ebbe im Akku, der nicht umsonst eine Kapazität von mehr als zehn Kilowattstunden hat. Zum Aufladen muss man den F800 für gute vier Stunden an der Steckdose parken. Nur mit Strom allein kann man den F800 allerdings nicht fahren. Weil Mercedes mit einer Reichweite von fast 700 Kilometern kalkuliert und den Stammplatz auf der linken Spur verteidigen will, steckt vorn unter der Haube noch ein 3,5-Liter-V6 mit 300 PS, der ein Spitzentempo von 250 km/h und sportliche Sprintwerte garantiert. Denn im Team wuchten der Benzindirekteinspritzer und der E-Motor den F800 in 4,8 Sekunden auf Tempo 100.

Ebenfalls neu sind die Instrumente und das Bediensystem des F800. Das Lenkrad, das ein wenig an die Steuerknüppel von Raumschiff Enterprise erinnert, ist zwar nicht viel mehr als Show und Schein. Doch der blau leuchtende Monitor als Ersatz für Tacho & Co ist durchaus ernst gemeint. Er zeigt nur noch Tempo und Reichweite, bietet auf Knopfdruck einen Verbrauchstrainer und stellt auch eine Landkarte dar, die über den Aktionsradius im elektrischen Betrieb informiert. Dabei schaut das System nicht nur auf den Ladestand der Batterie, sondern behält für eine situationsgerechte Prognose auch Straßentyp und -topografie im Blick.

Zwischen den einzelnen Menüs im Kombiinstrument und auf dem großen Monitor wechselt man nicht mehr mit dem üblichen Drehrad des Command-Controllers. Stattdessen gleitet man mit den Fingern über ein Sensorfeld, das mit einer Videokamera überwacht wird. Deren Bild wird auch dem Monitor eingeblendet und simuliert so ein Touchscreen, ohne dass man sich dafür nach vorn beugen oder ständig Fingerabdrücke vom Glas wischen müsste.

Natürlich ist auch der F800 ein reines Forschungsfahrzeug, das man so nie als Serienmodell auf der Straße sehen wird. Doch anders als früher haben die Entwickler diesmal gar nicht so weit in die Zukunft geschaut. Den Plug-in-Hybridantrieb gibt es in der nächsten S-Klasse, die Schwenktüren könnten in der Neuauflage der R-Klasse in Serie gehen, und selbst für das Bediensystem mit der Videoüberwachung des Fingerspiels sieht Projektleiter Hirsch gute Chancen. Man dürfe sich vom Namen und der Form nicht in die Irre führen lassen: "Dieses Auto ist näher an der Realität, als viele meinen."