In diesem Jahr soll es laut Experten nicht wieder zu Engpässen bei den Winterpneus kommen

Hamburg. Dieses Jahr gehen Autofahrer und Reifenhändler auf Nummer sicher. Die Hersteller haben 30 Prozent mehr Winterreifen ausgeliefert, und "die Werkstätten sind schon jetzt gut ausgelastet", sagte Hans-Jürgen Drechsler vom Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk. Das Chaos nach dem überraschenden Wintereinbruch im Oktober 2009 werde sich deshalb kaum wiederholen. Auch die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer angekündigte Neufassung der Winterreifenpflicht sollte die Händler nicht in Bedrängnis bringen.

Die Warnung einer großen deutschen Werkstattkette vor neuen Engpässen und "Lieferschwierigkeiten der Industrie bei Winterreifen" findet kein großes Echo. "Diese Alarmmeldungen kommen jedes Jahr", sagt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer. Das könne auch ein Kunstgriff sein, um die Kunden früher in die Werkstatt zu locken und den eigenen Umsatz anzukurbeln. "Ich würde mir keine Sorgen machen als Autofahrer und denken, ich kriege keine Winterreifen."

Der Oktober sei aber ein guter Zeitpunkt, um Winterreifen aufzuziehen. Ihre Vorteile kämen zwar erst bei Frost, Eis und Schnee zum Tragen. Aber besser an einem warmen Herbsttag mit Winterreifen fahren, als am nächsten Morgen mit Sommerreifen im Schnee stehen, sagte Maurer. Und wer den ersten Schnee abwartet, muss sich meist auch noch auf längere Wartezeiten in der Werkstatt einstellen und hat weniger Auswahl. "Denn die Testsieger sind immer als Erste ausverkauft", sagt Drechsler. Und der Trend gehe klar zum Premiumreifen.

Drei Gründe hatten im vergangenen Winter dazu geführt, dass Autofahrer wochenlang keine passenden Winterreifen bekommen konnten. In der Wirtschaftskrise hatten Reifenwerke ihre Kapazitäten gedrosselt. Dann brachte die Abwrackprämie zwei Millionen neue Autos auf die Straße - die meisten ohne passende Winterreifen. Und wegen des ungewöhnlich strengen und langen Winters waren plötzlich auch im norddeutschen Flachland Winterreifen nötig. Was dazu führte, dass "die gesamte Branche logistisch überfordert war", wie Drechsler einräumt. Auf der anderen Seite verkaufte sie im vergangenen Jahr 24,3 Millionen Pkw-Winterreifen - fast ein Rekord. Nur einmal, vor der Einführung der gesetzlichen Winterreifenpflicht 2006, war die Nachfrage noch größer gewesen.

Hierzulande sind 87 Prozent aller Autos mit Winterreifen unterwegs. Dass das Oberlandesgericht Oldenburg die Winterreifenpflicht wegen einer unklaren Formulierung im Gesetz für verfassungswidrig hält, habe die Nachfrage der Verbraucher nicht geschmälert. Drechsler: "Nach den negativen Erfahrungen im vergangenen Jahr haben schon viele zeitig umgerüstet."

Winterreifen sollten nicht älter als sechs Jahre sein, über mindestens vier Millimeter Profiltiefe verfügen und das Schneeflockensymbol sowie die M+S-Kennzeichnung tragen. Wer neue Pneus kaufen will, kann sich in einschlägigen Tests von Fachzeitschriften, Stiftung Warentest und ADAC informieren. Die besten Leistungen bringen meist Markenprodukte namhafter Hersteller wie Continental, Goodyear, Dunlop oder Vredestein und Hankook. Billig-Importe schneiden in der Regel schlecht ab.