Der Luis 4U green ist eines der ersten Elektroautos auf dem deutschen Markt. Sein Preis: 49 900 Euro. Zwei Drittel davon machen die Akkus aus.

Hamburg. Mutig nennt Auto-Experte Christoph Stürmer vom Beratungsunternehmen IHS Automotive das, was Jan Luis aus Ammersbek vorhat. Der 37 Jahre alte Unternehmer, der seit mehr als zehn Jahren sein Geld mit Rückfahrkameras verdient und ursprünglich aus der Gartenbaubranche kommt, will ins boomende Geschäft der Elektromobilität einsteigen. Der erste Versuch vor einem Jahr scheiterte. Die Presse attestierte dem "Luis free" damals mangelnde Qualität. Nun versucht der Selfmademan es erneut. "Luis 4U green" heißt das Auto, es sieht aus wie ein SUV und soll 49.900 Euro kosten. Zwei Drittel davon machen die teuren Akkus aus.

Luis verspricht Großes: eine Reichweite von mehr als 200 Kilometern, eine Ladezeit von 20 Minuten bei Starkstrom (knapp ein halber Tag bei normalem Strom) und eine Garantie von 1500 Zyklen auf die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (32 kWh). Außerdem könne das Auto innerhalb von wenigen Wochen geliefert werden.

Das "Sondermodell 2010" mit Leder, Navi, Klima und Rückfahrkamera, das da auf dem Hof vom Backstein-Pavillon steht und von dem Luis dieses Jahr 100 Stück verkaufen will, erinnert stark an einen Daihatsu Terios. Doch der Offroad-Eindruck täuscht, denn nur die Vorderachse wird von dem 27-kW-Motor angetrieben. "Das ist kein SUV, sondern ein Kleinwagen mit viel Stauraum", erklärt Luis. Die Akkus liegen nicht wie bei der Konkurrenz im Kofferraum, sondern unter dem Auto. Fahrer-Airbag, ABS und EBD gibt es serienmäßig, ESP hingegen nur gegen einen Aufpreis von 800 Euro.

Zunächst sind Modellregionen und E-Flottenbetreiber die Zielgruppe: "Siemens hat bereits erste Fahrzeuge von uns erhalten. Außerdem fahren einige Fahrzeuge bei der Klimawoche in Hamburg - ebenfalls eine Kooperation mit Siemens", sagt Luis. Für die Zukunft hofft der Geschäftsmann auf Handwerker, Pflegedienste und Familien mit einem "grünen Denken" als Kunden.

Der "Luis 4U green" wird komplett in China gebaut. In Zusammenarbeit mit einer Firma namens Zotye Auto. Doch als würde Luis bereits die Alarmglocken in deutschen Köpfen hören, beeilt er sich zusagen: "Wir unterziehen jedes Auto im Werk in Shanghai einer ersten, internen Dekra-Prüfung. Jedes Fahrzeug wird in Deutschland nochmals von der Dekra geprüft und freigegeben. Die Dekra in Shanghai hat den Crashtest begleitet und als bestanden bewertet. Den Test kann sich jeder auf YouTube angucken. Wir legen Wert auf Transparenz." Der Film im Internet ist beeindruckend: "Bestandener Crashtest mit fünf Sternen vom Elektroauto LUIS 4U green bei 64 km/h" steht unter dem Video.

Wir fragen nach bei der Dekra in Deutschland und erfahren: Ja, der "Luis 4U green" wurde in Shanghai und auch in Deutschland abgenommen. Aber nicht in Serie, sondern einzeln. 15 Fahrzeuge eines Typs dürfen pro Jahr und EU-Land auf diese Art zugelassen werden. "Für diese Abnahme ist aber kein Crashtest erforderlich", erklärt Dekra-Sprecher Volker Dede. "Meines Wissens gab es im Rahmen der Produktion einen Entwicklungscrash, der aber nicht von uns durchgeführt wurde." Von dem müsste wohl auch das Video stammen.

Über den Kooperations-Partner Zotye Auto kann Dede nicht viel sagen. Aber Grissom Chou, Chefredakteur von "Auto Bild China", kann das. Die Firma sei ursprünglich ein Auto-Zulieferer gewesen und produziert erst seit 2006 Autos - auf der Basis von alten ausländischen Modellen. Hierfür kauft sie Fertigungsanlagen auf, wie die vom Toyota Terios. Im vergangenen Jahr verkauften sie 64 557 Pkw in China. "Die Benziner sind extrem günstig und kosten zwischen 4118 und 9708 US-Dollar. Für das Geld erwartet in China aber keiner einen qualitativ hochwertigen Wagen", erklärt die chinesische Analystin Jenny Gu vom Marktberatungsunternehmen J. D. Power. "Die neuen Benzinmodelle Zotye 2008 und 5008 wurden von einer chinesischen Prüfungsstelle, die vergleichbar mit dem ADAC ist, crashgetestet und bekamen nur drei Sterne." Grissom Chou ergänzt: "Im Frontalzusammenstoß fiel das Ergebnis besonders schlecht aus."

Das alles muss nichts über den "Luis 4U green" aussagen, obgleich das Auto optisch dem Zotye 5008 EV zum Verwechseln ähnelt. Doch auch die Testfahrt mit dem Asiaten aus Ammersbek kann nicht überzeugen. Die Armaturen sind aus billigem Plastik. Ein penetranter Chemie-Geruch hängt in der Luft. Und beim Gasgeben klingt der "Luis 4U green" wie eine Straßenbahn mit Tinnitus. Noch schlimmer sind das schwammige Fahrwerk und die unpräzise Lenkung. Selbst auf gerader Strecke bockt der Elektro-Chinese und bricht beim leichten Beschleunigen hinten weg.

Bei der nächsten Generation soll das alles besser sein, versichert Luis. Vier Jahre Garantie bietet er auf seinen 4U green. 1000 Stück sollen jährlich in Kleinserie über sieben Servicecenter verkauft werden. "Dieses Jahr sind wir sehr optimistisch, dass wir hundert schaffen", sagt Luis. Schließlich habe er allein in den ersten zwei Wochen 950 Anfragen erhalten. "Davon sind aber auch einige, die das Auto nur Probe fahren wollen."

Einer davon ist Experte Stürmer. Er bewundert das Engagement und den Mut des Pioniers. Schließlich wisse jeder, dass man in der Autobranche erst nach fünf bis sieben Jahren Geld verdient. Doch er warnt auch vor den Gefahren: "Solche 'early birds' können der ganzen Branche schaden. Darum ist es wichtig, dass die Markteinführung sauber und verantwortlich abläuft und nicht übers Knie gebrochen wird."