In Dresden entsteht mit dem Melkus RS 2000 einer der exklusivsten deutschen Sportwagen.

Die ruhmreichen Jahre sind allgegenwärtig: Hoch über den halb fertigen Autos, an den Seitenwänden der Halle, künden großformatige Schwarz-WeißFotos von der Zeit, als Heinz Melkus ein Superstar war. Zumindest bei denen, die sich in der DDR für Rennsport interessierten. Unten wird geschraubt, am Mythos und an seiner Fortsetzung. Melkus ist die wohl exklusivste Automarke, die man in Deutschland kaufen kann. Gemessen an den neu zugelassenen Exemplaren ist dagegen sogar Rolls-Royce geradezu ein Massenhersteller. "Wir haben bis jetzt sieben Autos ausgeliefert", berichtet Sepp Melkus, geschäftsführender Gesellschafter und Enkel des legendären Konstrukteurs und Rennfahrers, aus dessen aktiver Zeit die Schnappschüsse an den Wänden der Manufaktur stammen.

Heinz Melkus hat 1969 mit seinem RS 1000 den ersten und einzigen Sportwagen der DDR auf die Straße gebracht, Sepp lässt die Legende mit dem RS 2000 wieder aufleben. Drei der knackigen Zweisitzer sind zurzeit im Bau. Ziel ist es, zwei Exemplare pro Monat fertigzustellen. "Wir sind im Plan", sagt Sepp Melkus selbstbewusst. Voriges Jahr, auf der Frankfurter IAA, hat die Firma ihren Prototypen gezeigt. Von dort konnte sie schon die ersten Bestellungen mitnehmen. "Das waren Melkus-Fans von früher", berichtet stolz der Chef. Offenbar haben es diese Fans inzwischen zu solidem Wohlstand gebracht, denn der handgefertigte Wagen ist kein Schnäppchen. 115 000 Euro kostet der 1,15 Meter flache Renner, aber er ist damit immer noch der preisgünstigste Flügeltürer auf dem Markt.

Der Vierzylindermotor des RS 2000, der in ähnlicher Form bereits das Modell Celica von Toyota befeuerte, erzielt mithilfe eines mechanischen Strömungsladers 270 PS Leistung. Die Firma Yamaha, die schon in den Sechzigerjahren die für die Abstimmung von Renntriebwerken notwendige Musikalität unter Beweis stellte, hat sich auf dem Gehäuse verewigt. Noch ein weiterer wohlklingender Name aus dem Motorsport ist mit Melkus verbunden, doch da schweigt Enkel Sepp sich aus. Es braucht allerdings nicht viel Fantasie, um im RS 2000 das Grundgerüst eines Lotus Elise zu erkennen - klein, leicht, giftig. "90 Prozent sächsisch", nennt der Firmenchef den Ursprung seines Zweisitzers, denn schließlich sind Karosserie- und Sattlerarbeiten in großem Umfang zu erledigen, Lackierer und Mechatroniker zu beschäftigen, bis die Fuhre nach acht Wochen Bauzeit das erste Mal aus eigener Kraft losrollt. Zehn Mitarbeiter beschäftigt die Firma im Moment, Siegfried Anacker hat schon für den Großvater gearbeitet. "Im Mai 1966 hatte ich meinen ersten Arbeitstag", erinnert sich der 70-Jährige, der immer noch gern mit aushilft, manchmal viermal die Woche.

Die Fortbewegung im RS 2000 hat mehr vom Tieffliegen als vom Autofahren. Beim Lkw-Überholen blitzen im Augenwinkel des Fahrers die Radnaben der Laster. Drehzahlhungrig faucht der Vierzylinder im Rücken, eifriges Schalten im kurz gestuften Sechsganggetriebe ist Pflicht, Körperkontakt mit dem Beifahrer dabei unvermeidlich. Ab 5000 Umdrehungen macht der Verdichter so richtig Druck, jedes PS hat nur 3,5 Kilo zu bewegen. Akustisch ist auch das niedertourige Fahren ein Vergnügen, zittert die Nadel um die Marke 3000, grollt es mächtig hinter der kleinen Scheibe im Nacken. Von keinerlei Servounterstützung verweichlicht, reagiert die Lenkung auf Millimeterbewegungen.

Die nur 3,91 Meter kurze Karosse geht damit präzise und schneidig ums Eck. Und das kernig abgestimmte Sportfahrwerk kündet vom Reparaturstau auf deutschen Landstraßen. Wenn's drauf ankommt, vergehen keine fünf Sekunden bis auf Tempo 100, kleine Lämpchen im Kombi-Instrument helfen dabei, die Kurbelwellenrotation nicht allzu oft am Drehzahlbegrenzer anschlagen zu lassen. Für die Statistik: 265 km/h sind drin, bei 7800 Umdrehungen erreicht der Motor seine maximale Leistung.

Die technischen Daten sind nur die zahlenmäßige Hülle einer puristischen Fahrmaschine, gefüllt wird sie mit den Wünschen der Kunden. Bis zur Farbe der Nähte, die das geschmeidige Leder auf den Sitzschalen und den Verkleidungen halten, reichen die Individualisierungsmöglichkeiten. Auch die Abstimmung, lieber kommod statt bretthart, wird berücksichtigt. Im Angebot sind zudem ein Bilstein- oder ein einstellbares Sachs-Fahrwerk. Wer die Sorgfalt und den Eifer sieht, mit denen in der kleinen Halle im Dresdner Gewerbegebiet gearbeitet wird, kann sich kaum vorstellen, dass sich die Firma langfristig mit nur einem Modell begnügen wird. Ist der Roadster schon in Planung? "Wir haben noch jede Menge Ideen, das Modell weiterzuentwickeln", sagt Sepp Melkus vieldeutig.