Rund 100 000 Verkehrssünder müssen sich alljährlich der im Volksmund “Idiotentest“ genannten Untersuchung, der MPU, stellen.

Manfred K. ist Fernfahrer - und hat dennoch einen über den Durst getrunken. Als er seinen Sattelzug auf den Hof der Spedition fährt, wird er angehalten: Verkehrskontrolle. Als Blutalkoholwert ermittelt die Polizei 1,8 Promille. Der Fall ist erfunden, aber realistisch. Ein solches Fehlverhalten hat Konsequenzen: Ab 1,6 Promille werden Verkehrssünder nämlich zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) gebeten - zum "Idiotentest", wie der Volksmund gern formuliert.

"Bei dieser Prüfung geht es manchmal um nicht weniger als die berufliche Existenz", umreißt der Verkehrspsychologe Haiko Ackermann die Tragweite. Die MPU auf die leichte Schulter zu nehmen, wäre für den Fachmann nach dem Verkehrsdelikt der zweite Fehler: "Wenn man einfach hingeht und denkt ,Ich bestehe das schon', dann ist die Gefahr groß, dass man durchfällt." Mehr als 100 000 Verkehrsteilnehmer mussten im Jahr 2008 zur MPU. In 56 Prozent der Fälle war Trunkenheit am Steuer der Anlass, dahinter folgen mit 18 Prozent der Drogen- und Medikamentenmissbrauch. Zur Untersuchung muss auch, wer in der Flensburger Verkehrssünderdatei 18 Punkte und mehr angehäuft hat.

Anders als noch vor einigen Jahren, als mehr als die Hälfte der Prüflinge durchrasselten, liegt die Durchfallquote mittlerweile bei gut einem Drittel - laut Experten ein Verdienst guter Verkehrstherapien. Wer seine Fahrerlaubnis retten möchte, muss der Führerscheinstelle ein MPU-Gutachten vorlegen. Die Prüfung nehmen amtlich anerkannte Begutachtungsstellen ab - das können der TÜV, die Dekra oder die Gesellschaft für Arbeits-, Verkehrs- und Umweltsicherheit Avus sein. Prinzipiell kann sich der Verkehrssünder bundesweit an jede akkreditierte Stelle wenden. Für einen ersten Überblick rät der ADAC zu einem kostenlosen Informationsabend, den viele Stellen anbieten. Eine Liste von Begutachtungsstellen führt die Bundesanstalt für Straßenwesen auf ihrer Website ( www.bast.de ).

Eine individuelle Verkehrstherapie erhöht die Erfolgsaussicht bei der Prüfung auf 90 Prozent. Alternativ könnten sich Verkehrssünder auch schlicht beraten lassen, etwa in einem Gruppenkurs. Ob der zur Vorbereitung auf den Prüfungsstress ausreicht, muss im Einzelfall entschieden werden. Listen mit Beratern finden sich auf der Webseite des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen unter www.bdp-verkehr.de sowie der des Bundesverbandes niedergelassener Verkehrspsychologen ( www.bnv.de ).

Ob in Gruppen- oder Einzelgesprächen: Vorbereitung ist die halbe Prüfung. Wer sich für eine Verkehrstherapie entscheidet, muss laut Ackermann je nach Schwere des Falls acht bis 16 Stunden einplanen. Neben der psychologischen Aufbereitung des Delikts wird der Ablauf der MPU durchgespielt. Die dauert drei bis vier Stunden und besteht in der Regel aus drei Blöcken: einer medizinischen Untersuchung, einem Leistungstest und dem Gespräch mit einem Psychologen. Bestand eine Alkoholabhängigkeit, muss Abstinenz nachgewiesen werden. Dazu sind - wie auch beim Drogenmissbrauch - Haar- und Urinproben erforderlich. Auch Sinneswahrnehmung, Reaktionsschnelligkeit und Belastbarkeit werden getestet. Im psychologischen Gespräch muss es laut ADAC "zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Auffälligkeiten der Vergangenheit kommen".

Dass die Untersuchung beliebig oft wiederholt werden kann, ist angesichts der Kosten kein großer Trost: Diese sind in einer Gebührenordnung festgelegt und belaufen sich je nach Fall auf 340 bis 740 Euro. Hinzu kommen laut Psychologe Ackermann 200 bis 250 Euro für die Neubeantragung der Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle und 500 bis 1400 Euro für die etwaige Verkehrstherapie. Für eine Haar- und Urinanalyse können noch mehrere Hundert Euro hinzukommen. Die durchschnittlichen Gesamtkosten beziffert der ADAC auf 1000 bis 2500 Euro.

Der "Idiotentest" hat übrigens Geschichte: "Der Begriff stammt aus den Anfängen in den 50er-Jahren, als Leute zur Begutachtung mussten, die mehrfach durch die Führerscheinprüfung gefallen waren", erklärt Ackermann. Genauso realitätsfern wie den Begriff findet er Anekdoten, die sich um die MPU rankten. Eine geht so: Der Gutachter kommt herein und bittet den Prüfling: "Na, dann stapeln Sie bitte einmal drei Kugeln übereinander ..."