Der Tata Nano macht Indien mobil. In einigen Jahren kommt in Deutschland eine Exportversion auf den Markt.

Der legendäre Käfer machte die Deutschen mobil, die Ente die Franzosen und der Fiat 500 die Italiener. Die Autos waren klein, laut, langsam und unbequem - und trotzdem ein heiß begehrtes Stück Wohlstand. Der Tata Nano soll nun das gleiche für Indien tun, wobei er selbst mit seinem Basispreis von umgerechnet etwa 1800 Euro, und damit als billigstes Auto der Welt - für viele dort unerreichbar ist.

Wer dem 3,10 Meter kurzen Nano zur ersten Testfahrt begegnet, schmunzelt zunächst über die winzigen Räder und die knuddelige Form. Das ändert sich, sobald man einsteigt. Der Tata ist ein echter Viersitzer, er bietet sogar im Fond reichlich Kopf- und Kniefreiheit - viel mehr als ein Mini, ein Polo oder ein Audi A1. Einen Kofferraum hat der Wagen allerdings nicht, nur ein winziges Staufach hinter den Rücksitzen. Wegen des akuten Platzmangels war viel Erfindungsreichtum gefragt. Die Batterie zum Beispiel hat man einfach unter den Beifahrersitz geschraubt, die Anschlusskabel ragen in den Fußraum.

Immerhin: Lenkrad, Pedale und Schalthebel sind wie bei einem normalen Auto platziert, wenn auch auf der rechten Seite, denn in Indien herrscht Linksverkehr. Das Instrumentenbrett enthält das Wesentliche - Tachometer, Warnleuchten und eine digitale Tankuhr. Unter der winzigen Fronthaube verbergen sich unter anderem der Scheibenwischerantrieb und das Reserverad. Der 35 PS starke Zweizylinder sitzt im Heck des 630-Kilo-Autos. Nach dem Drehen des Zündschlüssels erwartet man das Knattern eines Mopeds oder Tuk-Tuks, doch das Motörchen läuft ziemlich dezent und vibrationsarm. Man legt den ersten Gang ein und wird angenehm überrascht: Der kleine Inder sprintet munter drauflos, die ersten beiden Gänge sind sehr kurz übersetzt. Bis 40 km/h - viel schneller fährt man in Indiens Megacitys ohnehin selten - zeigt sich der Nano sehr rege. Sobald man in den dritten Gang schaltet, wird es allerdings zäh. Im vierten und letzten Gang kommt nicht mehr viel, dafür kann man aber bei 80 bis 90 km/h mit dezenter Geräuschkulisse dahingleiten. Wirklich laut wird der Motor nur bei Vollgas, auch die Windgeräusche bleiben im Rahmen.

Das Fahrverhalten und das Lenkgefühl kann man ungefähr mit einem Fiat Panda der ersten Serie vergleichen: Weich und unpräzise, aber in gewissen Grenzen auch sehr gutmütig. Auf Lenkeinschläge reagiert der Nano manchmal mit leichter Verzögerung, dafür ist der Geradeauslauf bei höherem Tempo in Ordnung. Der Federungskomfort ist gut, wobei das Fahrwerk mangels Stabilisatoren in Kurven schnell an seine Grenzen gerät. Die Wankneigung des Wägelchens sorgt ebenfalls für Sorgenfalten auf der Stirn. Die Spanne zwischen dem Nano und einem Billigauto wie dem Dacia Logan ist eben nicht nur bei Preis und Abmessungen noch gewaltig. In Deutschland hat der kleine Inder keine Zulassung.

Auch wenn das Thema Billigautos spätestens seit dem Riesenerfolg von Dacia in Europa angekommen ist und einige Tata-Modelle bereits in Ländern wie Italien verkauft werden, kann man sich ein Fahrzeug wie den Nano auf dem deutschen Markt nur schwer vorstellen. Trotzdem kündigte Tata-Chef Carl-Peter Forster erst kürzlich an, den Nano in vier bis fünf Jahren auch in Europa anzubieten. Er soll bis dahin auf 3,25 Meter gestreckt und mit einem 57-PS-Turbomotor bestückt werden.

Um hierzulande auf die Straße zu kommen, müssen außerdem Sicherheitskomponenten wie ABS, ESP und Airbags an Bord sein. Auch deutsche Zulieferer wurden deshalb schon kontaktiert. Ein Niedrigpreis wie in Indien ist dann allerdings nicht realisieren: Experten rechnen mit einem Einstiegspreis von knapp 5000 Euro.