Hamburg. Glaubt man Adrian van Hooydonk, dem Chefdesigner von BMW, stehen wir mit dem Elektroauto vor einem neuen Zeitalter. Einer Veränderung, die größer ist als alles, was die Automobilwelt in den vergangenen 50 Jahren gesehen hat. Wir sitzen vor den Bildern des Künstlers Thomas Demand in der Berliner Nationalgalerie und "Denken in Modellen", so das Thema der Veranstaltungsreihe. Van Hooydonks Modell liegt in der Zukunft: Eine lärmfreie Stadt, in der leise Elektroautos herumsurren. Er fragt sich, wie er diese rollende Lautlosigkeit in eine ästhetische Form pressen kann. Ich frage mich: Wer will etwas fahren, das nach Märklineisenbahn und Golfkart klingt?

Damit das klar ist: Ich bin nicht gegen Elektroautos. Im Gegenteil. Auch die Bewohner der Kloppstockstraße sollen endlich ihre Fenster wieder öffnen können. Aber leises Cruisen? Das ist doch laute Langeweile. So aufregend, wie Achterbahnfahren mit Ohrstöpseln und Sichtschutz.

Ein Freund meint, das versteht nur, wer schon mal einen Stromer fahren durfte. Er habe, um die Stille besser hören zu können, das Radio extra ausgeschaltet.

Der Futurist Marinetti sah "die Herrlichkeit der Welt" in einem "aufheulenden Auto". In einem "Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die Schlangen mit explosivem Atem gleichen". Sicher, Freunde wissen, wie sehr ich zuletzt über das kaputte Schaltgetriebe meiner Amazone fluchte, weil es meine Ohren vergewaltigte. Doch einen gesunden Dialog missen? Niemals!

Das empörte Aufschreien beim Runterschalten und ekstatische Brüllen beim Beschleunigen - so klingt Leidenschaft. Das wissen auch die Hersteller und basteln fieberhaft am künstlichen Sound: Von Blade Runner (Nissan) bis hin zum blubbernden Benzinbelcanto eines V8-Motors (Tesla). Mich erinnert das an holländische Tomaten: sehen toll aus, riechen lecker, schmecken aber nach Wasser.

Und was passiert, wenn in feinster Klingelton-Kakofonie jeder seinen eigenen Sound aus dem Netz zieht? Lady Gaga mit 120 Dezibel durch Gassen kreischt? Nein, ich bleibe skeptisch und fühle mich ein wenig wie Kaiser Wilhelm, der einst sagte: "Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd."