Mitsubishi, Citroën und Peugeot bieten 2010 einen gemeinsam entwickelten Viersitzer mit bis zu 150 Kilometer Reichweite auch in Deutschland an.

Hamburg. Das metallicblaue Auto sieht wie ein ganz normaler Kleinwagen aus. Doch wenn der "E3" anfährt, ist der Unterschied deutlich zu hören - besser gesagt: Es ist fast nichts zu hören. Denn das Elektroauto bewegt sich nahezu geräuschlos. Geschwungene Lichtbänder an Front und Heck muten futuristisch an, die zum Teil durchsichtige Motorhaube ermöglicht einen Blick auf Batterie und Ladestand. Der Osnabrücker Autozulieferer Karmann hat sein jüngstes Projekt in dieser Woche erstmals vorgestellt. Und damit demonstriert, dass praxistaugliche Elektromobile nicht länger nur in den Entwicklungsabteilungen herumsurren.

Der gemeinsam von Karmann und dem Oldenburger Energiekonzern EWE entwickelt "E3" hat eine Reichweite von rund 170 Kilometern und ist bis zu 140 km/h schnell. 58 Kilowatt (79 PS) Leistung beschleunigen den Wagen in 15 Sekunden auf Tempo 100. Ungewöhnlich sei vor allem das Fahrverhalten, erläutert Karmann-Projektleiter Stefan Schirmbeck. "Ein Elektromotor beschleunigt anders als ein Verbrennungsmotor - viel gleichmäßiger." Der Energieversorger EWE will mit Hilfe des Prototypen auch erforschen, wie sich Elektroautos ins Stromnetz einbinden lassen. Denn es gibt Pläne, die Fahrzeugbatterie in Zukunft als flexible Stromspeicher zu verwenden. Elektroautos würden nachts aufgeladen, wenn es ein Überangebot an Strom gibt. Tagsüber könnten abgestellte E-Autos wiederum Strom ins Netz einspeisen.

Karmann wird zunächst acht bis zehn Elektroautos produzieren, die Mitarbeiter und Kunden testen sollen. EWE-Vorstandschef Werner Brinker überlegt, eine Flotte von 100 bis 200 Autos zu bestellen. Einige Firmen hätten bereits Interesse angemeldet - trotz eines angepeilten Preises von etwa 35 000 Euro. Dem Autozulieferer Karmann, derzeit im Insolvenzverfahren, könnte das eine neue Zukunftsperspektive eröffnen. Für das Projekt "E3" besteht keine Existenzgefahr, die neu gegründete Tochter Karmann E-Mobil GmbH ist unabhängig vom Mutterunternehmen. 2012 könnte, so die beteiligten Experte, die Serienproduktion beginnen.

Da sind einige Autohersteller schon einen Schritt weiter. 2010 werden Großserien-Stromer nämlich nicht länger nur als Projektstudie auf Automessen gezeigt, sondern sind tatsächlich zu kaufen. In diesen Tagen werben Mitsubishi, Citroën und Peugeot in Anzeigen für einen Viersitzer mit Elektroantrieb und kündigen den Verkaufsstart auch hierzulande für Ende 2010 an. Was unter den Modellbezeichnungen i-MiEV, C-Zero und iOn an den Start geht, ist weitgehend baugleich und wird in Japan in einem einzigen Werk montiert. Im Herkunftsland ist das Fahrzeug mit Mitsubishi-Signet auf der Haube bereits zu kaufen. Nun sollen auch europäische und amerikanische Märkte mit dem umweltverträglichen Mobil versorgt werden.

Bei ersten Testfahrten auf deutschen Straßen hinterließ der nur 3,40 Meter lange Hecktriebler einen guten Eindruck. Der 1100 Kilogramm schwere Wagen ist für den 64-PS-Elektromotor keine spürbare Last. Fahrgefühl und Beschleunigung ähneln, so ein Tester, eher einem Autoskooter. Im Gegensatz zum Verbrennungsmotor muss der E-Antrieb nicht erst auf Touren kommen, gibt sich stattdessen kraftvoll vom ersten Meter Fahrtstrecke an. Als etwas zu optimistisch erwies sich der versprochene Aktionsradius von 150 Kilometern. In der Praxis ging der Lithium-Ionen-Batterie nach rund 100 Kilometer Fahrstrecke langsam die Energie aus. Um wieder Kraft zu tanken, muss der i-MiEV für sechs Stunden an eine normale Haushaltssteckdose. Mit Nissan versucht sich ein weiterer Hersteller im kommenden Jahr auf dem Markt der Elektromobile. Konzernchef Carlos Ghosn präsentierte jüngst das Schrägheckauto Leaf mit einem 80 kW (109 PS) starken Antrieb und einer Tempospitze von 150 km/h. In einer halben Stunde ist der Akku mit Drehstrom bis zu 80 Prozent seiner Kapazität wieder aufgeladen. Beim Leaf wird über einen Preis von etwa 20 000 Euro spekuliert - plus einer Leasingrate für die Batterien.

Die noch enormen Kosten für den Stromspeicher sind eines der Haupthindernisse für einen Elektroauto-Boom. Auch überzeugte Umweltschützer scheuen Kaufpreise jenseits von 35 000 Euro für einen Kompaktwagen mit begrenztem Radius. Die Hersteller ziehen deshalb - siehe Nissan - Akku-Mietmodelle ins Kalkül und hoffen außerdem auf staatliche Förderung (wie sie beispielsweise der Mitsubishi i-MiEV auf dem Heimatmarkt genießt). Citroën-Pressesprecher Thomas Albrecht sieht auf dem deutschen Markt denn auch insbesondere Flottenbetreiber, aber auch Carsharing-Firmen als potenzielle Kunden für den C-Zero.

Bis 2020 sollen nach Plänen der Bundesregierung eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Aus dem Konjunkturpaket II stellt sie deshalb für die Erforschung der Technologie 500 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem denkt das Bundesumweltministerium über finanzielle Anreize für Käufer von E-Fahrzeugen nach. Doch der Weg zur breiten Elektromobilität ist weit. Nach einer VW-Prognose erreichen reine Elektroautos im Jahr 2020 nur einen Marktanteil von 1,5 Prozent. Als großes Hindernis sehen Kenner die hohen Kosten für die Batterie und die vergleichsweise geringe Reichweite der Wagen. Das bestätigt auch eine Umfrage des ADAC: Fast 40 Prozent der Befragten würden für ein Elektroauto nicht mehr Geld ausgeben wollen, als für ein Fahrzeug mit herkömmlichen Antrieb. Und fast jeder Dritte erwartet einen Aktionsradius von 500 Kilometern, ohne zwischendurch Strom tanken zu müssen.