Das auch technisch aufgerüstete Luxus-Modell kommt zum Jahreswechsel in den Handel. Motoren mit bis zu 510 PS Leistung.

London. Gegen Mercedes S-Klasse, BMW Siebener und Audi A8 hat Jaguar ohnehin nur Außenseiterchancen. Deshalb nehmen die Briten beim Modellwechsel für den XJ nun Abschied von der traditionellen Luxuslimousine und machen einen mutigen Sprung nach vorn. Ihr neues Flaggschiff, das seine Publikumspremiere im September auf der Frankfurter IAA feiert und zum Jahreswechsel in den Handel kommt, wird vom klassischen Stufenheck zu einem coupéhaften Gleiter, der künftig eher im Wettbewerb mit Autos wie dem Maserati Quattroporte, dem Mercedes CLS oder dem kommenden Audi A7 steht.

Dass sich ein Stilbruch abzeichnet, daran hatten die Briten spätestens mit dem Abschied vom S-Type keinen Zweifel mehr gelassen. Doch gehen sie jetzt noch einen Schritt weiter: Statt einfach ihren erfolgreichen Neueinsteiger XF aufzublasen, haben sie den nächsten XJ komplett neu gezeichnet und bis auf den tief eingerückten Kühlergrill und das Markenlogo kaum mehr Gemeinsamkeiten behalten. Die Scheinwerfer sind scharf angeschnitten, die hohe Gürtellinie zeugt von Stärke und Solidität und der chromglänzende Rahmen um die langen, schmalen Fenster streckt die Silhouette. Bis dahin ist der im Format nur wenige Millimeter gewachsene Jaguar ein großer Wurf. Aber das Heck wird die Meinungen spalten: Denn dort setzen die Briten nicht nur auf den fließenden Abschluss eines Coupés, sondern montieren zudem sichelförmige Rückleuchten wie beim Lancia Thesis.

Auch innen beginnt beim XJ eine völlig neue Zeit, die allerdings viel kompromissfreudiger ist. Schließlich taucht man nach wie vor ein in eine vornehme Welt aus Lack und Leder, die allerdings deutlich moderner und obendrein stilvoller wirkt. Das liegt nicht nur an den wunderschönen Ausströmern der Klimaanlage, die wie Flugzeugtriebwerke aussehen, sowie einem versenkbaren Drehknopf, mit dem man die sechs Gänge der Automatik vorwählt. Sondern vor allem am neuen Cockpit, aus dem alle klassischen Instrumente verschwunden sind. Stattdessen gibt es zum ersten Mal in der Luxusklasse einen formatfüllenden Monitor, auf dem Tacho & Co in schmucken Animationen dargestellt sind. So wird die konventionelle Uhr in der Mittelkonsole zum einzigen mechanischen Messinstrument im Luxusliner.

Bei der ersten Sitzprobe passt der neue XJ wie angegossen. Der Fahrer sitzt im und nicht auf dem Sessel, und die Passagiere genießen spürbar mehr Platz als früher, obwohl das Auto nur wenige Millimeter gewachsen ist. Diese Wahrnehmung wird mit zwei optischen Tricks noch einmal gesteigert: das serienmäßige Panoramadach simuliert unbegrenzte Kopffreiheit und die von den Türen über das Cockpit geschwungene Holzleiste weckt den Eindruck von endloser Weite. Dabei ist der XJ so üppig ausgestattet, wie es sich für eine Limousine der oberen Zehntausend gehört: Mindestens sechs Airbags sind ebenso Standard wie die Klimaautomatik und der berührungsempfindliche Monitor, der auf Wunsch ein unterschiedliches Bild für Fahrer und Beifahrer zeigt. Außerdem gibt es einen Tempomat mit Abstandsregelung und den elektronischen Blick in den Toten Winkel. Fortschrittliche Assistenzsysteme wie eine Verkehrszeichenerkennung oder die automatische Notbremse allerdings haben die Briten nicht zu bieten.

Während Karosserie und Interieur komplett neu sind, setzt Jaguar beim Antrieb auf bewährte Technik. Im Einstiegsmodell arbeitet der 3,0 Liter große V6-Diesel mit 275 PS. Darüber rangieren zunächst ausschließlich V8-Benziner mit fünf Litern Hubraum, die es als Sauger auf 385 und mit Kompressor wahlweise auf 470 oder 510 PS bringen. Dem Gebot der Sparsamkeit leisten die Briten damit nur bedingt folge. Zwar zählen die Direkteinspritzer allesamt zu den effizientesten Triebwerken ihrer Leistungsklasse, so dass zum Beispiel der Diesel mit 7,0 Litern/100 km zufrieden ist. Und mit der Aluminiumkarosserie drückt Jaguar das Gewicht auf 1850 Kilogramm und damit zumindest ein wenig unter das der Konkurrenten. Doch eine Start-Stopp-Automatik wie im Panamera, eine regenerative Bremse wie im BMW Siebener oder einen Hybridbaustein wie in der S-Klasse sucht man im neuen Flaggschiff vergebens.

Auffällig gezeichnet, edel ausgestattet, stark motorisiert und sportlich abgestimmt wird Jaguar mit dem XJ in den Vorstandsetagen dennoch für reichlich Gesprächsstoff und manch eine Überraschung sorgen. Die erleben Interessenten allerdings auch beim Blick auf den Preis, der künftig bei 76 900 Euro beginnen wird: Zwar ist das Auto deutlich stärker geworden und besser ausgestattet als früher, doch schlagen die Briten auch runde zehn Prozent auf.