Bahnübergänge fordern immer noch viele Opfer - häufig ist Unkenntnis die Ursache

Hamburg. Die Szene wiederholt sich diverse Male im Jahr: Genau in der Sekunde, in der ein Autofahrer einen Bahnübergang überquert, kreuzt eine Eisenbahn in voller Fahrt. So wie Anfang September bei Eutin. Eine 36-jährige Frau übersieht offenbar das Rotlicht am Andreaskreuz eines unbeschrankten Bahnübergangs, den sie schon häufig passiert hatte. Ihr Ford Ka wird von einem Regionalexpress mit Tempo 120 erfasst - die Fahrerin und drei Kinder im Alter von sieben und acht Jahren sind sofort tot.

Zwar sank die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen der Deutschen Bahn AG seit 1994 von 628 auf 246 jährlich, und auch die Zahl der dabei Getöteten ging zurück. Mit 63 Todesopfern im Jahr 2002 wurde dennoch eine erschreckende Bilanz geschrieben. 97 Prozent der Unglücke beruhen laut Unfallstatistik auf der Unachtsamkeit von Autofahrern, die restlichen drei Prozent auf technischen Defekten des Fahrzeugs, der Sicherungsanlage der Bahn, oder sie bleiben ungeklärt.

Auf den ersten Blick überraschend: Viele der Opfer wohnten im Umkreis von bis zu 30 Kilometern vom Bahnübergang, auf dem sie zu Tode kamen. Die vermeintliche Kenntnis darüber, wann an diesem Übergang Züge auftauchen, wird so zur tödlichen Falle. Generelle Unwissenheit der Autofahrer kommt hinzu. So meinte bei einer Umfrage jeder Fünfte, dass er bei blinkendem Rotlicht am Andreaskreuz noch fahren könne - und erst bei rotem Dauerlicht stoppen müsse.

Völlig falsch und unter Umständen tödlich. Denn sowohl rotes Blinklicht wie Dauer-Rotlicht mit vorgeschalteter Gelbphase bedeuten "Stopp! - und zwar ohne Wenn und Aber. Das Gleiche gilt, sobald sich Schranken in Bewegung setzen. Ist ein Bahnübergang nur durch ein Andreaskreuz markiert, wie rund die Hälfte der 24 000 Übergänge (davon 32 in Hamburg, 1143 in Schleswig-Holstein und 2974 in Niedersachsen), kommt es für sichere Fahrt allein auf die Aufmerksamkeit des Autofahrers an.

Dabei bedeutet das Andreaskreuz das Gleiche wie das Zeichen "Vorfahrt gewähren!" an Straßenkreuzungen. Die Konsequenz: "Der Straßenverkehr darf sich Bahnübergängen nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern" (StVO). Und dabei muss sich der Fahrer vergewissern, dass freie Fahrt sicher ist. Außerdem gilt: Hat sich auf der anderen Seite bis zurück zum Übergang ein Stau gebildet, muss vor dem Andreaskreuz gewartet werden.