Kompakter Italiener steht zum Preis von 19 900 Euro ab Mai bei den Händlern. Motoren von 105 bis 235 PS zur Auswahl.

Mailand. Da nimmt Projektleiter Matteo Benedetto kein Blatt vor den Mund: "In den vergangenen Jahren lief bei Alfa Romeo nicht immer alles so, wie es sollte", räumt der Ingenieur ein. Die Modelle 159, Brera und Spider waren zwar ordentliche Autos, aber meilenweit entfernt von der knackigen Leichtfüßigkeit, die einen Alfa ausmacht. "Damit ist jetzt Schluss", sagt Benedetto und verspricht, dass "die Kunden wieder genau das bekommen, was sie von einem Alfa Romeo erwarten". Einlösen wollen die Italiener dieses Versprechen mit der neuen Giulietta, die Mitte Mai zu Preisen ab 19 900 Euro in den Handel kommt.

Mit dem Original aus den Fünfzigern, das für Alfa Romeo den Schritt in die Großserienproduktion markiert und von den Fans diesseits der Alpen liebevoll "Julchen" genannt wurde, hat der Schönling aus Italien allerdings nicht viel mehr als den Namen gemein, muss der Projektleiter zugeben. "Außer dem Scudetto, unserem traditionellen Kühlergrill, gibt es keine direkten Zitate aus der Vergangenheit", räumt der Ingenieur ein. Dafür allerdings teilen die alte und die neue Giulietta die gleichen Ideale: "Damals wie heute wollten wir ein Auto bauen, das einerseits sehr sportlich, aber andererseits sehr alltagstauglich und komfortabel ist", fasst Benedetto die Entwicklungsvorgabe zusammen. Nicht allein die Agilität eines BMW 1er war für sie der Maßstab, sondern auch der Komfort und die Gelassenheit des VW Golf.

Dieser Kompromiss ist den Italienern gut gelungen: Auf der ersten Testfahrt schneidet der Golf-Gegner aus Turin nach einem beherzten Tritt aufs Gaspedal durch die Kurven, überzeugt mit einem direkten Lenkgefühl, macht die Landstraße zur Lustmeile - jede Serpentine zeichnet einem ein Lächeln aufs Gesicht, und jede Kurve lässt den Pulsschlag steigen. Doch bei aller Sportlichkeit ist die Giulietta kein Plombenzieher, sondern bügelt schlechte Straßen überraschend glatt und lässt sich etwa auf der tempolimitierten Autobahn mit großer Gelassenheit bewegen.

Bei diesem Spagat hilft der Giulietta eine fein abgestimmte, elektrische Servolenkung, das elektronische Sperrdifferential an der Vorderachse und der so genannte DNA-Schalter auf der Mittelkonsole. Mit ihm kann man auf Knopfdruck den Charakter ändern und Julchen buchstäblich flottmachen: Denn im Dynamik-Modus laufen nicht nur Grafiken wie in der Formel 1 über das Display des Navigationsmonitors, sondern die Lenkung ist etwas direkter, der Motor dreht höher, der Turbolader mobilisiert ein wenig mehr Drehmoment und die Stabilitätskontrolle zeigt sich toleranter.

"Die Basis für das ausgewogene Fahrverhalten ist die neue Plattform", sagt Ingegnere Benedetto und zeigt auf die Bodengruppe des Hoffnungsträgers, mit der auch ein neues Fahrwerk samt Multilink-Hinterachse bei Alfa Einzug hält. Angenehmer Nebeneffekt der neuen Architektur: Gegenüber dem 147 wächst der Radstand um gute zehn und die Länge um etwa 20 Zentimeter. Bei jetzt 2,63 und 4,35 Metern bietet der Wagen deshalb spürbar mehr Raum auf allen Plätzen und ist auch für Hinterbänkler keine Zumutung mehr. Und weil die Federbeine nicht mehr so weit nach innen ragen, gibt es jetzt mit 350 Litern endlich auch einen ordentlichen Kofferraum.

Zwar ist das Fahrverhalten unbestritten ein wichtiges Kriterium. Doch was wäre ein Alfa ohne sein Design: Wie sein kleiner Bruder MiTo ist der 147-Nachfolger deshalb die Blech gewordene Leidenschaft, der man beiderseits der Alpen lauthals "bella macchina" hinterherrufen wird. Auch innen beweisen die Italiener viel Liebe zum Detail und erstmals seit Langem wieder eine halbwegs ordentliche Materialauswahl.

In Fahrt bringen die Giulietta zunächst zwei Benzin- und zwei Dieselmotoren, bei denen der Fahrspaß natürlich mit der Leistung steigt. Doch geht es den Italienern nicht nur um Emotionen, sondern auch um Emissionen, weshalb sie neben einer Schaltempfehlung durch die Bank weg auch eine Start-Stopp-Automatik einbauen. Im Basismodell arbeitet ein 1,4-Liter-Turbobenziner mit 120 PS, der in 9,4 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt, 195 km/h erreicht und im Mittel 6,6 Liter verbraucht. Für 1500 Euro mehr verkaufen die Italiener die Giulietta mit einem 105-PS-Diesel (Spitze: 185 km/h, 4,4 Liter/100 km). Wer noch einmal 3900 Euro dazuzahlt, bekommt den stärkeren TDI mit 170 PS (Spitze 218 km/h, 4,9 Liter/100 km).

Die zum Verkaufsstart beste Kombination ist allerdings die stärkere 170-PS-Variante des 1,4-Liter-Benziners, für die Alfa mindestens 22 400 Euro verlangt. Der Multiair-Motor ist drehfreudig, spricht schnell an und bringt den kleinen Italiener flott in Fahrt: Ohne spürbares Turboloch treibt er die Giulietta in 7,8 Sekunden auf Tempo 100, macht kurze Spurts beim Überholen zum Vergnügen und erlaubt immerhin 218 km/h. Nur der Sound ist ein bisschen dürftig, und auch mit schwarzem Interieur, roten Ziernähten und Alcantara-Elementen am Lenkrad wirkt der Sportler relativ zahm. Macht nichts: Für Heißsporne kommt kurz nach der Premiere für 28 300 Euro der Quadrifoglio Verde, der mit 235 PS gegen GTI & Co antritt.